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ARZNEISTOFFE

Siltuximab|Sylvant®|86|2014

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Siltuximab
FERTIGARZNEIMITTEL
Sylvant®
HERSTELLER

Eusa Pharma

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2014
DARREICHUNGSFORM

100 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

400 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
L04AC11
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Sylvant ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit multizentrischer Castleman-Krankheit (MCD), die HIV- und HHV-(humanes Herpesvirus)-8 negativ sind.

Wirkmechanismus

Siltuximab ist ein spezifischer Interleukin-6(IL-6)-Antikörper. Er wird von verschiedenen Zellen wie T-Zellen, B-Zellen, Monozyten, Fibroblasten und Endothelzellen produziert. Bei einer Fehlregulierung oder einem Ungleichgewicht kann eine Überproduktion von IL-6 aus aktivierten B-Zellen in den betroffenen Lymphknoten mit der Pathogenese von MCD in Verbindung gebracht werden.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosierung von Siltuximab beträgt 11 mg/kg Körpergewicht. Sie wird über einen Zeitraum von einer Stunde intravenös appliziert und kann alle drei Wochen verabreicht werden, bis der Patient keinen Nutzen mehr aus der Behandlung zieht.

 

Während der ersten zwölf Monate der Behandlung mit Siltuximab sollten vor jeder Gabe Blutuntersuchungen durchgeführt werden, danach alle neun Wochen. Die exakten Werte der zu erfüllenden Therapievoraussetzungen hinsichtlich Neutrophilenzahl, Thrombozytenzahl und Hämoglobin finden sich in der Fachinformation.

 

Vor einer Behandlung mit Siltuximab sollten Infektionen, auch lokale, behandelt werden, da in den klinischen Studien schwerwiegende Infektionen, einschließlich Pneumonie und Sepsis, auftraten.

Wichtige Wechselwirkungen

Zu Wechselwirkungen wurden zwar keine klinischen Studien erfasst, jedoch ist aus präklinischen Studien bekannt, dass IL-6 die Aktivität von CYP450 verringert. Es wird daher empfohlen, bei gleichzeitiger Einnahme von CYP450-Subtraten mit geringer therapeutischer Breite deren Konzentration zu kontrollieren. Zu beachten: Die Wirkung von Siltuximab auf die Enzymaktivität kann nach Ende der Behandlung noch mehrere Wochen andauern. Vorsicht ist auch geboten bei der gleichzeitigen Anwendung mit Arzneimitteln, die CYP3A4-Substrate sind und bei denen eine verminderte Wirksamkeit unerwünscht ist (zum Beispiel oralen Kontrazeptiva).

Nebenwirkungen

Häufigste Nebenwirkungen in Studien zu Siltuximab waren Infektionen (einschließlich Infektionen der oberen Atemwege), Juckreiz und Hautausschlag. Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen waren anaphylaktische Reaktionen.

 

Während der Gabe können leichte bis mäßige Infusionsreaktionen auftreten, die durch eine langsamere Tropfgeschwindigkeit gemildert werden können. Auch die Einnahme eines Antihistaminikums, Corticoids oder von Paracetamol kann erwogen werden. Bei schweren Reaktionen muss die Infusion abgebrochen werden.

 

Eine Hypoglobinämie wurde bei 4 bis 11 Prozent der Patienten beobachtet. Da Siltuximab Anzeichen einer akuten Entzündung maskieren kann, muss der Patient auf Anzeichen für schwerwiegende Infektionen sorgfältig überwacht werden. Innerhalb vier Wochen vor und während der Behandlung sollten keine Lebendimpfstoffe appliziert werden. Unter der Therapie stiegen die Lipidwerte an. Die entsprechenden Patienten sollten gemäß der Leitlinie zur Lipidsenkung behandelt werden. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für gastrointestinale Perforationen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung basiert auf einer doppelblinden placebokontrollierten Phase-II-Studie mit 82 MCD-Patienten, die zuvor negativ auf HIV- und HHV-8 getestet wurden. Die Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Siltuximab in Kombination mit der bestmöglichen supportiven Therapie (Best Supportive Care, BSC) im Vergleich zu Placebo plus BSC. Als primärer Endpunkt war das dauerhafte Ansprechen der Tumoren und der Symptome über einen Zeitraum von mindestens 18 Wochen ohne ein Therapieversagen definiert. Diesen erreichten mit 34 Prozent signifikant mehr Siltuximab/BSC-Patienten als unter Placebo/BSC mit 0 Prozent.

Hintergrundinfos

Die multizentrische Castleman-Krankheit (MCD) ist eine seltene Erkrankung, bei der Lymphozyten überproduziert werden und zur Vergrößerung der Lymphknoten führen. Im Gegensatz zur unizentrischen Castleman-Krankheit, bei der nur ein einzelner Bereich oder eine Gruppe von Lymphknoten befallen ist, ist bei Patienten mit MCD mehr als eine Gruppe von Lymphknoten in verschiedenen anatomischen Bereichen betroffen. Bei der unizentrischen Form wird der erkrankte Lymphknoten chirurgisch entfernt. Bei der MCD liegt der Behandlungsschwerpunkt zurzeit auf der Reduzierung der Masse der Lymphknoten und auf dem Versuch, durch eine Behandlungskombination, darunter Corticosteroide, Chemotherapie und Immuntherapie, eine Remission der Erkrankung zu erzielen.

Besonderheiten

Siltuximab muss im Kühlschrank bei 2-8 °C und unter Lichtschutz (Originalverpackung) gelagert werden.

 

Nach Rekonstitution und Verdünnung ist das Arzneimittel acht Stunden physikalisch und chemisch stabil, sollte aber aus mikrobiologischen Gründen umgehend verwendet werden.

 

Sylvant ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Die Anwendung von Siltuximab wird während einer Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, nicht empfohlen. Während einer Schwangerschaft soll es nur angewendet werden, wenn der Nutzen das Risiko deutlich überwiegt. Frauen im gebärfähigen Alter, die mit Siltuximab therapiert werden, müssen während und bis zu drei Monate nach der Behandlung eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

 

Wie auch andere Immunglobulin-G-Antikörper passiert Siltuximab die Plazentaschranke. Nachteile auf Schwangerschaft und embryolale Entwicklung wurden bisher nicht festgestellt. Neugeborene von Frauen, die mit Siltuximab behandelt wurden, haben aber möglicherweise ein erhöhtes Infektionsrisiko. Somit ist bei der Anwendung von Lebendimpfstoffen bei diesen Säuglingen Vorsicht geboten.

 

Es ist nicht bekannt, ob Siltuximab in die Muttermilch übergeht. Ein Risiko für das Neugeborene/den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Siltuximab verzichtet werden soll beziehungsweise die Behandlung mit Siltuximab zu unterbrechen ist.

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Letzte Aktualisierung: 29.09.2021

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