Rozanolixizumab|Rystiggo®|51|2024 |
UCB Pharma
FcRn-Inhibitoren |
140 mg/ml Injektionslösung
Rystiggo ist zugelassen als Zusatzbehandlung zur Standardtherapie von generalisierter Myasthenia gravis (gMG) bei erwachsenen Patienten, die Antikörper-positiv bezüglich Anti-AChR(Acetylcholin-Rezeptor)- oder Anti-MuSK(Muskelspezifische Tyrosinkinase) sind.
Rozanolixizumab zielt auf den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn). Im Unterschied zu Efgartigimod alfa ist Rozanolixizumab kein IgG-Fragment, sondern ein humanisierter monoklonaler IgG4-Antikörper.
Rozanolixizumab wird abhängig vom Körpergewicht dosiert und in Zyklen gegeben. Ein Zyklus besteht aus einer Dosis pro Woche über einen Zeitraum von sechs Wochen. Wie lange nach einem Zyklus pausiert werden kann, ist patientenindividuell unterschiedlich. In den klinischen Studien hatten die meisten Patienten 4 bis 13 Wochen Pause zwischen den Zyklen. Rystiggo wird als subkutane Infusion über eine Pumpe verabreicht. Es kann außerdem manuell über eine Spritze gegeben werden. Dies kann nach einer Schulung durch medizinisches Personal auch von einer Betreuungsperson oder den Patienten selbst vorgenommen werden.
Der Antikörper senkt die Spiegel aller IgG und erhöht so auch das Infektionsrisiko. Liegt eine klinisch bedeutsame aktive Infektion vor, soll die Behandlung mit Rozanolixizumab nicht begonnen beziehungsweise unterbrochen werden, bis die Infektion abgeklungen ist oder angemessen behandelt wird.
Impflücken des Patienten sollen vor Beginn der Behandlung geschlossen werden. Unter der Therapie sollen keine (attenuierten) Lebendimpfstoffe gegeben werden. Andere Impfstoffe können gegeben werden, wenn ein Abstand von mindestens zwei Wochen nach der letzten Infusion eines Behandlungszyklus und vier Wochen vor Beginn des nächsten Zyklus eingehalten wird.
Behandlungen mit IgG-basierten Arzneimitteln (wie monoklonalen Antikörpern und intravenösem Immunglobulin und Fc-Peptid-Fusionsproteinen sollten mit einem Abstand von zwei Wochen nach der Anwendung von Rozanolixizumab eingeleitet werden, da Rozanolixizumab in den FcRn-Recycling-Mechanismus von IgG eingreift. Die Serumkonzentrationen dieser Wirkstoffe könnten daher verringert werden. Lässt sich eine gleichzeitige Anwendung nicht vermeiden, sollte der Patient hinsichtlich einer abgeschwächten Wirksamkeit dieser Arzneimittel überwacht werden.
Die häufigsten Nebenwirkungen von Rozanolixizumab in Studien waren Kopfschmerzen (48 Prozent der Behandelten), Durchfall (25 Prozent) und Fieber (13 Prozent).
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Ausschlaggebend für die Zulassung von Rozanolixizumab waren die Ergebnisse der Phase-III-Studie MG0003, an der 200 Patienten mit gMG und Autoantikörpern gegen AChR oder MuSK teilnahmen. Sie erhielten zusätzlich zu ihrer bereits bestehenden Medikation, auf die sie stabil eingestellt waren, über einen Zeitraum von sechs Wochen einmal wöchentlich entweder Rozanolixizumab in gewichtsadaptierter Dosierung oder Placebo. Danach folgte ein Beobachtungszeitraum von acht Wochen.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung auf dem MG-ADL-Score (Activities of Daily Living) von Baseline bis Tag 43. Der MG-ADL-Score umfasst acht Kategorien, in denen jeweils 0 Punkte (keine Beeinträchtigung) bis 3 Punkte (starke Beeinträchtigung) vergeben werden, sodass ein maximaler Punktwert von 24 möglich ist. Als Ansprechen war eine Verbesserung des Patienten um mindestens 2,0 Punkte definiert.
Die 66 Patienten, die mit Rozanolixizumab in der nun zugelassenen Dosierung behandelt wurden, verbesserten sich um durchschnittlich 3,370 Punkte, die 67 Patienten der Placebogruppe dagegen nur um 0,784 Punkte. Der Unterschied von 2,586 Punkten war statistisch signifikant. Insgesamt erfüllten 71,9 Prozent der Patienten in der Rozanolixizumab-Gruppe das MG-ADL-Responder-Kriterium versus 31,3 Prozent der Placebogruppe. Auch auf anderen Scores, die als sekundäre Endpunkte ermittelt wurden, waren die Verbesserungen statistisch signifikant.
Myasthenia gravis ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der die Impulsübertragung an der neuromuskulären Endplatte gestört ist. Sie äußert sich typischerweise durch eine Muskelschwäche, die bei körperlicher Belastung zunimmt und sich in Ruhe bessert. Bei generalisierter Myasthenia gravis (gMG) ist davon der gesamte Körper betroffen.
Bei etwa vier von fünf Betroffenen sind Autoantikörper nachweisbar, die gegen den Acetylcholin-Rezeptor gerichtet sind (Anti-AChR-Antikörper). Deutlich seltener liegen Autoantikörper gegen die muskelspezifische Tyrosinkinase (Anti-MuSK-Antikörper) vor; die Häufigkeitsangaben schwanken hier zwischen 10 und 70 Prozent der Patienten mit negativem Anti-AChR-Antikörpernachweis.
Zu den Medikamenten, die bei gMG eingesetzt werden, zählen Cholinesterase-Inhibitoren wie Pyridostigmin und Neostigmin, Glucocorticoide sowie Immunsuppressiva wie Azathioprin und Mycophenolatmofetil. Als Add-on-Therapeutika stehen darüber hinaus Komplementinhibitoren wie Eculizumab und Ravulizumab sowie das gegen den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn) gerichtete IgG-Fragment Efgartigimod alfa zur Verfügung. Letzteres hemmt das FcRn-vermittelte Recycling von IgG-Antikörpern in der Zelle. Wird der FcRn blockiert, werden IgG vermehrt abgebaut. Das gilt auch für Autoantikörper, was die Wirkung bei gMG erklärt.
Rystiggo ist bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) sowie vor Licht geschützt (Umkarton) zu lagern. Es darf nicht einfrieren.
Rystiggo ist verschreibungspflichtig.
Eine Anwendung von Rozanolixizumab in der Schwangerschaft sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn der klinische Nutzen die Risiken überwiegt. Wurde eine Frau während der Schwangerschaft mit Rozanolixizumab behandelt, ist beim Neugeborenen mit einer Verringerung des Nestschutzes zu rechnen.
In der Stillzeit könnte die Anwendung von Rozanolixizumabmerwogen werden, wenn der klinische Nutzen die Risiken überwiegt, allerdings nicht in den ersten Tagen nach der Geburt: In dieser Zeit geht maternales IgG in die Muttermilch über, sodass während dieses Zeitraums ein Risiko für gestillte Säuglinge nicht ausgeschlossen werden kann.
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Letzte Aktualisierung: 10.02.2025