Sarilumab|Kevzara®|51|2017 |
Sanofi Genzyme
150 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze
200 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze
150 mg Injektionslösung im Fertigpen
200 mg Injektionslösung im Fertigpen
Kevzara ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis (RA) bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende antirheumatische Arzneimittel (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es kann außerdem als Monotherapie gegeben werden, wenn MTX nicht vertragen wird oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist.
Bei Sarilumab handelt sich um einen humanen monoklonalen Antikörper, der selektiv an Interleukin (IL)-6-Rezeptoren bindet und diese blockiert. Das Zytokin IL-6 ist an verschiedenen physiologischen Prozessen beteiligt, die bei RA eine Rolle spielen, darunter Migration und Aktivierung von T- und B-Zellen, Monozyten und Osteoklasten. In der Synovialflüssigkeit von RA-Patienten finden sich erhöhte IL-6-Spiegel. Die Hemmung dieses Signalwegs wirkt daher der lokalen und systemischen Entzündung sowie der Knochenerosion bei RA entgegen. Denselben Angriffspunkt hat auch das 2009 zugelassene Konkurrenzprodukt Tocilizumab (RoActemra®).
Die übliche Dosierung beträgt 200 mg Sarilumab subkutan alle zwei Wochen. Die Injektion soll abwechselnd in verschiedene Stellen an Bauch, Oberschenkel und Oberarm erfolgen, nicht jedoch in empfindliche, verletzte oder vernarbte Hautstellen oder solche mit Blutergüssen. Nach einer entsprechenden Schulung können auch der Patient selbst oder eine Pflegeperson das Medikament verabreichen. Dabei soll der gesamte Inhalt der Fertigspritze oder des Fertigpens subkutan injiziert werden.
Bei Neutropenie, Thrombozytopenie, erhöhten Leberenzymwerten oder schweren Infektionen soll die Dosis auf zweiwöchentlich 150 mg gesenkt, die Behandlung gar nicht erst begonnen, unterbrochen oder beendet werden. Die Fachinformation enthält hierzu genaue Anweisungen.
Wurde eine Dosis von Kevzara vergessen, soll sie baldmöglichst nachgeholt werden, wenn seit dem geplanten Anwendungszeitpunkt maximal drei Tage vergangen sind. Sind es schon vier Tage oder mehr, soll diese Dosis ausgelassen werden. In beiden Fällen wird die Anwendung wie geplant mit der üblichen Dosis beim nächstfolgenden Termin fortgesetzt.
Bei Patienten mit Leberfunktionsstörung oder schwerer Nierenfunktionsstörung wurde Kevzara nicht untersucht.
Interaktionen mit CYP-Enzymen sind möglich und kommen folgendermaßen zustande: Erhöhte IL-6-Werte können CYP-Enzyme herunterregeln. Wird IL-6 nun durch Sarilumab blockiert, kann das die CYP-Aktivität wiederherstellen. Darauf ist zu achten, wenn Patienten bereits Arzneimittel einnehmen, die über CYP-Enzyme verstoffwechselt werden und eine enge therapeutische Breite haben. So ist etwa bei CYP3A4-Substraten wie oralen Kontrazeptiva oder Statinen Vorsicht geboten. Wechselwirkungen mit anderen CYP-Enzymen wurden nicht untersucht.
Wie alle Biologika erhöht auch Sarilumab das Infektionsrisiko. Nutzen und Risiken sind deshalb unter anderem bei Patienten mit chronischen oder rezidivierenden Infektionen, HIV-Infizierten oder bei Patienten, die möglicherweise mit dem Tuberkuloseerreger in Kontakt gekommen sind, besonders gründlich abzuwägen. Unter der Behandlung mit Sarilumab sollen Patienten engmaschig auf mögliche Anzeichen von Infektionen überwacht werden. Ebenfalls zu überwachen sind die Neutrophilenzahl, die Thrombozytenzahl, die Leberenzyme und die Lipidwerte. Letzteres hat den Hintergrund, dass bei einer chronischen Entzündung die Lipidwerte erniedrigt sein können. Die antiinflammatorische Therapie mit Sarilumab kann daher zu einem Anstieg führen.
Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien waren Neutropenie, erhöhte Werte des Leberenzyms Alanin-Aminotransferase (ALT), Rötung der Injektionsstelle, Infektionen der oberen Atemwege und Harnwegsinfekte. Unter den schwerwiegenden Nebenwirkungen waren Infektionen am häufigsten, insbesondere Pneumonie und Zellulitis, also eine Entzündung des Unterhautzellgewebes.
Bei Patienten mit aktiven schweren Infektionen darf Kevzara nicht angewendet werden.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Kevzara wurde in den Studien MOBILITY und TARGET gegen Placebo und in der MONARCH-Studie gegen den Anti-TNF-α-Antikörper Adalimumab getestet. Alle drei Studien waren randomisiert und doppelblind. An der MOBILITY-Studie nahmen 1197 Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf MTX teil. Alle Probanden erhielten MTX und zusätzlich zweiwöchentlich entweder 150 mg oder 200 mg Sarilumab oder Placebo. Die Studie lief über 52 Wochen, in denen in vordefinierten Abständen die Symptome der Patienten anhand diverser Scores erfasst wurden. In der TARGET-Studie wurden 546 Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf oder Unverträglichkeit von TNF-α-Antagonisten über 24 Wochen mit einem klassischen DMARD plus Kevzara in der niedrigen oder normalen Dosis oder Placebo behandelt.
In Woche 24 war in beiden Studien der Anteil an Patienten, die gemäß den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) eine Verbesserung ihrer Symptome erlebten, unter beiden Verum-Dosierungen höher als unter Placebo. So betrug beispielsweise der Anteil an Probanden mit einer 20-prozentigen Besserung (ACR20) in der MOBILITY-Studie zu diesem Zeitpunkt 58,0 Prozent (150 mg Sarilumab), 66,4 Prozent (200 mg Sarilumab) und 33,4 Prozent (Placebo), in der TARGET-Studie waren es 55,8 Prozent (150 mg Sarilumab), 60,9 Prozent (200 mg Sarilumab) und 33,7 Prozent (Placebo).
Die MONARCH-Studie schloss 369 Patienten ein, lief über 24 Wochen und stellte einen Vergleich zwischen Sarilumab und Adalimumab dar. Der IL-6-Hemmer wurde dabei in der 200-mg-Dosierung verabreicht, der TNF-α-Blocker in der Dosierung 40 mg alle zwei Wochen, die bei Bedarf auf 40 mg einmal wöchentlich erhöht werden konnte. Kevzara war sowohl hinsichtlich des Ansprechens gemäß ACR überlegen (ACR20 71,7 versus 58,4 Prozent) als auch hinsichtlich des Erreichens einer Remission gemäß dem Beurteilungs-Score DAS28-ESR (26,6 versus 7,0 Prozent).
Kevzara, das im Kühlschrank bei 2 bis 8 °Celsius und im Umkarton aufbewahrt werden muss, soll erst gegeben werden, wenn es Raumtemperatur angenommen hat. Nach der Entnahme aus dem Kühlschrank darf es nicht über 25 °Celsius gelagert werden und muss innerhalb von 14 Tagen verbraucht werden.
Kevzara ist verschreibungspflichtig.
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR):
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels:
https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2017/20170623138002/anx_138002_de.pdf
Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und bis zu drei Monate danach zuverlässig verhüten.
In der Schwangerschaft darf Kevzara nur angewendet werden, wenn es der klinische Zustand der werdenden Mutter erfordert.
Bei Stillenden ist unter Berücksichtigung des Kindeswohls und des Nutzens der Therapie für die Mutter eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Stillen oder die Behandlung mit Sarilumab zu unterbrechen ist.
Letzte Aktualisierung: 31.05.2019