Vismodegib|Erivedge®|86|2013 |
Roche
150 mg Hartkapseln
Erivedge ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit symptomatischem metastasierten oder lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom (Basal Cell Carcinoma, BCC). Die Zulassung gilt für Patienten, bei denen eine Operation oder Strahlentherapie nicht geeignet ist.
Das niedermolekulare Vismodegib ist der erste Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der Hedgehog-Signalweg-Inhibitoren. Der Hh-Signalweg spielt eine wichtige Rolle in der humanen Embryogenese: Er kontrolliert Zellwachstum und -differenzierung und steuert so die Größe und Ausdifferenzierung von Geweben. In seiner physiologischen Funktion bindet das Protein Hedgehog (englisch: Igel) an das PTCH-Protein der Zelle und unterbricht dessen Hemmwirkung auf das Protein Smoothened (SMO), ein 7-Transmembranrezeptor. Damit wird die Hh-Signalkaskade unterhalb von SMO aktiviert und über Transkriptionsfaktoren letztlich die Genexpression angeregt. Viele Hh-Zielgene sind an der Proliferation, dem Überleben und der Differenzierung von Zellen beteiligt. Bei Erwachsenen ist der Signalweg normalerweise inaktiv. Pathologisch kann er jedoch Liganden-abhängig (parakrin) oder -unabhängig (mutationsbedingt; bei 90 Prozent der BCC) aktiviert sein. Vismodegib bindet spezifisch an den Rezeptor SMO und inhibiert damit sowohl die ligandenabhängige als auch die mutationsbedingte Aktivierung der Signaltransduktion.
Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 150 mg Vismodegib. Die Patienten schlucken die Kapseln unabhängig von den Mahlzeiten als Ganzes und mit Wasser. Die Kapseln dürfen nicht geöffent werden.
Gleichzeitig angewendete CYP-Induktoren können die Verfügbarkeit von Vismodegib verringern. Zu diesen gehören Rifampicin, Carbamazepin, Phenytoin und Johanniskraut. Die gleichzeitige Anwendung von Johanniskraut ist kontraindiziert.
Keine klininsch relevanten Wechselwirkungen werden mit CYP-Inhibitoren, PGP-Inhibitoren oder Arzneistoffen, die den pH-Wert des Magens erhöhen, erwartet.
Vismodegib kann seinerseits die Wirkung kontrazeptiver Steroide vermindern. Es kann außerdem als Inhibitor des BCRP agieren und möglicherweise die Wirkspiegel von BCRP-Substraten erhöhen. Zu diesen gehören unter anderem Rosuvastatin, Topotecan und Sulfasalazin. Eine gleichzeitige Anwendung ist mit Vorsicht durchzuführen.
In vitro ist Vismodegib außerdem ein Inhibitor von OATP1B1. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Vismodegib die Exposition gegenüber Substraten von OATP1B1 erhöhen kann. Zu diesen gehören Bosentan, Ezetimib, Glibenclamid, Repaglinid, Valsartan und Statine. Besonders bei der Anwendung von Vismodegib in Kombination mit einem Statin ist Vorsicht geboten.
Die häufigsten Nebenwirkungen unter der Therapie mit Vismodegib waren Muskelkrämpfe (bei drei Viertel der Patienten), Haarausfall (bei zwei Drittel), Geschmacksstörungen (Dysgeusie), Gewichtsverlust, Müdigkeit, Übelkeit und Diarrhö.
Die gleichzeitige Anwendung von Johanniskraut und Vismodegib ist kontraindiziert. Nicht angewendet werden darf das Arzneimittel außerdem bei Schwangeren und Stillenden sowie bei Frauen, die sich nicht an das Erivedge-Schwangerschafts-Verhütungsprogramm halten.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die Zulassung von Erivedge basiert auf den Ergebnissen der internationalen, multizentrischen, nicht-randomisierten Zwei-Kohorten-Studie ERIVANCE. Die Patienten erhielten einmal täglich 150 mg Vismodegib peroral. Der primäre Endpunkt war die objektive Ansprechrate (ORR; vollständiges und partielles Ansprechen), die von einer unabhängigen Prüfungseinrichtung ermittelt wurde. Laut Fachinformation sprachen von 63 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom (BCC) knapp 48 Prozent an. Bei den 33 Patienten mit metastasiertem Krebs war es ein Drittel. Das mediane progressionsfreie Überleben lag in beiden Gruppen bei 9,5 Monaten. Nach Angaben von Roche war Vismodegib in einer Follow-up-Untersuchung von 18 Monaten noch gut wirksam.
Das Basalzellkarzinom (BCC) ist die häufigste Form des weißen Hautkrebses und bei rechtzeitiger Diagnose gut behandelbar. Schwierig ist die Therapie jedoch dann, wenn der Tumor in ein fortgeschrittenes Stadium übergeht, sich lokal tief in die Haut und das darunterliegende Gewebe ausweitet oder Metastasen bildet. Die Prognose ist schlecht. Da bei etwa 90 Prozent aller BCC eine abnorme Aktivierung des Hedgehog-(Hh)-Signalwegs vorliegt, ist dieser ein gutes therapeutisches Target.
Erivedge ist bei Temperaturen nicht über 30 °C zu lagern.
Erivedge unterliegt der Verschreibungspflicht.
Vismodegib
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Inhibitoren des Hedgehog-Signaltransduktionswegs können embryotoxisch und teratogen wirken. Dies wurde bei mehreren Tierspezies gezeigt. Die Anwendung während der Schwangerschaft kann zum Kindstod oder zu schweren Missbildungen des Kindes führen. Daher dürfen schwangere und stillende Frauen Vismodegib keinesfalls einnehmen. Frauen im gebärfähigen Alter müssen sich strikt an das Erivedge-Schwangerschaftsverhütungsprogramm halten. Dies bedeutet unter anderem, dass sie während der Therapie und noch 24 Monate danach sicher verhüten müssen. Männer müssen während und noch zwei Monate nach der Therapie ein Kondom verwenden.
Letzte Aktualisierung: 30.01.2022