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ARZNEISTOFFE

Acalabrutinib|Calquence®|86|2020

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Acalabrutinib
FERTIGARZNEIMITTEL
Calquence®
HERSTELLER

Astra-Zeneca

MARKTEINFÜHRUNG (D)
12/2020
DARREICHUNGSFORM

100 mg Filmtabletten

ATC-CODE
L01EL02
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Calquence ist zugelassen als Monotherapie oder in Kombination mit dem CD20-Antikörper Obinutuzumab (Gazyvaro®) zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit nicht vorbehandelter CLL. Als Monotherapie darf es eingesetzt werden bei CLL-Patienten, die mindestens eine Vorbehandlung erhalten haben.

Wirkmechanismus

Acalabrutinib ist ein selektiver Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist ein Signalmolekül im Signalweg des B-Zell-Antigen- und des Zytokin-Rezeptors. In B-Zellen führt die BTK-Signalübertragung zur Proliferation und ist für die Adhäsion, Migration und Chemotaxis der Zellen erforderlich. Acalabrutinib und sein aktiver Metabolit ACP-5862 binden kovalent im aktiven Zentrum der BTK, was diese irreversibel inaktiviert. In der Folge wird das Wachstum von malignen B-Zellen und damit das Fortschreiten der Leukämie gebremst.

 

Das Enzym Bruton-Tyrosinkinase (BTK) wird vor allem auf B-Zellen exprimiert und spielt eine wichtige Rolle bei deren Reifung und Überleben. Inhibitoren dieser Kinase können überschießendes Zellwachstum verhindern und werden daher wie Ibrutinib (Imbruvica®) in der Onkologie bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), Mantelzelllymphom und Morbus Waldenström eingesetzt. Zudem werden Wirkstoffe wie Fenebrutinib und Evobrutinib bei Multipler Sklerose erforscht.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosierung beträgt zweimal täglich eine Kapsel à 100 mg Acalabrutinib im Abstand von etwa zwölf Stunden. Der Patient soll die Kapsel jeden Tag etwa zur gleichen Zeit mit Wasser, aber unabhängig von den Mahlzeiten einnehmen.

 

Die Behandlung wird bis zur Krankheitsprogression oder bis zum Auftreten inakzeptabler Nebenwirkungen fortgesetzt. Bei schweren Thrombozytopenien oder anderen Toxizitäten wird die Einnahme unterbrochen und bei Besserung, gegebenenfalls mit reduzierter Dosis, fortgesetzt oder beendet.

Wichtige Wechselwirkungen

Auf pharmakokinetischer Ebene gibt es viele Wechselwirkungen, da Acalabrutinib und sein aktiver Metabolit hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert werden. Zudem sind beide Stoffe Substrate von PGP und BCRP.

 

Die gleichzeitige Anwendung von starken CYP3A-/PGP-Inhibitoren wie Ketoconazol, anderen Azolen oder Clarithromycin erhöht die Plasmaspiegel von Acalabrutinib und sollte vermieden werden. Falls diese Wirkstoffe kurzzeitig nötig sind, sollte Acalabrutinib pausiert werden.

 

Umgekehrt verringern gleichzeitig gegebene starke CYP3A-Induktoren wie Phenytoin, Rifampicin oder Carbamazepin die Plasmaspiegel von Acalabrutinib deutlich und sind daher zu vermeiden. Dies gilt auch für Johanniskraut, das die Plasmakonzentration möglicherweise unvorhersehbar senken kann.

 

Da die Löslichkeit von Acalabrutinib bei steigendem pH-Wert abnimmt, sinkt die Plasmakonzentration bei gleichzeitiger Anwendung von Antazida oder Protonenpumpenhemmern. Braucht der Patient ein Magensäure-reduzierendes Arzneimittel, sollten Antazida wie Calciumcarbonat oder H2-Rezeptor-Antagonisten wie Ranitidin oder Famotidin erwogen und der Patient auf die zeitversetzte Einnahme hingewiesen werden. PPI sind zu meiden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Acalabrutinib, die bei mehr als 20 Prozent der Patienten unter einer Monotherapie auftraten, waren Infektionen, Kopfschmerzen, Diarrhö, Hämatome und muskuloskelettale Schmerzen sowie Übelkeit, Fatigue, Husten und Hautausschlag. Bei Kombination mit anderen Krebsmedikamenten traten sehr häufig Gelenkschmerzen, Schwindel und Verstopfung auf. Die häufigsten Nebenwirkungen von Grad 3 und 4 waren Infektionen, Leukopenie, Neutropenie und Anämie.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Dass Acalabrutinib das progressionsfreie Überleben verlängern kann, zeigten zwei randomisierte, multizentrische unverblindete Phase-III-Studien. In der Studie ELEVATE-TN erhielten 535 Patienten mit noch unbehandelter CLL Acalabrutinib (zweimal täglich 100 mg) mit oder ohne Obinutuzumab (maximal sechs Behandlungszyklen) oder den Chemotherapie-basierten Standard Chlorambucil plus Obinutuzumab. Nach etwa 28 Monaten waren 8 Prozent der Patienten im Acalabrutinib-Kombinationsarm und 15 Prozent in der Monotherapie-Gruppe gestorben oder es hatte sich ihre Krebserkrankung verschlimmert, verglichen mit 53 Prozent der Patienten unter Obinutuzumab plus Chlorambucil. Die Risikoreduktion war statistisch signifikant.

 

In der Studie ASCEND wurden 310 Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL aufgenommen, die mindestens eine Vorbehandlung erhalten hatten. Sie erhielten entweder Acalabrutinib als Monotherapie oder den CD20-Antikörper Rituximab (MabThera®) plus Idelalisib, einen Hemmstoff einer Phosphatidylinositol-3-Kinase, die bei B-Zell-Malignomen hyperaktiv ist, oder plus Bendamustin, je nach Wahl des Prüfarztes. Nach etwa 16 Monaten waren 17 Prozent der Patienten, die den BTK-Inhibitor erhielten, gestorben oder hatten eine Krankheitsprogression, verglichen mit 44 Prozent der Patienten mit einer Rituximab-Kombination.

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Calquence sind keine besonderen Bedingungen einzuhalten.

Calquence ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

acalabrutinib.wrl

Links

Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)

 

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 10.03.2021 (vorbehandelte chronische lymphatische Leukämie)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.03.2021 (nicht vorbehandelte chronische lymphatische Leukämie)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.03.2021 (nicht vorbehandelte chronische lymphatische Leukämie; Kombination mit Obinutuzumab)

Weitere Hinweise

Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Therapie mit Acalabrutinib nicht schwanger werden beziehungsweise das Arzneimittel sollte während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Während der Behandlung und zwei Tage nach Einnahme der letzten Dosis sollten Frauen nicht stillen.

Packshot

Vorläufige Bewertung

Analogpräparat

Letzte Aktualisierung: 07.03.2023

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