Brentuximab Vedotin|Adcetris®|86|2012 |
Takeda Pharma
50 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Adcetris ist zugelassen für Erwachsene mit bisher unbehandeltem CD30-positiven Hodgkin-Lymphom (CD30+ HL) im Stadium IV. Hier wird es in Kombination mit Doxorubicin, Vinblastin und Dacarbazin angewendet. Es ist außerdem zugelassen bei Patienten mit rezidiviertem oder therapierefraktärem CD30-positiven Hodgkin-Lymphom (CD30+ HL), die bereits eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) oder mindestens zwei andere Therapien bekommen haben, sowie bei erwachsenen CD30+-HL-Patienten mit erhöhtem Rezidiv- oder Progressionsrisiko.
Ferner wird es in Kombination mit Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednisolon angewendet bei Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem systemischen anaplastischen großzelligen Lymphom (sALCL).
Adcetris ist außerdem zugelassen zu Behandlung von Erwachsenen mit CD30+ kutanem T-Zell-Lymphom nach mindestens einer vorausgegangenen systemischen Behandlung.
Brentuximab Vedotin ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat. Es besteht aus einem monoklonalen Antikörper, genauer einem chimären Immunglobulin G1, das sich gegen CD30-Oberflächenmoleküle richtet, und dem Zytostatikum Monomethyl-Auristatin E (MMAE), das in den Mikrotubuli-Apparat der Zelle eingreift. MMAE ist über einen Linker kovalent an den Antikörper gebunden.
Der Antikörper des Konjugats wirkt als spezifisches Vehikel: Es bringt das Zytostatikum zielgenau an seinen Wirkort. Dies ist möglich, da die Zellen beider Lymphom-Typen auf ihrer Oberfläche CD30-Moleküle exprimieren, und zwar unabhängig vom Krankheitsstadium oder Transplantationsstatus. Das Antikörper-Konjugat bindet exakt an CD30, und der gesamte Komplex wird in die Zelle aufgenommen. Dort wird das Zytostatikum abgespalten und kann an Tubulin binden. Die Störung des Mikrotubuli-Apparats unterbricht den Zellzyklus und führt damit zum Zelltod (Apoptose) der CD30-positiven Lymphomzelle.
Dosierung und Anwendungsdauer von Brentuximab Vedotin richten sich nach der Diagnose. Beim bisher unbehandelten Hodgkin-Lymphom (HL) beträgt die empfohlene Dosis 1,2 mg pro kg Körpergewicht. Sie wird als intravenöse Infusion über 30 Minuten am 1. und 15. Tag eines 28-Tage-Zyklus über 6 Zyklen gegeben.
Für HL-Patienten mit mit einem erhöhten Risiko für ein Rezidiv oder eine Progression werden 1,8 mg/kg KG alle drei Wochen über bis zu 16 Zyklen empfohlen. Diese Dosierung gilt auch für ein rezidiviertes oder refraktäres HL. Hier soll die Gabe bis zum Progress oder zum Auftreten nicht tolerierbarer Toxizität erfolgen, bei Stbilisierung oder Besserung über mindestens 8 und bis zu 16 Zyklen.
Beim bisher unbehandelten systemischen anaplastischen großzelligen Lymphom (sALCL) werden ebenfalls 1,8,mg/kg KG empfohlen, die alle 3 Wochen über 6 bis 8 Zyklen gegeben werden sollen, beim rezidivierten sALCL bis zum Progress oder zum Auftreten nicht tolerierbarer Toxizität , bei Stabilisierung oder Besserung über mindestens 8 und bis zu 16 Zyklen.
Patienten mit kutanem T-Zell-Lymphom sollten alle drei Wochen 1,8 mg/kg KG über bis zu 16 Zyklen erhalten.
Bei Patienten mit einem Körpergewicht von über 100 kg soll die Berechnung der Dosis mit dem Wert 100 kg erfolgen.
Anpassungen bei der Höhe der Dosierung oder beim Dosisintervall können bei bestimmten Nebenwirkungen erforderlich sein. Patienten mit eingeschränkter Nieren- und/oder Leberfunktion sollten engmaschig überwacht werden. Bei schwerer Einschränkung der Nierenfunktion oder mittelschwerer bis schwerer Einschränkung der Leberfunktion sollte Adcetris nicht gegeben werden.
Die gleichzeitige Gabe von starken CYP3A4-Inhibitoren kann die Wirkung des Antimikrotubuli-Wirkstoffs MMAE deutlich erhöhen, beeinflusst die Plasma-Exposition von Brentuximab Vedotin jedoch nicht. Das Risiko für Neutropenien kann dadurch steigen. Unbeeinflusst bleibt der Plasmaspiegel von Brentuximab Vedotin auch bei CYP3A4-Induktoren, die Wirkung von MMAE kann durch sie jedoch vermindert werden. Eine gegenseitige Beeinflussung von CYP3A4-Substraten konnten nicht festgestellt werden.
Bei fast jedem fünften Patienten der unten angeführten Studien führten Nebenwirkungen zum Abbruch der Behandlung mit Brentuximab Vedotin. Die häufigsten Nebenwirkungen waren periphere Neuropathie, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, Neutropenie, Fieber und Infektionen der oberen Atemwege. Bei den schweren Nebenwirkungen wurden darüber hinaus beobachtet: Thrombozytopenie, Verstopfung, Hyperglykämie, demyelinisierende Polyneuropathie, Tumorlyse-Syndrom (durch den massiven Zellzerfall bei rasch proliferierenden Tumoren oder hoher Tumorlast) und Stevens-Johnson-Syndrom, eine lebensbedrohliche allergische Reaktion an Haut und Schleimhäuten.
In der Fachinformation wird zudem vor einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) gewarnt. Diese seltene demyelinisierende Erkrankung des zentralen Nervensystems kann zum Tod führen. Kognitive, neurologische oder psychiatrische Veränderungen können auf ein PML hinweisen.
Die kombinierte Anwendung von Bleomycin und Brentuximab Vedotin verursacht pulmonale Toxizität.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
In einer Phase-II-Studie wurde Brentuximab Vedotin bei 102 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Hodgkin-Lymphom geprüft. Alle hatten vorher eine ASCT bekommen und bei allen exprimierte der Tumor das CD30-Antigen. Drei Viertel der Patienten sprachen komplett oder partiell an (sogenannte objektive Ansprechrate), und bei 94 Prozent ging die Tumorlast zurück. Eine komplette Remission erreichte ein Drittel der Patienten. Das mediane Gesamtüberleben lag bei 27 Monaten.
Laut einer Phase-I-Studie und anderen Beobachtungen erreichten 54 Prozent der Hodgkin-Patienten, die noch keine ASCT bekommen hatten, ein objektives Ansprechen. Jeder fünfte sprach komplett an.
Ähnlich gut sind die Ergebnisse einer offenen einarmigen Phase-II-Studie mit 58 Patienten mit dem Lymphomtyp ALCL. Die objektive Ansprechrate lag bei 86 Prozent und hielt median gut 13 Monate an. 59 Prozent hatten sogar eine komplette Remission. Bei fast allen ging die Tumorlast zurück.
Adcetris ist im Kühlschrank (2–8 °C) zu lagern.
Die gebrauchsfertige Lösung sollte aus mikrobiologischen Gründen sofort verwendet werden. Physikalische und chemische Stabilität sind für 24 Stunden nachgewiesen, wenn das Arzneimittel bei 2–8 °C aufbewahrt wird.
Adcetris ist verschreibungspflichtig.
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels
Nutzenbewertung des G-BA vom 01.03.2013
Nutzenbewertung des G-BA vom 01.11.2016
Nutzenbewertung des G-BA vom 16.04.2018
Nutzenbewertung des G-BA vom 17.06.2019
Nutzenbewertung des G-BA vom 15.09.2020 (aufgehoben)
Während und bis zu sechs Monate nach der Therapie mit Brentuximab Vedotin sollten Frauen im gebärfähigen Alter zwei zuverlässige Verhütungsmethoden anwenden.
Über die Anwendung in der Stillzeit gibt es nur wenige Informationen. Ein Risiko für den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Eine Entscheidung über Fortsetzung oder Unterbrechung des Stillens oder der Therapie mit Adcetris sollte unter Abwägung von Nutzen und Risiken getroffen werden.
Die Behandlung mit Brentuximab Vedotin kann möglicherweise die männliche Fertilität beeinflussen. Männern wird empfohlen, vor der Behandlung Spermien einfrieren zu lassen. Während und bis zu sechs Monate nach Ende der Behandlung sollten sie kein Kind zeugen.
Letzte Aktualisierung: 30.05.2022