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ARZNEISTOFFE

Teclistamab|Tecvayli®|86|2023

 
STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Teclistamab
FERTIGARZNEIMITTEL
Tecvayli®
HERSTELLER

Janssen

MARKTEINFÜHRUNG (D)
09/2023
DARREICHUNGSFORM

10 mg/ml Injektionslösung

90 mg/ml Injektionslösung

ATC-CODE
L01FX24
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Tecvayli ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplen Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben und deren Erkrankung unter der letzten Therapie fortgeschritten ist. Zu den Vortherapien müssen ein Immunmodulator, ein Proteasom-Inhibitor und ein Anti-CD38-Antikörper zählen. Tecvayli ist zur Monotherapie bestimmt und soll so lange gegeben werden, bis es zu einer Krankheitsprogression oder inakzeptablen Toxizität kommt.

Wirkmechanismus

Teclistamab ist ein bispezifischer Antikörper, der durch die gleichzeitige Bindung an sowohl eine Myelomzelle als auch eine T-Zelle beide einander annähert, was die Aktivierung der T-Zelle sowie die anschließende Lyse und den Tod der Myelomzelle zur Folge hat. Die Zielstruktur, an die Teclistamab auf Myelomzellen bindet, ist das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA). Der zweite »Anker« von Teclistamab auf der T-Zelle ist der CD3-Rezeptor.

Anwendungsweise und -hinweise

Gestartet wird die Therapie mit einer  Dosis von 0,06 mg Teclistamab pro kg Körpergewicht (KG) an Tag 1, die dann über 0,3 mg/kg KG an Tag 3 auf 1,5 mg/kg KG an Tag 5 schrittweise erhöht wird. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt einmal wöchentlich 1,5 mg/kg KG, die als subkutane Injektion verabreicht wird. Für Patienten, die seit mindestens sechs Monaten ein vollständiges Ansprechen oder besser erreicht haben, besteht die Möglichkeit einer reduzierten Dosierungshäufigkeit von 1,5 mg/kg KG alle zwei Wochen.

 

Für die ersten beiden Dosen steht Tecvayli als Injektionslösung mit 10 mg/ml zur Verfügung, für die Erhaltungsdosis als Injektionslösung mit 90 mg/ml. Hier besteht die Gefahr einer Verwechslung mit unbeabsichtigter Über- beziehungsweise Unterdosierung. Die beiden Lösungen mit den unterschiedlichen Konzentrationen sollen nicht kombiniert werden, um die Erhaltungsdosis zu erreichen.

 

Während der Aufdosierungsphase und bei Bedarf auch danach noch soll der Patient eine Prämedikation mit einem Corticosteroid, einem Antihistaminikum und einem Antipyretikum erhalten, die eine bis drei Stunden vor der Teclistamab-Dosis gegeben wird. Nach der Injektion soll der Patient 48 Stunden lang täglich überwacht werden und sich dazu in der Nähe einer medizinischen Einrichtung aufhalten. Verschiedene Toxizitäten können eine Unterbrechung der Therapie erforderlich machen. Genaue Anweisungen hierzu finden sich in der Fachinformation.

 

Vor Beginn der Behandlung soll gegebenenfalls eine antivirale und/oder antibiotische Prophylaxe stattfinden. Bei Patienten mit einer aktiven Infektion darf die Therapie nicht begonnen werden. Während der Therapie muss der Patient auf Anzeichen und Symptome von Infektionen sowie einer Hepatitis-B-Virus-Reaktivierung überwacht und adäquat behandelt werden. Eine Impfung mit Lebendimpfstoffen wird mindestens vier Wochen vor Beginn der Behandlung, währenddessen und mindestens vier Wochen danach nicht empfohlen.

Wichtige Wechselwirkungen

Zu Beginn der Behandlung mit Teclistamab kann es zu einer Freisetzung von Zytokinen kommen, die zu einer Unterdrückung von CYP-Enzymen führen kann. Das höchste Risiko für Wechselwirkungen besteht zu Beginn des Step-up Dosierungsschemas bis sieben Tage nach der ersten Erhaltungsdosis oder während eines CRS-Ereignisses. Während dieses Zeitraums sollen Patienten, die gleichzeitig CYP450-Substrate mit einem engen therapeutischen Index erhalten, auf Toxizität oder Arzneimittelakkumulation überwacht werden. Die Dosis der Begleitmedikation soll bei Bedarf angepasst werden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen aller Grade in Studien zu Teclistamab waren Hypogammaglobulinämie (75 Prozent der Patienten), Zytokin-Freisetzungssyndrom (72 Prozent), Neutropenie (71 Prozent), Anämie (55 Prozent). Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 65 Prozent der Patienten auf, am häufigsten Pneumonie (16 Prozent), Covid-19 (15 Prozent) und Zytokin-Freisetzungssyndrom (8 Prozent). Unter der Therapie mit Teclistamab kann es infolge eines Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndroms (ICANS) außerdem zu einer Bewusstseinstrübung kommen. Wenn das der Fall ist, darf der Patient kein Fahrzeug führen oder gefährliche Maschinen bedienen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Wirksamkeit und Sicherheit von Teclistamab wurden in der einarmigen, offenen Phase-I/II-Studie MajesTEC-1 untersucht (»New England Journal of Medicine« 2022, DOI: 10.1056/NEJMoa2203478). Teilnehmer waren 165 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplen Myelom und mindestens drei Vortherapien (median fünf Vortherapien). 78 Prozent der Patienten waren dreifach refraktär gegen einen Immunmodulator, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper.

 

Auf die Therapie mit Teclistamab sprachen 104 Patienten (63 Prozent) an, wobei 54 (33 Prozent) ein stringentes komplettes Ansprechen zeigten, elf (7 Prozent) ein komplettes Ansprechen, 32 (19 Prozent) ein sehr gutes partielles Ansprechen und sieben (4 Prozent) ein partielles Ansprechen. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 18,4 Monate.

Besonderheiten

Tecvayli ist bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) sowie vor Licht geschützt (Originalkarton) zu lagern. Vorbereitete Spritzen sollen sofort angewendet werden. Falls dies nicht möglich ist, können sie bis zu 20 Stunden bei Kühlschrank- oder Raumtemperatur (15 bis 30 °C) gelagert werden.

Tecvayli ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Von der Anwendung von Teclistamab bei Schwangeren oder Stillenden wird abgeraten. Frauen im gebärfähigen Alter sollen während der Behandlung und bis fünf Monate danach zuverlässig verhüten. Während der Behandlung und mindestens fünf Monate danach soll nicht gestillt werden.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 06.06.2025

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