Pharmazeutische Zeitung online
ARZNEISTOFFE

Neratinib|Nerlynx®|86|2019

STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Neratinib
FERTIGARZNEIMITTEL
Nerlynx®
HERSTELLER

Pierre Fabre Pharma

MARKTEINFÜHRUNG (D)
12/2019
DARREICHUNGSFORM

40 mg Filmtabletten

ATC-CODE
L01EH02
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Nerlynx ist zugelassen zur Behandlung von Brustkrebs. Es kommt für die erweiterte adjuvante Behandlung beim Hormonrezeptor-positiven, HER2-überexprimierten/-amplifizierten Brustkrebs in einem frühen Stadium infrage. Voraussetzung ist, dass die Patienten vor weniger als einem Jahr eine Trastuzumab-basierte adjuvante Therapie abgeschlossen haben.

Wirkmechanismus

Neratinib ist ein Tyrosinkinase-Hemmer. Es bindet an unterschiedliche epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptoren, unter anderem an den HER2-Rezeptor. Die Rezeptorblockade führt zu einer nachhaltigen Hemmung der wachstumsfördernden Wege bei HER2-verstärktem oder überexprimiertem Brustkrebs.

Anwendungsweise und -hinweise

Die Behandlung mit Neratinib muss innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Trastuzumab-Therapie begonnen werden. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 240 mg, entsprechend sechs Tabletten à 40 mg. Diese Dosis sollte ein Jahr lang einmal täglich eingenommen werden, bevorzugt morgens und zu einer Mahlzeit. Verpasste Dosen dürfen nicht nachgeholt werden; die Behandlung muss mit der nächsten planmäßigen Tagesdosis fortgesetzt werden.

 

Patienten sollten auf den Verzehr von Grapefruit oder Granatapfel beziehungsweise Grapefruit- oder Granatapfelsaft verzichten.

 

Die mit Abstand häufigste Nebenwirkung mit beliebigem Schweregrad ist Durchfall (94 Prozent). Patienten sollten daher eine prophylaktische Durchfallbehandlung zusammen mit der ersten Nerlynx-Dosis beginnen und diese die ersten ein bis zwei Monate einnehmen.

 

Da unter der Behandlung Hepatotoxizität beobachtet wurde, sollten engmaschig Leberfunktionstests (ALT, AST und Gesamtbilirubin) durchgeführt werden.

 

Die HER2-Hemmung scheint mit einer linksventrikulären Dysfunktion assoziiert zu sein. Bei Patienten mit bekannten Herz-Risikofaktoren sollte eine Herzüberwachung durchgeführt werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Neratinib wird hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert und ist ein Substrat von PGP.

 

Die gleichzeitige Anwendung von Neratinib mit starken CYP3A4-/PGP-Induktoren ist kontraindiziert. Dazu gehören unter anderem Phenytoin, Carbamazepin, Rifampicin oder Johanniskrautpräparate. Die gleichzeitige Anwendung von moderaten CYP3A4/PGP-Induktoren wird nicht empfohlen. Dazu gehören unter anderem Bosentan, Efavirenz, Etravirin, Phenobarbital, Primidon und Dexamethason. Sie können die Wirkspiegel von Neratinib senken.

 

Die gleichzeitige Gabe von Neratinib mit starken oder moderaten CYP3A4-/PGP-Hemmern sollte vermieden werden, da sie die Neratinib-Blutspiegel und damit das Risiko für Nebenwirkungen signifikant erhöhen können. Starke Inhibitoren sind unter anderem Atazanavir, Nefazodon und Cobicistat. Zu den moderaten Inhibitoren gehören Ciprofloxacin, Voriconazol und Verapamil. Grapefruit und Granatapfel sowie Grapefruit- und Granatapfelsaft können die Plasmakonzentration von Neratinib ebenfalls erhöhen und sollten vermieden werden.

 

Neratinib hemmt seinerseits PGP-Efflux-Transporter. Patienten, die PGP-Substrate mit engem therapeutischen Fenster erhalten, sollten daher sorgfältig überwacht werden.

 

Die gleichzeitige Behandlung mit PPI oder H2-Antagonisten wird nicht empfohlen. Nerlynx sollte mindesten zwei Stunden vor oder zehn Stunden nach Einnahme des H2-Antagonisten eingenommen werden. Bei Antacida sollte ein zeitlicher Abstand von drei Stunden vor und nach Einnahme von Nerlynx eingehalten werden.

 

Da nicht bekannt ist, ob Neratinib die Wirkung hormoneller Kontrazeptiva beeinflusst, sollte zusätzlich eine Barrieremethode angewendet werden.

 

Neratinib hat womöglich eine leicht hemmende Wirkung auf das Brustkrebsresistenzprotein BCRP. Patienten, die BRCP-Hemmer wie Rosuvastatin einnehmen, sollten sorgfältig überwacht werden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen jeden Grades in Studien zu Neratinib waren Durchfall, Übelkeit, Müdigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Ausschlag, verminderter Appetit, Stomatitis und Muskelkrämpfe.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Kontraindiziert ist Neratinib bei schwerer Leberinsuffizienz sowie bei gleichzeitiger Verabreichung bestimmter starker CYP3A4- beziehungsweise PGP-Induktoren wie Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Johanniskraut und Rifampicin.

 

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung von Nerlynx beruht auf der Phase-III-Studie ExteNET mit 2840 HER2-positiven Brustkrebs-Patientinnen, die nach einer adjuvanten Therapie mit Trastuzumab für ein weiteres Jahr entweder Neratinib oder Placebo einnahmen. Als primärer Endpunkt war das Überleben frei von invasiver Erkrankung definiert. Diesen erreichten nach zwei Jahren unter dem Verum 94,2 Prozent gegenüber 91,9 Prozent unter Placebo. Dies entspricht einer Risiko-Reduktion um 34 Prozent (Hazard Ratio 0,66).

Hintergrundinfos

Etwa 20 bis 25 Prozent der Brusttumoren überexprimieren das HER2-Protein. HER2-positiver Brustkrebs ist oft aggressiver als andere Brustkrebsarten und erhöht das Risiko für Krankheitsprogression und Tod. Obwohl Trastuzumab das Rezidivrisiko im Frühstadium nach der Operation reduzieren kann, kommt es bei bis zu 25 Prozent der mit Trastuzumab behandelten Patienten zu einem Rückfall.

Besonderheiten

Für Nerlynx sind keine besonderen Bedingungen in Bezug auf die Lagerungstemperatur einzuhalten. Die Flasche sollte jedoch fest verschlossen gehalten werden, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen.

 

Nerlynx ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Neratinib

Neratinib

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

neratinib.wrl

Weitere Hinweise

Nerlynx kann den Fetus schädigen. Gebärfähige Frauen müssen während der Einnahme und bis einen Monat nach der Behandlung hochwirksame Verhütungsmethoden anwenden. Es ist nicht bekannt, ob Neratinib die Wirksamkeit systemisch wirkender hormoneller Kontrazeptiva beeinflusst. Frauen sollten daher zusätzlich eine Barrieremethode anwenden.

 

Eine Anwendung während der Schwangerschaft sollte nicht erfolgen, außer der klinische Zustand der Frau erfordert die Einnahme. Da ein Risiko für den gestillten Säugling nicht ausgeschlossen werden kann, muss entweder das Stillen beendet oder Neratinib abgesetzt werden.

Letzte Aktualisierung: 28.08.2020

Mehr aus Stoffgruppe 86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva