Tebentafusp|Kimmtrak®|86|2022 |
Immunocore
100 µg/0,5 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Kimmtrak ist zugelassen als Monotherapie zur Behandlung erwachsener Patienten mit HLA (humanes Leukozyten-Antigen)-A*02:01-positivem inoperablem oder metastasiertem uvealem Melanom.
Tebentafusp ist ein bispezifisches Fusionsprotein. Es besteht aus einem T-Zell-Rezeptor (TCR), der mit einem Antikörperfragment, das an den CD3-Rezeptor von T-Zellen binden kann, verbunden ist. Das TCR-Ende bindet mit hoher Affinität an ein gp100-Peptid, das auf der Zelloberfläche von Krebszellen des uvealen HLA-A*02:01-positiven Melanoms präsentiert wird.
Bei Bindung der TCR-Steuerdomäne von Tebentafusp an Uveamelanomzellen und der CD3- Effektordomäne an polyklonale T-Zellen wird eine immunologische Synapse gebildet. Diese führt zur Umleitung und Aktivierung polyklonaler T-Zellen, und zwar unabhängig von deren ursprünglichen TCR-Spezifität. Tebentafusp-aktivierte polyklonale T-Zellen setzen inflammatorische Zytokine und zytolytische Proteine frei, was zur direkten Lyse von Tumorzellen führt.
Kimmtrak ist zur intravenösen Anwendung vorgesehen. Die empfohlene Dosis beträgt 20 µg an Tag 1, 30 µg an Tag 8, 68 µg an Tag 15 und danach 68 µg einmal wöchentlich. Die empfohlene Infusionsdauer beträgt 15 bis 20 Minuten.
Bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen können aufgrund ungenügender pharmakokinetischer Daten keine Dosisempfehlungen gemacht werden. Bei ihnen ist die Dosierung daher mit Vorsicht und unter sorgfältiger Überwachung vorzunehmen. Ebenso sind Patienten mit Herzerkrankungen, QT-Zeit-Verlängerung und Risikofaktoren für Herzinsuffizienz sorgfältig zu überwachen, da Tebentafusp nicht bei Patienten mit signifikanten Herzerkrankungen in der Anamnese untersucht wurde.
Die ersten drei Dosen sind in einem stationären Umfeld zu verabreichen, mit Überwachung auf Anzeichen und Symptome eines Zytokin-Freisetzungssyndroms (CRS). In der Fachinformation ist ein Verhalten bei Auftreten eines CRS genau beschrieben. Ebenso finden sich darin Behandlungsempfehlungen beim Auftreten akuter Hautreaktionen. Um das Risiko einer Hypotonie im Zusammenhang mit CRS zu verringern, kann dem Patienten vor Gabe von Kimmtrak Flüssigkeit intravenös verabreicht werden.
Die Einleitung einer Behandlung mit Tebentafusp führt zur vorübergehenden Freigabe von Zytokinen. Dies kann zu einer Unterdrückung von CYP450-Enzymen führen. Dabei ist das Risiko für Wechselwirkungen während der ersten 24 Stunden nach den ersten drei Dosen Tebentafusp am höchsten. Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitigen Gabe von CYP450-Substraten mit einer geringen therapeutischen Breite, zum Beispiel Warfarin oder Ciclosporin. Bei Bedarf ist die Dosis dieser Arzneimittel anzupassen.
Nebenwirkungen sind beim Einsatz von Tebentafusp sehr häufig. Dazu zählen CRS (88 Prozent), Ausschlag (85 Prozent), Fieber (79 Prozent), Pruritus (72 Prozent), Ermüdung (66 Prozent), Übelkeit (56 Prozent), Schüttelfrost (55 Prozent), Abdominalschmerz (49 Prozent), Ödem (49 Prozent), Hypo-/Hyperpigmentierung (48 Prozent), Hypotonie (43 Prozent), trockene Haut (35 Prozent), Kopfschmerzen (32 Prozent) und Erbrechen (34 Prozent).
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Basis der Zulassung von Kimmtrak sind die Ergebnisse einer randomisierten Studie mit 378 Patienten, die zuvor keine systemische Therapie erhalten hatten. Die Patienten erhielten entweder Tebentafusp wöchentlich als intravenöse Infusion oder eine durch den Prüfarzt ausgewählte Behandlung (in 82 Prozent aller Fälle Pembrolizumab, 12 Prozent erhielten Ipilimumab und 6 Prozent Dacarbazin) in den zugelassenen Dosen des jeweiligen Arzneimittels. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war das Gesamtüberleben. Unter Tebentafusp überlebten die Patienten im Durchschnitt 21,7 Monate, im Vergleichsarm betrug die durchschnittliche Überlebensdauer 16,0 Monate. Ein weiterer Wirksamkeitsendpunkt war das durch den Prüfarzt beurteilte progressionsfreie Überleben. Der Unterschied in den beiden Gruppen war in diesem Punkt nicht sehr groß (3,3 versus 2,9 Monate).
Das Aderhautmelanom (uveales Melanom) ist eine seltene und aggressive Form des Melanoms, die das Auge befällt. Es entwickelt sich in der Aderhaut des Auges aus entarteten Melanozyten und ist der häufigste maligne primäre Tumor des Auges. Oftmals wird bestrahlt und gegebenenfalls noch operiert. Erfolgt die Diagnose erst, nachdem sich Metastasen gebildet haben, ist die Prognose schlecht.
Kimmtrak ist die erste in der EU zugelassene Therapieoption beim inoperablen oder metastasierten Aderhautmelanom.
Kimmtrak ist bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) sowie vor Licht geschützt (Umkarton) zu lagern. Es muss außerdem bei 2–8 °C transportiert werden (Kühlkette).
Kimmtrak ist verschreibungspflichtig.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung mit Kimmtrak und mindestens eine Woche nach der letzten Dosis eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Die Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Das Stillen soll während der Behandlung unterbrochen werden.
Sprunginnovation
Letzte Aktualisierung: 03.08.2022