Pharmazeutische Zeitung online
ARZNEISTOFFE

Trastuzumab|Herceptin®|86|2000

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Trastuzumab
FERTIGARZNEIMITTEL
Herceptin®
HERSTELLER

Roche

MARKTEINFÜHRUNG (D)
2000
DARREICHUNGSFORM

150 mg Pulver zur Herstellung eines Infusionskonzentrates zur intravenösen Applikation

600 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung zur subkutanen Applikation

ATC-CODE
L01FD03
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Herceptin ist zugelassen zur Therapie von erwachsenen Brustkrebspatienten, deren metastasierende Tumoren das HER2-Protein überexprimieren. Dabei unterteilten die Zulassungsbehörden die Indikation in zwei Gruppen: Einerseits ist Herceptin als Monotherapie indiziert, wenn zuvor mindestens zwei Chemotherapien mit mindestens einem Taxan und Anthrazyklin nicht ansprachen. Andererseits kann es auch in Kombination mit Paclitaxel, Docetaxel oder einem Aromatasehemmer Patienten verabreicht werden, die noch keine Chemotherapie erhalten haben und für die Anthrazykline ungeeignet sind.

 

Darüber hinaus ist Herceptin bei erwachsenen Patienten mit Brustkrebs im Frühstadium zugelassen nach einer Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie, nach adjuvanter Chemotherapie mit Docetaxel und Cyclophosphamid: in Kombination mit Paclitaxel oder Docetaxel, in Kombination mit adjuvanter Chemotherapie mit Docetaxel und Carboplatin sowie in Kombination mit neoadjuvanter Chemotherapie, gefolgt von adjuvanter Therapie mit Herceptin, bei lokal fortgeschrittenem, einschließlich entzündlichem, Brustkrebs oder Tumoren mit einem Durchmesser über 2 cm.

 

Herceptin ist auch zugelassen zur Behandlung eines metastasierten Adenokarzinoms des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs, die bisher keine Therapie erhalten hatten. Hierbei wird es mit Capecitabin oder 5-FU und Cisplatin kombiniert.

 

Herceptin ist nur bei Patienten anzuwenden, deren Tumore eine HER2-Überexpression aufweisen.

Wirkmechanismus

Trastuzumab ist ein rekombinanter humanisierten IgG1-Antikörper, der sich gegen den menschlichen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2) richtet. Das Rezeptormolekül beschleunigt nach Interaktion mit dem Wachstumsfaktor die Teilungsrate von Krebszellen und deren Ablösung vom Zellverband. Die Antikörper spüren die Rezeptoren an der Zelloberfläche auf, docken dort an und leiten die Zerstörung der Krebszelle durch das Immunsystem ein.

Anwendungsweise und -hinweise

Dosierung und Dauer der Anwendung von Trastuzumab richten sich nach der Diagnose. In vielen Fällen beträgt die Initialdosis in einem dreiwöchentlichen Intervall 8 mg/kg KG als intravenöse Infusion, gefolgt von 6 mg/kg KG. Wird es in einem wöchentlichen Intervall gegeben, beginnt man mit 4 mg/kg KG und setzt mit einer Erhaltungsdosis von 2 mg/kg KG fort.

 

Bei subkutaner Gabe beträgt die empfohlene Dosis 600 mg, unabhängig vom Körpergewicht, alle drei Wochen. Das Arzneimittel sollte über einen Zeitraum von 2–5 Minuten verabreicht werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Klinisch signifikante Wechselwirkungen zwischen Herceptin und den in klinischen Studien gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln wurden nicht beobachtet.

Nebenwirkungen

Neben infusionsbedingten Reaktionen wie Schüttelfrost, Fieber und lokalen Reizungen kam es vor allem zu kardiotoxischen Wirkungen unter Trastuzumab. Daher ist vor allem bei Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz, Hypertonie oder Koronarer Herzkrankheit Vorsicht geboten. Ein EKG ist vor allem dann Pflicht, wenn die Patientinnen zuvor schon Anthrazykline oder Cyclophosphamid erhalten haben.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Kontraindiziert ist Herceptin bei Patienten mit schwerer Ruhedyspnoe, die durch Komplikationen der fortgeschrittenen Krebserkrankung verursacht wird oder die eine unterstützende Sauerstofftherapie benötigt.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

In verschiedenen klinischen Studien testeten Wissenschaftler Trastuzumab sowohl als Monotherapie, wenn andere Wirkstoffe zuvor nicht angesprochen hatten, als auch zusammen mit Paclitaxel. In den Tumoren sämtlicher Patientinnen war HER2 mäßig bis stark überexprimiert (Status 3+). Die Kombination sprach im Mittel bei 49 Prozent, Paclitaxel alleine aber nur bei 17 Prozent der Patientinnen an. Ebenso betrug die mittlere Überlebenszeit in der Kombigruppe 24,8 gegenüber 17 Monaten in der Paclitaxel-Gruppe. Auf eine Monotherapie mit Trastuzumab sprachen 18 Prozent der Patientinnen an. Hier betrug die mittlere Überlebenszeit 16,4 Monate.

Hintergrundinfos

HER2 wird in 25 bis 30 Prozent aller Mammakarzinome überexprimiert. Studien ergaben, dass diese Patientinnen eine deutlich kürzere krankheitsfreie Überlebenszeit haben. Vor der Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper muss unbedingt der HER2-Status bei den Patientinnen bestimmt werden.

Besonderheiten

Herceptin i.v. und Herceptin s.c. sind bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) zu lagern. Herceptin s.c. darf außerdem nicht einfrieren und ist im Umkarton aufzubewahren, um das Arzneimittel vor Licht zu schützen. Einmal aus dem Kühlschrank entnommen, muss es innerhalb von 6 Stunden verabreicht werden und sollte nicht bei Temperaturen über 30 °C aufbewahrt werden.

Herceptin ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung mit Herceptin und für 7 Monate danach eine effiziente Kontrazeption durchzuführen.

 

Die Gabe von Herceptin während der Schwangerschaft sollte vermieden werden, es sei denn, der potenzielle Nutzen für die Mutter überwiegt das potenzielle Risiko für den Fetus. Frauen sollten während einer Therapie mit Herceptin und für 7 Monate nach der letzten Dosis nicht stillen.

Letzte Aktualisierung: 12.07.2017

Mehr aus Stoffgruppe 86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva