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ARZNEISTOFFE

Mosunetuzumab|Lunsumio®|86|2022

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Mosunetuzumab
FERTIGARZNEIMITTEL
Lunsumio®
HERSTELLER

Roche

MARKTEINFÜHRUNG (D)
07/2022
DARREICHUNGSFORM

1 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

30 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
L01FX24
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Lunsumio als Monotherapie ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem follikulärem Lymphom (FL), die bereits mindestens zwei vorherige systemische Therapien erhalten haben.

Wirkmechanismus

Mosunetuzumab ist ein vollständiger bispezifischer T-Zellen-rekrutierender Anti-CD20/CD3-Antikörper. Er wirkt als eine Art Brücke zwischen körpereigenen Abwehrzellen und bösartig veränderten B-Zellen: Einer der beiden Antikörper-Arme bindet spezifisch an das B-Lymphozyten-Antigen CD20 auf der Oberfläche maligner B-Zellen. Der andere Arm bindet das CD3-Antigen auf zytotoxischen T-Zellen. Die dadurch erwirkte räumliche Nähe begünstigt die effektive Abtötung der Krebszellen.

Anwendungsweise und -hinweise

Mosunetuzumab wird intravenös appliziert. Der Antikörper soll über acht Zyklen verabreicht werden, es sei denn, es kommt es zu inakzeptabler Toxizität oder Krankheitsprogression. Bei Patienten, die danach ein vollständiges Ansprechen erreichen, ist darüber hinaus keine weitere Behandlung erforderlich. Denjenigen Patienten, die nach den acht Zyklen ein partielles Ansprechen oder eine stabile Erkrankung erreichen, sollen neun weitere Behandlungszyklen (insgesamt 17 Zyklen) verabreicht werden. Auch hier gilt: Ausnahmen bilden eine inakzeptable Toxizität oder Krankheitsprogression.

 

Im ersten 21-Tage-Zyklus erfolgt die Gabe an den Tagen 1 (1 mg), 8 (2 mg) und 15 (60 mg), wobei die Infusionen jeweils über einen Zeitraum von mindestens vier Stunden zu verabreichen sind. Wenn diese gut vertragen werden, kann die Dauer der Infusionen in den nachfolgenden Zyklen auf zwei Stunden verkürzt werden. In diesen erfolgt die Gabe jeweils am ersten Tag (Zyklus 2: 60 mg; Zyklus 3 und folgende: 30 mg).

 

Mosunetuzumab darf während aktiver Infektionen nicht verabreicht werden. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit rezidivierenden oder chronischen Infektionen in der Anamnese. Gleiches gilt für solche mit Grunderkrankungen, die für Infektionen prädisponieren können, oder bei Patienten, die zuvor eine intensive immunsuppressive Behandlung erhalten haben. Bei Bedarf können prophylaktisch antibakterielle, antivirale und/oder antimykotische Arzneimittel verabreicht werden. Die Patienten sind vor und nach der Gabe von Mosunetuzumab auf Anzeichen und Symptome einer Infektion zu überwachen und entsprechend zu behandeln. Des Weiteren kann es während der Behandlung zu schwerwiegenden Infektionen wie Pneumonie, Bakteriämie, Sepsis oder septischem Schock kommen. Auch eine febrile Neutropenie ist möglich.

 

Während der Therapie mit Mosunetuzumab dürfen keine Lebendimpfstoffe und/oder attenuierte Lebendimpfstoffe appliziert werden.

 

Unter Mosunetuzumab kann es zu einem teils lebensbedrohlichen Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS) kommen. Anzeichen und Symptome umfassen Fieber, Schüttelfrost, Hypotonie, Tachykardie, Hypoxie und Kopfschmerzen. Die Patienten sind mindestens bis Zyklus 2 mit Corticosteroiden, Antipyretika und Antihistaminika vorzubehandeln. Vor der Verabreichung müssen die Patienten ausreichend hydriert werden und sind auf Anzeichen oder Symptome eines CRS zu überwachen. Sie sind ferner anzuweisen, sofort einen Arzt aufzusuchen, falls zu irgendeinem Zeitpunkt Anzeichen oder Symptome eines CRS auftreten.

 

Unter Mosunetuzumab sind Schübe der Tumorerkrankung möglich, die vermutlich auf den Zustrom von T-Zellen in die Tumorherde zurückzuführen sind. Spezifischen Risikofaktoren wurden nicht identifiziert.

 

Auch ein Tumorlysesyndrom (TLS) kann auftreten. Vor der Verabreichung müssen die Patienten ausreichend hydriert sein. Sie sind auf Anzeichen oder Symptome eines TLS zu überwachen und sollen bei Bedarf eine prophylaktische urikostatische Therapie wie Allopurinol und Rasburicase erhalten. Die klinische Chemie der Patienten ist zu überwachen und auffällige Laborwerte sind umgehend zu behandeln.

 

Der verschreibende Arzt muss mit dem Patienten die Risiken der Therapie besprechen. Ihm ist ein Patientenpass auszuhändigen und er ist anzuweisen, diesen stets bei sich zu tragen. Der Patientenpass beschreibt die üblichen Anzeichen und Symptome eines CRS und enthält Anweisungen, wann ein Patient ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen muss.

Wichtige Wechselwirkungen

Eine vorübergehende klinisch relevante Wirkung auf CYP450-Substrate mit engem therapeutischem Index (wie Warfarin, Voriconazol oder Ciclosporin) kann nicht ausgeschlossen werden, da die Einleitung einer Behandlung mit Mosunetuzumab einen vorübergehenden Anstieg der Zytokinspiegel verursacht. Dieser kann eine Hemmung von CYP450-Enzymen bewirken. Entsprechende Patienten sollten therapeutisch überwacht und die Dosis des Begleitmedikaments gegebenenfalls angepasst werden.

Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Mosunetuzumab zählen Neutropenie, Fieber und Hypophosphatämie. Ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS) trat bei insgesamt 44,4 Prozent der Patienten auf, war in den meisten Fällen von milder oder moderater Ausprägung (Grade 1 oder 2) und überwiegend auf den ersten Zyklus beschränkt.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die bedingte Zulassung von Lunsumio basiert auf den Daten der einarmigen, offenen Phase-Ib/II-Studie GO29781 mit 90 Patienten. Unter Lunsumio-Monotherapie zeigte sich ein objektives Ansprechen von 80 Prozent, wobei 60 Prozent mit einer kompletten Remission auf die Therapie reagierten und damit der primäre Studienendpunkt erreicht wurde. Ein tiefes Ansprechen auf die Behandlung wurde schnell erreicht (etwa nach 1,4 Monaten) und dauerte durchschnittlich 22,8 Monate an. 76 Prozent der Patienten mit einer kompletten Remission zeigten auch zwölf Monate später keine Progression der Krebserkrankung. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 17,9 Monate.

Hintergrundinfos

Das follikuläre Lymphom (FL) ist eine hämatoonkologische Erkrankung, die von häufigen Rezidiven geprägt ist. Mit jeder Therapielinie werden die progressionsfreien Intervalle kürzer und die verabreichten Medikamente verlieren an Wirksamkeit. Für die Drittlinie steht mit dem bispezifischen Antikörper Mosunetuzumab eine neue ambulant durchführbare Monotherapie zur Verfügung.

Besonderheiten

Lunsumio ist bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) zu lagern und darf nicht einfrieren. Die Durchstechflasche ist im Umkarton aufzubewahren, um das Arzneimittel vor Licht zu schützen.

Lunsumio ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung mit Lunsumio und für mindestens drei Monate nach der letzten Infusion eine effiziente Kontrazeption anwenden. Der Einsatz des von Lunsumio in der Schwangerschaft wird nicht empfohlen und das Stillen ist während der Behandlung zu unterbrechen.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 03.08.2022

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