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ARZNEISTOFFE

Cemiplimab|Libtayo®|86|2019

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Cemiplimab
FERTIGARZNEIMITTEL
Libtayo®
HERSTELLER

Sanofi Genzyme

MARKTEINFÜHRUNG (D)
08/2019
DARREICHUNGSFORM

350 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
L01FF06
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Libtayo ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom der Haut. Es wird als Monotherapie gegeben, wenn eine operative Entfernung des Tumors oder eine kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen. Dies ist bei etwa 5 Prozent der Patienten mit dieser Krebsform der Fall.

Wirkmechanismus

Cemiplimab ist ein monoklonaler humaner Immunglobulin-IgG4-Antikörper, der gegen den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen gerichtet ist. Durch seine Bindung an den Rezeptor verhindert Cemiplimab, dass die Liganden PD-L1 und PD-L2 an PD-1 andocken und die T-Zell-Funktion hemmen. Dadurch verstärkt Cemiplimab die T-Zell-Antwort einschließlich der Anti-Tumor-Antwort.

Anwendungsweise und -hinweise

Patienten erhalten 350 mg Cemiplimab alle drei Wochen als intravenöse Infusion über 30 Minuten. Die Behandlung kann bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer nicht mehr akzeptablen Toxizität fortgeführt werden. Eine Dosisreduktion ist nicht vorgesehen, bestimmte Nebenwirkungen können jedoch eine Unterbrechung der Therapie erforderlich machen.

Wichtige Wechselwirkungen

Eine systemische Anwendung von Corticosteroiden oder Immunsuppressiva vor Therapiebeginn mit Cemiplimab, außer physiologische Dosen systemischer Corticosteroide (≤ 10 mg/Tag Prednison oder Äquivalent), sollte aufgrund möglicher Beeinträchtigungen der pharmakodynamischen Aktivität und der Wirksamkeit von Cemiplimab vermieden werden. Nach Beginn der Therapie können diese jedoch zur Behandlung von immunvermittelten Nebenwirkungen angewendet werden.

Nebenwirkungen

In den Zulassungsstudien zu Cemiplimab kam es gelegentlich bis häufig zu immunvermittelten Nebenwirkungen. Diese können potenziell schwerwiegend und sogar tödlich verlaufen, klangen aber unter einer geeigneten Therapie oder nach Absetzen von Cemiplimab meist wieder ab. Immunvermittelte Nebenwirkungen können jedes Organsystem betreffen. Beobachtet wurden unter anderem Pneumonitis, Diarrhö, Hepatitis, Endokrinopathien, Schilddrüsenerkrankungen, Hypophysitis, Nebenniereninsuffizienz, Typ-1-Diabetes, Hautreaktionen und Nephritis. Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, den Patienten darüber aufzuklären und ihm Schulungsmaterial zum Verhalten beim Auftreten solcher Reaktionen sowie einen Patientenpass zu überreichen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Wirksamkeit von Cemiplimab wurde in der offenen Phase-II-Studie 1540 (EMPOWER-CSCC-1) nachgewiesen, an der insgesamt 193 Patienten teilnahmen: 115 mit metastasierter Erkrankung (metastatic cutaneous Squamous Cell Carcinoma, mcSCC) und 78 mit lokal fortgeschrittener Erkrankung (locally advanced cutaneous Squamous Cell Carcinoma, lacSCC). Patienten mit lacSCC sowie die Hälfte derjenigen mit mcSCC erhielten alle zwei Wochen 3 mg Cemiplimab pro kg Körpergewicht. Die andere Hälfte der Patienten mit mcSCC wurde alle drei Wochen mit 350 mg Cemiplimab behandelt.

 

Primärer Endpunkt der Studie war die bestätigte objektive Ansprechrate (objective response Rate, ORR). Diese betrug bei mcSCC-Patienten mit Behandlung alle 14 Tage 49,2 Prozent, bei lacSCC-Patienten 43,6 Prozent und bei mcSCC-Patienten mit Behandlung alle drei Wochen 39,3 Prozent. Als sekundäre Endpunkte wurden unter anderem das komplette Ansprechen, das progressionsfreie Überleben (PFS) sowie das Gesamtüberleben (OS) erhoben. Nach zwölf Monaten betrugen das PFS in der ersten Patientengruppe 53,1 Prozent und das OS 81,3 Prozent; in der zweiten Patientengruppe waren es 58,1 Prozent (PFS) und 93,2 Prozent (OS) und in der dritten 44,6 Prozent (PFS) und 76,1 Prozent (OS). Ein komplettes Ansprechen war in der ersten Patientengruppe bei 16,9 Prozent der Patienten zu verzeichnen, in der zweiten bei 12,8 Prozent und in der dritten bei 3,6 Prozent.

 

Hieraus könnte man schließen, dass die nun zugelassene fixe Dosierung der gewichtsadaptierten unterlegen ist. Nach Auskunft von Sanofi sei die Nachbeobachtungszeit in der dritten Patientengruppe kürzer gewesen als in den anderen beiden Gruppen, die Ansprechraten nähmen aber mit der Dauer der Anwendung zu. Zudem hätten pharmakokinetische Studien gezeigt, dass die Cemiplimab-Exposition unabhängig vom verwendeten Dosierungsschema konsistent bleibt.

Hintergrundinfos

Das Plattenepithelkarzinom oder auch Spinaliom ist eine Form des hellen Hautkrebses. Es entwickelt sich meist auf Hautstellen, die häufig der Sonne ausgesetzt sind, aus dem Vorläuferstadium der aktinischen Keratose. Die Standardtherapie ist die vollständige operative Entfernung des Tumors. Ist diese nicht möglich, etwa weil der Tumor sich zu weit ausgebreitet oder bereits metastasiert hat, wird eine Chemotherapie empfohlen, auf die die meisten Patienten zunächst gut ansprechen. Rückfälle sind jedoch häufig, sodass eine Heilung in dieser Situation meist nicht möglich ist.

Besonderheiten

Libtayo ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern. Um die Durchstechflaschen vor Licht zu schützen, sollen sie in der Originalverpackung aufbewahrt werden. Nach dem Verdünnen ist die fertige Lösung nach maximal acht Stunden bei Raumtemperatur beziehungsweise 24 Stunden bei Lagerung im Kühlschrank zu verbrauchen.

Libtayo ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Therapie mit Cemiplimab und bis mindestens vier Monate danach eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

 

Die Anwendung von Cemiplimab in der Schwangerschaft wird nicht empfohlen, es sei denn, der klinische Nutzen überwiegt das potenzielle Risiko.

 

Mütter dürfen während der Therapie und bis vier Monate danach nicht stillen.

Letzte Aktualisierung: 30.06.2020

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