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ARZNEISTOFFE

Olaparib|Lynparza®|86|2015

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Olaparib
FERTIGARZNEIMITTEL
Lynparza®
HERSTELLER

AstraZeneca

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2015
DARREICHUNGSFORM

100 mg Filmtabletten

150 mg Filmtabletten

ATC-CODE
L01XK01
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Lynparza ist zugelassen als Monotherapie für die Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patientinnen mit Platin-sensitivem Rezidiv eines BRCA-mutierten high grade serösen epithelialen Eierstock-, Eileiter- oder Peritoneal-Karzinoms. Vor Behandlungsbeginn muss in Blut oder Tumorgewebe eine Mutation an BRCA1 oder BRCA2 nachgewiesen sein.

 

Es ist als Monotherapie außerdem zugelassen zur Erhaltungstherapie von erwachsenen Patientinnen mit einem Platin-sensitiven Rezidiv eines high-grade epithelialen Ovarialkarzinoms, Eileiterkarzinoms oder primären Peritonealkarzinoms, die auf eine Platin-basierte Chemotherapie ansprechen (vollständig oder partiell).

 

Lynparza in Kombination mit Bevacizumab ist außerdem zugelassen als Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patientinnen mit einem fortgeschrittenen high-grade epithelialen Ovarialkarzinom, Eileiterkarzinom oder primären Peritonealkarzinom, die nach einer abgeschlossenen Platin-basierten Erstlinien-Chemotherapie in Kombination mit Bevacizumab ein Ansprechen (vollständig oder partiell) haben und deren Tumor mit einem positiven Status der homologen Rekombinations-Defizienz (HRD) assoziiert ist. Der Status HRD-positiv ist definiert entweder durch eine BRCA1/2-Mutation und/oder genomische Instabilität.

 

Lynparza als Monotherapie oder in Kombination mit einer endokrinen Therapie ist zugelassen für die adjuvante Behandlung von erwachsenen Patienten mit Keimbahn-BRCA1/2-Mutationen, die ein HER2-negatives Mammakarzinom im Frühstadium mit hohem Rezidivrisiko haben und zuvor mit neoadjuvanter oder adjuvanter Chemotherapie behandelt wurden.

 

Es ist außerdem zugelassen als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit BRCA1/2-Mutationen in der Keimbahn, die ein HER2-negatives, lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom haben. Die Patienten sollten zuvor mit einem Anthrazyklin und einem Taxan im (neo)adjuvanten oder metastasierten Setting behandelt worden sein, es sei denn, sie waren für diese Behandlungen nicht geeignet. 
Patienten mit Hormonrezeptor (HR)-positivem Mammakarzinom sollten außerdem eine Krankheitsprogression während oder nach einer vorherigen endokrinen Therapieauf aufweisen oder für eine endokrine Therapie nicht geeignet sein.

 

Lynparza ist darüber hinaus zugelassen als Monotherapie für die Erhaltungstherapie von erwachsenen Patienten mit Keimbahn-BRCA1/2- Mutationen, die ein metastasiertes Adenokarzinom des Pankreas haben und deren Erkrankung nach einer mindestens 16-wöchigen Platin-haltigen Behandlung im Rahmen einer Erstlinien-Chemotherapie nicht progredient war.

Lynparza ist außerdem als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) und BRCA1/2- Mutationen (in der Keimbahn und/oder somatisch), deren Erkrankung nach vorheriger Behandlung, die eine neue hormonelle Substanz (new hormonal agent) umfasste, progredient ist.

 

In Kombination mit Abirateron und Prednison oder Prednisolon ist es außersem zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit mCRPC, bei denen eine Chemotherapie nicht klinisch indiziert ist.

Wirkmechanismus

Olaparib ist der erste zugelassene Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der PARP-Inhibitoren. Im menschlichen Organismus kommt es regelmäßig zu Einzelstrangbrüchen der DNA. PARP behebt diese Brüche mittels der sogenannten Basenexzisionsreparatur. 

 

Wird das Enzym gehemmt, können die Einzelstrangbrüche nicht mehr repariert werden, und in der Folge kommt es bei der nächsten Zellteilung zu Doppelstrangbrüchen. Zellen mit funktionierenden BRCA-Genen können diese Doppelstrangbrüche durch homologe Rekombination ausgleichen. Ist jedoch die Funktion der BRCA-Gene aufgrund einer Mutation defekt, besteht diese Möglichkeit nicht, und die Zelle stirbt (Apoptose). Das Prinzip wird auch als synthetische Letalität bezeichnet.

Anwendungsweise und -hinweise

Für Monotherapie oder für die Kombination mit Bevacizumab beim Ovarialkarzinom oder für die Kombination mit Abirateron und Prednison oder Prednisolon beim Prostatakarzinom oder endokriner Therapie beträgt die empfohlene Dosis zweimal täglich 300 mg Olaparib  (zwei 150-mg-Tabletten), entsprechend einer Tagesgesamtdosis von 600 mg. Die 100-mg-Tablette steht für Dosisreduktionen zur Verfügung.

 

Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Wenn ein Patient die Einnahme vergessen hat, sollte die nächste normale Dosis zur geplanten Zeit eingenommen werden.

 

Bei Patientinnen, die eine Platin-basierten Chemotherapie erhalten, sollte die Behandlung mit Lynparza spätestens acht Wochen nach der letzten Chemotherapie-Dosis der begonnen werden.

 

Bei Patienten mit mäßig oder stark eingeschränkter Nierenfunktion ist eine Abwägung von Nutzen und Risiko erforderlich, bei eingeschränkter Leberfunktion wird von der Einnahme abgeraten.

 

In Studien zeigte Olaparib eine hämato­logische Toxizität, die sich durch An­ämie, Neutropenie, Thrombozytopenie und Lymphopenie äußerte. Daher sollten Patienten die Therapie erst beginnen, wenn sich die Spiegel von Hämoglobin, Thrombozyten und Neutrophilen von einer vorangegangenen Krebsbehandlung erholt haben. Zudem sollte vor Behandlungsbeginn und in regelmäßigen Abständen ein großes Blutbild gemacht werden. In seltenen Fällen wurde über das Auftreten eines myelodysplastisches Syndrom beziehungsweise einer akuten myeloischen Leukämie berichtet.

Wichtige Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von Olaparib und starken CYP3A-Induktoren oder -Inhibitoren sollte vermieden werden. Da Olaparib CYP3A4 hemmen kann, ist bei der gleichzeitigen Einnahme von Substraten dieses Enzyms Vorsicht geboten.

 

Olaparib hemmt in vitro die Transportproteine PGP, BCRP, OATP1B1, OCT1 und OCT2 und erhöht daher möglicherweise die Exposition von Substraten dieser Transporter. Insbesondere Statine sollten deshalb in Kombination mit Olaparib mit Vorsicht angewendet werden.

 

Die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva kann bei gleichzeitiger Anwendung von Olaparib verringert sein.

Nebenwirkungen

Als häufigste Nebenwirkungen traten in Studien zu Olaparib bei mehr 10 Prozent der Patienten Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Dyspepsie, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Schwindel, verminderter Appetit, An­ämie, Neutropenie, Lymphopenie, erhöhte Kreatininwerte sowie ein erhöhtes mittleres korpuskuläres Volumen auf. Eine Dosisreduktion auf 200 mg zweimal täglich kann in Betracht gezogen werden. Ist eine weitere finale Reduktion erforderlich, kann die Dosis auf 100 mg zweimal täglich gesenkt werden.

 

Eine kleine Anzahl von Patienten entwickelte unter der Therapie eine Lungenentzündung. Daher sollte die Therapie sofort abgebrochen werden, wenn neue oder sich verschlechternde Atemsymptome wie Dyspnoe, Husten oder Fieber auf­treten.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Das Stillen ist während der Behandlung und einen Monat lang nach Einnahme der letzten Dosis kontraindiziert.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Ausschlaggebend für die Zulassung waren die Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit 265 Patientinnen mit Platin-sensitivem, high-grade serösem Ovarial­karzinom, in der Olaparib das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu Placebo signifikant von 4,3 Monaten auf 11,2 Monate verlängerte. Das Gesamtüberleben lag unter Olaparib bei 34,9 Monaten und unter Placebo bei 31,9 Monaten. Die Zeit bis zur nächsten Folgetherapie konnte signifikant von 6,3 auf 15,6 Monate verlängert werden. Gleiches gilt für die zweite nachfolgende Therapie (von 15,2 auf 23,8 Monate). Die Lebensqualität wurde durch Olaparib nicht beeinträchtigt. Weitere Studien sollen Nutzen und Sicherheit von Olaparib bei der Therapie des Ovarialkarzinoms bestätigen.

Hintergrundinfos

Das Ovarialkarzinom ist mit jährlich 7500 Neuerkrankungen in Deutschland die fünfthäufigste Tumorerkrankung der Frau. Die Prognose ist schlecht. Lediglich rund 40 Prozent der Patientinnen überleben die ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung. 

 

Die hohe Sterblichkeit ist hauptsächlich dadurch bedingt, dass Eierstockkrebs aufgrund der unspezifischen Symptome und des Mangels an etablierten effektiven Früherkennungs­möglichkeiten häufig in einem späten Stadium dia­gnos­ti­ziert wird, wenn eine kurative Therapie oft nicht mehr möglich ist.

 

Die am häufigsten diagnostizierte Form ist das high grade seröse Karzinom. Dieser Subtyp macht schätzungs­weise 60 bis 80 Prozent der Krebs­erkrankungen der Eierstöcke aus und stellt die aggressivste Form der Krankheit dar. Eine Schlüsselrolle kommt hier BRCA-Gen­mu­ta­tionen zu, denn sie gehen mit einer fünf- bis zwanzigfachen Risikoerhöhung für die Entwicklung eines Eierstocktumors einher.

Besonderheiten

Für die Lagerung von Lynparza Filmtabletten sind keine besonderen Temperaturen vorgeschrieben. Das Arzneimittel ist in der Originalverpackung aufzubewahren, um es vor Feuchtigkeit zu schützen.

 

Lynparza ist verscheibungspflichtig.

Formeln

Olaparib

Olaparib

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

Olaparib.wrl

Links

Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)

 

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels

 

Nutzenbewertung des G-BA vom 01.09.2015 (aufgehoben)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 13.09.2018 (Ovarialkarzinom)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.10.2019 (Mammakarzinom)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.10.2019 (Ovarialkarzinom; Erstlinie Erhaltung)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.03.2021 (Pankreaskarzinom)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.03.2021 (Prostatakarzinom)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 10.03.2021 (Ovarialkarzinom; Erstlinie Erhaltung in Kombination mit Bevacizumab) (aufgehoben)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 28.11.2022 (Mammakarzinom, adjuvant)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 30.01.2023 (Ovarialkarzinom; Erstlinie Erhaltung in Kombination mit Bevacizumab)

Weitere Hinweise

Olaparib kann den Fetus schädigen. Daher muss vor Behandlungsbeginn eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Während der Therapie und bis einen Monat nach deren Ende muss die Patientin eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Da Olaparib möglicherweise die Wirkung hormoneller Kontrazeptiva abschwächen kann, sind zusätzlich nicht hormonelle Verhütungsmethoden in Betracht zu ziehen und regelmäßig ein Schwangerschaftstest zu machen. Während der Einnahme und bis einen Monat danach darf nicht gestillt werden.

Packshot

Letzte Aktualisierung: 12.04.2023

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