Bortezomib|Velcade®|86|2004 |
Janssen-Cilag
3,5 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung
Velcade ist als Monotherapie und in verschiedenen Kombinationen zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit progressivem multiplem Myelom nach mindestens einer vorangegangenen Therapie sowie bei bisher nicht behandelten Patienten mit dieser Erkrankung. Es ist außerdem zugelassen in Kombinationstherapien bei erwachsenen Patieten mit bisher unbehandeltem Mantelzell-Lymphom, für die eine hämatopoetische Stammzelltransplantation nicht in Frage kommt.
Der Proteasom-Inhibitor Bortezomib greift einen Multiproteasen-Komplex an, der eine zentrale Rolle in der Stoffwechselregulierung von Proteinen spielt, die an Zellwachstum und -tod beteiligt sind. Er hemmt spezifisch die Chymotrypsin-artige Aktivität des ubiquitär vorkommenden 26S-Proteasoms in Säugetierzellen. Dieses Proteasom ist ein großer Proteinkomplex, der Ubiquitin-gebundene Proteine abbaut und eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Metabolisierung bestimmter Proteine und damit für den Erhalt der Homöostase innerhalb der Zellen spielt. Die Hemmung des Proteasoms unterbricht die Proteolyse und eine Vielzahl von Signalkaskaden innerhalb der Zelle, was letztlich zum Absterben der Zelle führt. Unter anderem werden Regulatorproteine verändert, die den Verlauf der Zellzyklen und die Aktivierung von NF-κB kontrollieren. Die Hemmung der Proteasomen führt zu einem Stillstand im Zellzyklus und zu Apoptose. In Experimenten konnte gezeigt werden, dass Krebszellen anfälliger für die Apoptose-induzierenden Wirkungen sind als normale Zellen, die aber auch angegriffen werden.
Der Wirkstoff wird als gefriergetrocknetes Pulver in Form eines dipeptidischen Mannitol-Boronsäureesters angeboten. Nach der Zubereitung steht der Mannitolester im Gleichgewicht mit seinem Hydrolyseprodukt.
In der ambulanten Therapie des multiplen Myeloms werden mehrere Zyklen verabreicht, die von einem behandlungsfreien Intervall unterbrochen werden, in denen sich die Proteasomen der gesunden Zellen wieder regenerieren können. Nach 72 Stunden sollen sie sich vollständig erholt haben. Angestrebt wird, die Proteasomen-Aktivität zu 80 Prozent zu hemmen, 20 Prozent Aktivität sollen erhalten bleiben, um die Regulation des Stoffwechsels in den gesunden Zellen zu gewährleisten.
In-vitro-Untersuchungen weisen darauf hin, dass Bortezomib eine schwacher Inhibitor der CYP-Isoenzyme 1A2, 2C9, 2C19, 2D6 und 3A4 ist. CYP2D6 ist nur in begrenztem Ausmaß an der Metabolisierung von Bortezomib beteiligt.
Patienten, die Bortezomib zusammen mit potenten CYP3A4-Inhibitoren, zum Beispiel Ketoconazol oder Ritonavir, erhalten, müssen engmaschig überwacht werden.
Die gleichzeitige Anwendung von CYP3A4-Induktoren, wie etwa Carbamazepin, Phenytoin oder Johanniskraut, wird nicht empfohlen.
Bei Patienten, die oralen Antidiabetika erhalten, ist möglicherweise eine häufigere Kontrolle der Blutzuckerwerte und gegebenenfalls eine Dosisanpassung der Antidiabetika erforderlich.
Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Bortezomib waren gastrointestinale Symptome (Erbrechen, Diarrhö, Obstipation), Thrombozytopenie, periphere Neuropathie und Fatigue.
Bei Patienten mit akuten infiltratativen pulmonalen oder perikardialen Erkrankungen darf Bortezomib nicht angewendet werden.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
In der SUMMIT-Studie, einer offenen multizentrischen Phase-II-Studie, die 2003 zur beschleunigten Zulassung von Bortezomib in den USA führte, erhielten 202 Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplen Myelom mit mindestens zwei vorhergehenden Therapielinien Bortezomib. Die Substanz wurde intravenös als Bolus an den Tagen 1, 4, 8 und 11 mit anschließender 10-tägiger Pause injiziert. Die Patienten sollten acht Therapiezyklen erhalten. Bei einer kompletten Remission (CR) wurden zwei weitere Zyklen gegeben. Primärer Endpunkt waren die Ansprechraten, sekundäre Endpunkte Sicherheit, Lebensqualität und klinischer Nutzen. Insgesamt sprachen 35 Prozent der ausgewerteten 193 Patienten auf Bortezomib an. Knapp 28 Prozent erzielten eine komplette oder partielle Remission. 59 Prozent erreichten mindestens eine Stabilisierung. Dabei betrug die mediane Zeit bis zum Ansprechen 38 Tage (zwei Zyklen). 80 Prozent der Responder erreichten die erste Response innerhalb von 59 Tagen (drei Zyklen). Die Linderung von Schmerzen oder anderen Symptomen war signifikant, auch das individuelle Befinden der Patienten besserte sich deutlich.
Eine Phase-III-Studie (APEX) an 670 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplen Myelom, die entweder Bortezomib oder hoch dosiertes Dexamethason erhielten, wurde vorzeitig beendet, da sich bereits in einer Zwischenanalyse zeigte, dass die Zeit bis zur Progression (primärer Endpunkt) in der Bortezomib-Gruppe signifikant verlängert war.
Das multiple Myelom ist eine Krebserkrankung, die vor allem das Knochenmark befällt und unheilbar ist. Durch eine Aktivierung der Osteoklasten entstehen im Verlauf der Krankheit Osteolysen, die mit Brüchen und schmerzhaften Sinterungen an der Wirbelsäule einhergehen. Es kommt zu einer Verdrängung des Knochenmarks und infolgedessen zu Anämien, Blutungen und Infektionen.
Velcade ist bei Temperaturen nicht über 30 °C sowie unter Lichtschutz (Umkarton) zu lagern.
Velcade ist verschreibungspflichtig.
Bortezomib
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Frauen in gebärfähigem und Männer in zeugungsfähigem Alter müssen während und bis drei Monate nach Abschluss der Behandlung mit Velcade eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Während der Schwangerschaft darf Velcade nur angewendet werden, wenn dies zwingend erforderlich ist. Es wird empfohlen, während der Behandlung nicht zu stillen.
Letzte Aktualisierung: 12.04.2016