Crizanlizumab|Adakveo®|86|2020 |
Novartis
10 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Adakveo ist zugelassen zur Prävention wiederkehrender vasookklusiver Krisen (VOCs) bei Patienten ab 16 Jahren mit Sichelzellanämie. Es kann als Zusatztherapie zu Hydroxyurea/Hydroxycarbamid (HU/HC) gegeben werden oder als Monotherapie bei Patienten, bei denen die Anwendung von HU/HC nicht geeignet oder unzureichend ist.
Crizanlizumab bindet mit hoher Affinität an P-Selektin und blockiert die Interaktion mit dessen Liganden, einschließlich PSGL-1.
Die empfohlene Dosis beträgt 5 mg Crizanlizumab pro kg Körpergewicht, verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 30 Minuten. Die ersten beiden Infusionen werden im Abstand von zwei Wochen verabreicht, nachfolgende Infusionen alle vier Wochen.
Die Patienten sind auf Anzeichen und Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen, Ermüdung, Schwindelgefühl, Pruritus, Urtikaria, Schwitzen, Kurzatmigkeit oder Giemen zu überwachen. Im Fall einer schweren infusionsbedingten Reaktion sollte Crizanlizumab abgesetzt und eine geeignete Therapie eingeleitet werden.
Crizanlizumab kann möglicherweise bestimmte Laboruntersuchungen beeinträchtigen. So führte die Gabe des Antikörpers bei der Bestimmung der Thrombozytenzahl zu nicht auswertbaren oder fälschlicherweise erniedrigten Thrombozytenzahlen, vor allem wenn EDTA-Röhrchen verwendet wurden. Die Untersuchung sollte daher so schnell wie möglich durchgeführt werden (innerhalb von vier Stunden nach Blutprobenentnahme) oder Citrat-Röhrchen verwendet werden. Zudem kann die Thrombozytenzahl mittels eines peripheren Blutausstrichs geschätzt werden.
Als häufigste Nebenwirkungen traten in Studien zu Crizanlizumab Arthralgie, Übelkeit, Rückenschmerzen, Fieber und Abdominalschmerz auf. Auch infusionsbedingte Reaktionen sind möglich.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die Zulassung von Adakveo basiert auf der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-II-Studie SUSTAIN an 198 SCD-Patienten mit zwei bis zehn VOC in den vergangenen zwölf Monaten. Die Probanden wurden gleichmäßig auf 5 mg/kg Körpergewicht Crizanlizumab oder Placebo randomisiert. Die Infusionen erfolgten an Tag 0, Tag 14 und weiter alle vier Wochen bis Woche 50. Dabei wurde Adakveo entweder als Monotherapie oder in Kombination mit HU/HC angewendet. Primärer Endpunkt war die jährliche Anzahl SCD-assoziierter VOC unter Crizanlizumab 5 mg/kg Körpergewicht versus Placebo in Woche 52 sowie die Zeit bis zur ersten beziehungsweise zweiten VOC.
Crizanlizumab konnte die durchschnittliche jährliche VOC-Rate im Vergleich zu Placebo um 45,3 Prozent reduzieren. Sie sank von 2,98 auf 1,63 Ereignisse pro Jahr. Auch der Anteil der Patienten, die im gesamten Studienverlauf frei von VOC blieben, war unter dem Antikörper mehr als doppelt so hoch wie unter Placebo (1,38 versus 4,07 Monate). Der Vorteil für Crizanlizumab war unabhängig von einer begleitenden Therapie mit HU/HC. Die Studie wurde wegen des wirksamen Effekts von Crizanlizumab vorzeitig abgebrochen, um die Therapie für alle Patienten verfügbar zu machen.
Die Sichelzellkrankheit (Sickle Cell Disease, SCD) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung der Hämoglobinsynthese. In Deutschland leben zurzeit 2000 bis 3000 SCD-Patienten. Ursache ist eine Punktmutation, die dazu führt, dass anstelle des physiologischen Hämoglobins (HbA) Sichelzellhämoglobin (HbS) gebildet wird. HbS polymerisiert bei Sauerstoffmangel und zwingt die Erythrozyten in eine starre Sichelform, die der Erkrankung ihren Namen gibt.
Eine Schlüsselrolle in der Pathogenese spielt das Zelladhäsionsprotein P-Selektin, das bei SCD vermehrt auf Gefäßendothelzellen und Thrombozyten exprimiert wird. Es bindet an P-Selektin-Glykoprotein-Ligand-1 (PSGL-1) auf Leukozyten sowie an PSGL-1-like-Rezeptoren auf Sichelzellen. Das Zusammenspiel aus sperrigen Erythrozyten und gesteigerter Interaktion zwischen den Zellen untereinander mit dem Endothel führt zu Gefäßverschlüssen, den vasookklusiven Krisen (VOC), die sehr schmerzhaft und komplikationsträchtig sind. Die Gefäßokklusionen können in allen Organen auftreten und zu dauerhaften Organschäden bis zum Tod führen.
Eine Akutkomplikation der Sichelzellkrankheit sind sogenannte vasookklusive Krisen, die Tage andauern und mit extrem starken Schmerzen einhergehen können. Der Antikörper Crizanlizumab ist die erste zielgerichtete Therapie zur Prophylaxe.
Adakveo ist bei 2–8 °C (Kühlschrank) zu lagern und darf nicht einfrieren. Die Durchstechflasche im Umkarton aufzubewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
Adakveo ist verschreibungspflichtig.
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)
https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/adakveo-epar-medicine-overview_de.pdf
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels
https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/adakveo-epar-product-information_de.pdf
Aus Vorsichtsgründen sollte die Anwendung von Adakveo während der Schwangerschaft und bei Frauen, die nicht verhüten, vermieden werden. Bei stillenden Frauen entscheidet der Arzt, ob das Stillen oder die Therapie mit Crizanlizumab unterbrochen werden soll.
Sprunginnovation
Letzte Aktualisierung: 05.01.2021