Dinutuximab|Unituxin®|86|2016 |
United Therapeutics Europe
In Deutschland nicht mehr auf dem Markt
Unituxin ist als Teil einer Firstline-Therapie zur Behandlung von Kindern mit Hochrisiko-Neuroblastom zugelassen. Angewendet werden darf das Orphan-Drug bei Kindern im Alter von 1 bis 17 Jahren, die zunächst auf eine Chemotherapie angesprochen und sich anschließend einer myeloablativen Therapie sowie einer Stammzelltransplantation unterzogen haben.
Dinutuximab bindet spezifisch an das Gangliosid GD2, das auf der Oberfläche von Neuroblastom-Zellen überexprimiert wird. Dadurch ruft der Antikörper eine zelltoxische Reaktion hervor, die vom Immunsystem vermittelt wird. Zudem wird GD2 auch minimal auf der Oberfläche von normalen menschlichen Neuronen, peripheren Schmerzfasern und Melanozyten der Haut exprimiert.
Unituxin ist ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung; seine Anwendung ist ausschließlich auf Krankenhäuser beschränkt.
Die Anwendung ist eingebettet in ein aus fünf Zyklen mit GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor), Interleukin-2 und Isotretinoin bestehendes komplexes Behandlungsschema. Die tägliche Dosis beträgt 17,5 mg/m2 Körperoberfläche, die Infusionsdauer zehn Stunden. Jeder einzelne Zyklus dauert etwa 24 Tage (Zyklen 1, 3 und 5) beziehungsweise etwa 28 Tage (Zyklen 2, 4 und 6), wobei Dinutuximab nur an vier Tagen jedes Zyklus verabreicht wird.
Bei 14 Prozent der Patienten traten in den klinischen Studien schwerwiegende anaphylaktische beziehungsweise allergische Reaktionen auf. Daher sollte 20 Minuten vor Infusionsbeginn eine Prämedikation mit einem Antihistaminikum begonnen werden, die alle vier bis sechs Stunden wiederholt werden sollte. Um auf potenzielle lebensbedrohliche allergische Reaktionen vorbereitet zu sein, sollten Epinephrin und intravenöses Hydrocortison parat stehen. Bei fast der Hälfte der Patienten kam es zu einem Kapillarlecksyndrom. Dabei tritt infolge einer stark erhöhten Permeabilität der Kapillargefäße massiv Plasma in das Interstitium aus. Infolgedessen kommt es zu generalisierten Ödemen, Hypotonie, Dyspnoe, Lungenödemen und akutem Nierenversagen verbunden mit Hypoalbuminämie und Hämokonzentration. In diesen Fällen wird als symptomatische Therapie empfohlen, orales Metolazon oder intravenöses Furosemid alle sechs bis zwölf Stunden je nach Bedarf zu geben. Eine weitere mögliche Nebenwirkung von Dinutuximab waren starke Schmerzen, unter denen 41 Prozent der Patienten litten. Daher sollten Analgetika einschließlich intravenöser Opioide vor und bis zu zwei Stunden nach jeder Unituxin-Dosis gegeben werden. Des Weiteren traten bei 25 Prozent der Patienten Elektrolytstörungen auf. Die Elektrolyte sollten daher täglich überwacht werden. Auch die Leberwerte sollten regelmäßig überprüft werden.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen von Dinutuximab gehören unter anderem Hypotonie, Schmerzen, Überempfindlichkeit, Fieber, Nesselfieber, Kapillarlecksyndrom, Anämie, Hypokaliämie, Hyponatriämie sowie eine verminderte Neutrophilen-, Lymphozyten- und Thrombozytenzahl.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die Zulassung von Dinutuximab basiert unter anderem auf einer randomisierten kontrollierten Studie mit 226 Hochrisiko-Neuroblastom-Patienten im Alter von 11 Monaten bis 15 Jahren. Die Probanden hatten zuvor eine Chemotherapie sowie eine nachfolgende autologe Stammzelltransplantation erhalten. Sie wurden randomisiert entweder der Standardtherapie (Isotretinoin) oder der Dinutuximab-Immuntherapie zugeordnet (Dinutuximab, GM-CSF, Interleukin-2, Isotretinoin). Als primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben definiert. Diesen erreichten nach zwei Jahren 66 Prozent der Dinutuximab-Immuntherapie-Patienten, in der Standardtherapie-Gruppe waren es 48 Prozent. Auch beim sekundären Endpunkt, dem Gesamtüberleben, zeigte sich die Antikörper-Immuntherapie-Therapie dem Standard überlegen. Nach etwa drei Jahren lebten noch 80 Prozent der Dinutuximab-Patienten im Vergleich zu 67 Prozent der Isotretinoin-Patienten.
Die Firma United Therapeutics hat die EU-Zulassung für das Dinutuximab-haltige Präparat Unituxin zurückgezogen. Eine Therapielücke für Kinder mit Hochrisiko-Neuroblastom droht dennoch nicht. Dank des von der EU-Kommission zugelassenen Präparats Dinutuximab beta Apeiron von der Firma Eusa Pharma können Ärzte in der EU weiterhin den Antikörper einsetzen. Enthalten ist in dem Präparat der Wirkstoff Dinutuximab beta, der dem in Unituxin enthaltenen Dinutuximab sehr ähnlich ist. Er wurde nur in einer anderen Zelllinie produziert: Dinutuximab in einer murinen Myelomzelllinie, Dinutixmab beta in Eierstockzellen des chinesischen Hamsters.
Der Wirkmechanismus ist bei beiden Versionen gleich: Die Antikörper binden spezifisch an das Gangliosid GD2, das auf der Oberfläche von Neuroblastom-Zellen überexprimiert wird. Dadurch rufen sie eine zelltoxische Reaktion hervor, die vom Immunsystem vermittelt wird.
Das Orphan Drug Dinutuximab, das erst 2016 auf den deutschen Markt gekommen war, wurde bei Kindern im Alter von 1 bis 17 Jahren eingesetzt, die zunächst auf eine Chemotherapie angesprochen und sich anschließend einer myeloablativen Therapie sowie einer Stammzelltransplantation unterzogen hatten.
Medienberichten zufolge will sich der Hersteller zunächst auf den US-amerikanischen Markt konzentrieren und nahm Unituxin daher in Europa vom Markt. Er plane aber, die Kapazitäten für die Produktion zu erhöhen und strebe in einigen Jahren die Rückkehr auf den europäischen Markt an, um dann die Versorgung aller Patienten sicherstellen zu können.
Unituxin ist bei Temperaturen von 2 bis 8 °C (Kühlschrank) zu lagern.
Unituxin ist verschreibungspflichtig.
Letzte Aktualisierung: 26.02.2020