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ARZNEISTOFFE

Epcoritamab|Tepkinly®|86|2023

 
STOFFGRUPPE
86 Zytostatika, andere antineoplastische Mittel und Protektiva
WIRKSTOFF
Epcoritamab
FERTIGARZNEIMITTEL
Tepkinly®
HERSTELLER

Abbvie

MARKTEINFÜHRUNG (D)
10/2023
DARREICHUNGSFORM

4 mg/0,8 ml Konzentrat zur Herstellung einer Injektionslösung

48 mg Injektionslösung

ATC-CODE
L01FX27
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Tepkinly ist zugelassen als Monotherapie für erwachsene Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) ab der Drittlinie.

 

Tepkinly ist außerdem zugelassen als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit einem rezidivierenden oder refraktären follikulären Lymphom (FL) nach mindestens zwei Linien einer systemischen Therapie.

Wirkmechanismus

Epcoritamab wirkt, indem es CD20-exprimierende B-Zellen mit CD3-exprimierenden T-Zellen zusammenbringt, was schließlich zur T-Zell-vermittelten Abtötung der B-Zellen führt. Es werden alle B-Zellen attackiert, die das Oberflächenmerkmal CD20 tragen; bei den meisten Patienten mit DLBCL sind das überwiegend Lymphomzellen.

Anwendungsweise und -hinweise

Epcoritamab wird in 28-tägigen Zyklen gegeben. Im ersten Zyklus werden zunächst 0,16 mg (Initialdosis) an Tag 1 und 0,8 mg (Zwischendosis) an Tag 8 verabreicht. An Tag 15 im ersten Zyklus wird dann die erste volle Dosis von 48 mg gegeben gefolgt von einer weiteren an Tag 22, die die letzte im ersten Zyklus darstellt. In den Zyklen zwei und drei wird Epcoritamab wöchentlich gegeben, in den Zyklen vier bis neun alle zwei Wochen und ab dem zehnten Zyklus alle vier Wochen. Die Therapie wird so lange fortgesetzt, bis die Erkrankung fortschreitet oder eine inakzeptable Toxizität auftritt.

 

Für die ersten beiden Dosen des ersten Behandlungszyklus steht Tepkinly als Konzentrat zur Herstellung einer Injektionslösung zur Verfügung. Die entsprechende Durchstechflasche hat eine hellblaue Kappe; die Lösung muss gemäß der Anleitung in der Fachinformation mit 0,9-prozentiger Kochsalzlösung verdünnt werden. Für die vollen Dosen von 48 mg, die ab Tag 15 im ersten Zyklus gegeben werden, ist die fertige Injektionslösung vorgesehen. Aus der entsprechenden Durchstechflasche mit der orangenen Kappe müssen vor der Anwendung 0,8 ml in eine Spritze aufgezogen werden.

 

Die Gabe erfolgt als subkutane Injektion vorzugsweise in den unteren Bauch oder in den Oberschenkel. Nach der Injektion muss der Patient überwacht werden, um im Fall eines Zytokin-Freisetzungssyndroms (CRS) und/oder eines immunzellassoziierten Neurotoxizitätssyndroms (ICANS) schnell reagieren zu können. In der Einrichtung, in der die Behandlung stattfindet, sollte mindestens eine Dosis des Anti-IL-6-Antikörpers Tocilizumab vorhanden sein. Tocilizumab wird bei CRS gegeben. Sowohl CRS als auch ICANS können schwerwiegend und potenziell lebensgefährlich sein.

 

Die Behandlung mit Epcoritamab kann das Infektionsrisiko erhöhen und ist bei Patienten mit aktiven systemischen Infektionen zu vermeiden. Lebendimpfstoffe, auch attenuierte, dürfen während der Therapie nicht verabreicht werden. Zu den weiteren Risiken, die mit der Anwendung verbunden sind, zählen ein Tumorlysesyndrom und eine Tumor-Flare-Reaktion.

 

Jeder Patient, der mit Epcoritamab behandelt wird, soll eine Patientenkarte erhalten und diese stets bei sich führen. Auf der Karte sind die Symptome von CRS und ICANS beschrieben – Fieber, Hypotonie und Hypoxie sowie unter anderem Bewusstseinsstörungen, Schwäche und Krampfanfälle –, bei deren Auftreten er sofort einen Arzt aufsuchen soll.

Wichtige Wechselwirkungen

Unter der Therapie mit Epcoritamab kann es zu einer vorübergehenden Erhöhung bestimmter proinflammatorischer Zytokine und in der Folge zu einer Unterdrückung von CYP-Enzymen kommen. Bei Patienten, die mit CYP450-Substraten mit enger therapeutischer Breite behandelt werden, sollte bei Therapiebeginn mit Epcoritamab ein therapeutisches Monitoring in Betracht gezogen werden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen (mindestens 20 Prozent der Behandelten) in Studien zu Epcoritamab waren CRS, Fatigue, Neutropenie, Reaktionen an der Injektionsstelle, Schmerzen des Bewegungsapparats, Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit und Durchfall. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 52 Prozent der Patienten auf. Am häufigsten war dabei mit 31 Prozent Betroffenen das CRS. Sieben Patienten starben an den Nebenwirkungen der Therapie.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Ausschlaggebend für die Zulassung von Tepkinly waren Ergebnisse der offenen, einarmigen Studie EPCORE NHL-1 (NCT03625037), in der Epcoritamab in der nun zugelassenen Indikation getestet wurde. Die Beurteilung der Wirksamkeit erfolgte anhand von 139 Patienten. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt, die Gesamtansprechrate, wurde bei 86 Patienten (62 Prozent) erreicht. 54 Patienten (39 Prozent) zeigten ein komplettes Ansprechen und 32 Patienten (23 Prozent) ein partielles. Die Ansprechdauer lag im Median bei 15,5 Monaten.

Hintergrundinfos

An einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) erkranken in Deutschland pro Jahr etwa sieben von 100.000 Einwohnern. Damit zählt das DLBCL zu den seltenen Erkrankungen, obgleich es unter den malignen Lymphomen eines der häufigsten ist. Die Therapie erfolgt in der Erstlinie mit dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab plus Chemotherapie (R-CHOP). Bei einem (wiederholten) Rezidiv stehen verschiedene weitere Therapieansätze zur Verfügung, darunter eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation, eine Anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie mit Axicabtagen-Ciloleucel oder Tisagenlecleucel sowie seit August 2023 ein Anti-CD20-Therapie mit dem bispezifischen Antikörper Glofitamab. Letzterer ist sowohl gegen CD20 auf B-Zellen gerichtet als auch gegen CD3 auf T-Zellen.

Besonderheiten

Tepkinly ist bei 2 bis 8 °C (Kühlschrank) sowie vor Licht geschützt (Umkarton) zu lagern und zu transportieren.

Tepkinly ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Die Anwendung von Tepkinly in der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Während der Behandlung und für mindestens vier Monate nach der letzten Anwendung von Epcoritamab sollte nicht gestillt werden.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 17.01.2025

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