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ARZNEISTOFFE

Selumetinib|Koselugo®|86|2021

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Selumetinib
FERTIGARZNEIMITTEL
Koselugo®
HERSTELLER

Astra-Zeneca

MARKTEINFÜHRUNG (D)
08/2021
DARREICHUNGSFORM

10 mg Hartkapseln

25 mg Hartkapseln

ATC-CODE
L01EE04
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Koselugo ist indiziert als Monotherapie bei Kindern ab drei Jahren und Jugendlichen zur Behandlung von symptomatischen, inoperablen plexiformen Neurofibromen bei Neurofibromatose Typ 1.

Wirkmechanismus

Selumetinib ist ein selektiver Inhibitor der Mitogen-aktivierten Proteinkinase-Kinase 1 und 2 (MEK1/2), einem wichtigen Enzym im RAF/MEK/ERK-Signalweg. Eine MEK-Inhibition kann die Proliferation und das Überleben von Tumorzellen, bei denen der RAF/MEK/ERK-Signalweg aktiviert ist, hemmen.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosis beträgt 25 mg Selumetinib pro m2 Körperoberfläche, zweimal täglich oral eingenommen. Die Patienten sollen die Kapseln auf nüchternen Magen einnehmen. Konkret: Zwei Stunden vor der Einnahme und eine Stunde danach sollen sie nichts essen. Wurde eine Dosis vergessen, soll die Einnahme nur nachgeholt werden, wenn der Zeitraum bis zur nächsten geplanten Dosis mehr als sechs Stunden beträgt. Falls nach der Einnahme Erbrechen auftritt, ist keine zusätzliche Dosis einzunehmen und der Patient soll mit der nächsten geplanten Dosis fortfahren.

 

Die Behandlung wird so lange fortgesetzt, wie sich ein klinischer Nutzen zeigt beziehungsweise bis die Erkrankung fortschreitet oder inakzeptable Toxizitäten auftreten. Je nach individueller Sicherheit und Verträglichkeit können eine Unterbrechung und/oder eine Dosisreduktion oder ein dauerhaftes Absetzen von Selumetinib erforderlich werden. Die Fortsetzung der Behandlung im Erwachsenenalter sollte auf Grundlage des Nutzens und der Risiken für den einzelnen Patienten nach Einschätzung des Arztes erfolgen, da nur begrenzte Daten für Patienten über 18 Jahren vorliegen.

 

Bei schwerer Leberfunktionsstörung darf Selumetinib nicht angewendet werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Die Patienten sollten keine zusätzlichen Vitamin-E-Präparate einnehmen. Koselugo enthält das Vitamin in Form des sonstigen Bestandteils Tocofersolan (TPGS). Hohe Vitamin-E-Dosierungen können das Risiko von Blutungen bei Patienten erhöhen, die gleichzeitig Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmer nehmen. Bei Betroffenen sollte der Gerinnungsstatus häufiger untersucht werden.

 

Die gleichzeitige Anwendung von starken oder moderaten CYP3A4- oder CYP2C19-Inhibitoren sollte vermieden werden. Ist dies nicht möglich, sollten die Patienten sorgfältig auf unerwünschte Ereignisse überwacht und die Selumetinib-Dosis reduziert werden. Ebenfalls vermieden werden sollte eine gleichzeitige Gabe starker oder moderater CYP3A4-Induktoren.

Nebenwirkungen

Die Behandlung mit Selumetinib ist mit vielen Nebenwirkungen behaftet. Die häufigsten sind Erbrechen, Hautausschlag, erhöhte Kreatinphosphokinase im Blut, Durchfall, Übelkeit, trockene Haut, asthenische Ereignisse, Pyrexie, akneiformer Hautausschlag, Hypoalbuminämie, Stomatitis, erhöhte Aspartat-Aminotransferase und Paronychie (Entzündung des Nagelwalls).

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Patienten mit schwerer Einschränkung der Leberfunktion ist Koselugo kontraindiziert.

 

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung von Selumetinib basiert auf der Phase-II-Studie SPRINT mit 50 Kindern im Alter von 3 bis 17 Jahren, bei denen eine Neurofibromatose Typ 1 mit inoperablen plexiformen Neurofibromen diagnostiziert worden war. Die Probanden wurden zweimal täglich mit Selumetinib 25 mg/m2 behandelt. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war die objektive Ansprechrate, definiert als Prozentsatz der Patienten mit vollständigem Ansprechen oder bestätigtem partiellen Ansprechen. Des Weiteren wurde die Dauer des Ansprechens bewertet.

 

66 Prozent der Patienten hatten eine partielle Response mit mindestens 20-prozentiger Reduktion des Tumorvolumens. 82 Prozent der Responder zeigten ein anhaltendes Ansprechen von mehr als zwölf Monaten. Zudem besserten sich die körperliche Funktion und die Symptome der Patienten. Nach einem Jahr Behandlung beurteilten die Kinder die Schmerzen auf einer 11-Punkte-Skala um 2 Punkte schwächer als zu Beginn. Darüber hinaus führte die Behandlung zu Verbesserungen bei schmerzbedingten Störungen des Alltagslebens, die 38 Prozent der Kinder und 50 Prozent der Eltern als geringer einstuften. Die allgemeine gesundheitsbezogene Lebensqualität besserte sich nach Einschätzung der Kinder um 48 Prozent und der Eltern um 58 Prozent.

Hintergrundinfos

Die Neurofibromatose vom Typ 1, auch Morbus Recklinghausen genannt, wird durch Mutationen im Gen des Tumorsuppressors Neurofibromin 1 ausgelöst. Die Folge ist eine Überaktivität des RAF/MEK/ERK-Signalwegs. Erste Symptome im Säuglingsalter sind meistens Milchkaffee-farbene Pigmentflecken (Café-au-lait-Flecken) und sommersprossenartige Sprenkelungen in den Achselhöhlen. Erst später, häufig in der Pubertät, entstehen Neurofibrome.

 

Dabei handelt es sich um gutartige Geschwulste aus Nerven- und Bindegewebszellen, die sich auf der Haut am ganzen Körper, in den inneren Organen und im Gehirn bilden können. Eine operative Entfernung der Tumoren ist oft nicht möglich, da sie mit gesunden Nerven und Gewebe verflochten sind. Tumoren, die teilweise entfernt wurden, wachsen unter Umständen nach.

Besonderheiten

Koselugo Hartkapseln sind bei Temperaturen nicht über 30 °C sowie in der Originalflasche aufzubewahren, um das Arzneimittel vor Feuchtigkeit und Licht zu schützen.

Koselugo ist verschreibungspflichtig

Formeln

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

selumetinib.wrl

Weitere Hinweise

Koselugo wird während der Schwangerschaft und bei nicht verhütenden Frauen im gebärfähigen Alter nicht empfohlen. Bei Frauen im gebärfähigen Alter sollte vor Behandlungsbeginn ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Sowohl männliche als auch weibliche Patienten (mit Fortpflanzungspotenzial) sollten darauf hingewiesen werden, während und noch mindestens eine Woche nach der letzten Einnahme eine wirksame Verhütungsmethode anzuwenden; bei Frauen ist eine zusätzliche Barriere-Methode zu empfehlen. Da ein Risiko für das gestillte Kind nicht ausgeschlossen werden kann, sollte während der Behandlung abgestillt werden.

Packshot

Vorläufige Bewertung

Sprunginnovation

Letzte Aktualisierung: 30.08.2021

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