Tipiracil|Lonsurf®|86|2016 |
Servier
15 mg/6,14 mg Filmtabletten
20 mg/8,19 mg Filmtabletten
Lonsurf ist zugelassen als Monotherapie für erwachsene Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom, die bereits verschiedene Therapien erhalten haben, darunter Fluoropyrimidin-, Oxaliplatin- und Irinotecan-basierte Chemotherapien sowie zielgerichtete Therapeutika wie Anti-VEGF- und Anti-EGFR-Substanzen, oder die für diese Therapien nicht geeignet sind.
Es ist außerdem zugelassen als Monotherapie zur Behandlung von Erwachsenen mit metastasiertem Magenkarzinom einschließlich Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs, die bereits mit zwei systemischen Therapieregimes für die fortgeschrittene Erkrankung behandelt worden sind.
Lonsurf enthält zwei wirksame Substanzen. Trifluridin ist ein Thymidin-basiertes Nukleosid-Analogon, das in der Tumorzelle durch das Enzym Thymidin-Kinase phosphoryliert und letztlich direkt in die DNA eingebaut wird. Hierdurch wird die Zellproliferation gestört. Trifluridin wird im Blut jedoch rasch durch die Thymidin-Phosphorylase abgebaut und unterliegt einem hohen First-pass-Effekt. Daher wurde es bislang nicht peroral eingesetzt. Der Kombipartner Tipiracil hemmt das Enzym und verhindert so den Abbau von Trifluridin. In pharmakokinetischen Studien war nach Einmalgabe der Kombination die Trifluridin-Konzentration (AUC) 37-fach größer und die Spitzenspiegel (Cmax) 22-fach höher als nach Gabe von Trifluridin alleine.
Lonsurf wird nach Körperoberfläche dosiert. Die Anfangsdosis beträgt 35 mg Trifluridin/m2 zweimal täglich an den Tagen 1 bis 5 und an den Tagen 8 bis 12 in einem 28-Tage-Zyklus. Maximal darf der Patient 80 mg Trifluridin pro Dosis einnehmen. Je nach Verträglichkeit kann eine Dosisreduktion nötig sein, wobei die Minimaldosis zweimal täglich 20 mg/m2 beträgt. Nach einer Dosisreduktion darf diese nicht mehr gesteigert werden.
Der Patient nimmt die Tabletten mit einem Glas Wasser innerhalb einer Stunde nach einer Mahlzeit morgens und abends ein.
Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung beträgt die empfohlene Anfangsdosis 20 mg Trifluridin/m2 Körperoberfläche, die Minimaldosis bei einer Dosisreduktion 15 mg/m2. Auch hier darf die Dosis nach einer Reduktion nicht wieder gesteigert werden.
An Anwendung bei terminaler Niereninsuffizienz sowie bei mäßiger oder schwerer Leberfunktionsstörung zu Behandlungsbeginn wird nicht empfohlen.
Bei der Anwendung von Arzneimitteln, die den humanen Thymidin-Kinase-Substraten angehören, ist Vorsicht geboten. Zu diesen gehört beispielsweise Zidovudin. Sie können bei gleichzeitige Anwendung mit Lonsurf mit dem Effektor Trifluridin um die Aktivierung durch die Thymidin-Kinase konkurrieren. Eine verminderte antivirale Wirkung ist möglich.
Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva einnehmen, müssen eine zusätzliche Barrieremethode zur Empfängnisverhütung anwenden, da nicht bekannt ist, ob Lonsurf die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva herabsetzt.
Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Lonsurf sind Neutropenie (53 Prozent der Patienten), Übelkeit, Ermüdung und Anämie (alle bei mehr als 30 Prozent). Sehr häufig sind auch Appetitmangel, Erbrechen und Durchfall.
Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen sind Knochenmarksuppression und gastrointestinale Toxizität.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
In der randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie RECOURSE wurde Trifluridin/Tipiracil mit Placebo, jeweils zusammen mit der bestmöglichen supportiven Therapie, bei 800 Patienten mit vorbehandeltem metastasiertem Kolorektalkarzinom geprüft. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (overall survival, OS). Die Kombination verlängerte das mittlere OS um zwei Monate (7,2 versus 5,2 Monate) und verbesserte die Einjahres-Überlebensrate (27,1 versus 16,6 Prozent). Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 2,0 versus 1,7 Monaten. Der Überlebensvorteil war statistisch signifikant und klinisch relevant.
Bei der Lagerung von Lonsurf sind keine besonderen Bedingungen einzuhalten.
Lonsurf ist verschreibungspflichtig.
Tipiracil
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels
Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.11.2016 (Kolorektalkarzinom) (aufgehoben)
Nutzenbewertung des IQWiG vom 25.02.2020 (Magenkarzinom)
Nutzenbewertung des IQWiG vom 29.06.2020 (Kolorektalkarzinom)
Während der Schwangerschaft darf Lonsurf nicht angewendet werden, es sei denn, der klinische Zustand der Frau macht dies erforderlich. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Therapie und bis zu sechs Monate nach deren Ende sehr sorgfältig verhüten, wenn sie oder ihr Partner das Medikament bekommen. In Tierversuchen konnte Trifluridin den Fetus schädigen.
Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva einnehmen, müssen eine zusätzliche Barrieremethode zur Empfängnisverhütung anwenden, da nicht bekannt ist, ob Lonsurf die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva herabsetzt.
Das Stillen soll während der Behandlung mit Lonsurf unterbrochen werden, da ein Risiko für den Säugling nicht ausgeschlossen werden kann.
Letzte Aktualisierung: 31.10.2020