Pirfenidon|Esbriet®|51|2011 |
Roche
267 mg Hartkapseln
Esbriet ist das erste Medikament zur Behandlung der leichten bis mittelschweren idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) bei Erwachsenen. Das oral verfügbare Präparat besitzt den Orphan-Drug-Status. Informationen zum Krankheitsbild siehe unter Hintergrundinformationen.
In Tiermodellen wies Pirfenidon antifibrotische und antiinflammatorische Eigenschaften auf. Der Arzneistoff hemmt die Synthese des transformierenden Wachstumsfaktors TGF-β. Dieser ist an der Steuerung vieler Zellfunktionen beteiligt und hat zudem eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Fibrose. Ferner inhibiert Pirfenidon die Synthese des Tumornekrosefaktors TNF-α. Dieses Zytokin ist aktiv an Entzündungsprozessen beteiligt.
Die empfohlene Tagesdosis von Esbriet beträgt ab der dritten Woche dreimal täglich drei 267-mg-Kapseln. In der ersten Woche nehmen Patienten dreimal eine Kapsel, in der zweiten Woche dreimal zwei Kapseln ein. Die Einnahme erfolgt zusammen mit der Nahrung. Dadurch lässt sich die Inzidenz von Schwindel und Übelkeit verringen. Wichtig ist, dass der Arzt vor und regelmäßig während der Behandlung die Leberfunktion des Patienten kontrolliert. Im Falle eines starken Anstiegs der Alanin- und/oder Aspartataminotransferase (ALT/AST) muss er die Dosis unter Umständen anpassen oder Pirfenidon absetzen. Auch beim Auftreten anderer Nebenwirkungen kann das notwendig sein, etwa bei gastrointestinalen Ereignissen, Fotosensibilitätsreaktion oder Hautausschlag. Während der Behandlung mit Pirfenidon sollten Patienten den Aufenthalt im direkten Sonnenlicht oder Solarium vermeiden beziehungsweise auf ein Minimum beschränken. Zudem sollten sie täglich ein Sonnenschutzmittel verwenden, vor Sonnenlicht schützende Kleidung tragen und andere fotosensibilisierende Arzneimittel meiden.
Pirfenidon wird überwiegend durch CYP1A2 metabolisiert. Das erklärt, warum das Orphan Drug nicht gleichzeitig mit Fluvoxamin angewendet werden darf. Denn das Antidepressivum ist ein starker Inhibitor von CYP1A2. Wie Fluvoxamin hemmt auch Grapefruitsaft dieses Enzym. Deshalb sollte der Verzehr dieses Getränkes unterbleiben. Im Gegensatz dazu kann Rauchen CYP1A2 induzieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Exposition gegenüber Pirfenidon bei Rauchern um 50 Prozent reduziert gegenüber Nichtrauchern war.
Fotosensibilitätsreaktionen und gastrointestinale Beschwerden zählen zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Pirfenidon. Gleiches gilt für Müdigkeit. In den Studien mussten weniger als 2 Prozent der Patienten Pirfenidon wegen therapieassoziierter Nebenwirkungen absetzen.
Pirfenidon ist bei schweren Leber- oder Nierenfunktionsstörungen kontraindiziert. Auch bei Patienten, die auf die Gabe von Pirfenidon bereits einmal mit einem Angioödem reagiert haben, sowie bei Patienten, die gleichzeitig mit Fluvoxamin behandelt werden, darf Pirfenidon nicht angewendet werden.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die Zulassung von Esbriet beruht auf drei randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Doppelblindstudien: den internationalen Studien CAPACITY-1 und -2 sowie einer japanischen Studie. An den CAPACITY-Studien nahmen insgesamt 779 IPF-Patienten teil. Sie erhielten für mindestens 72 Wochen entweder Pirfenidon (2403 oder 1197 mg/d) oder Placebo. Primärer Endpunkt war in beiden Studien die Veränderung der forcierten Vitalkapazität (FVC, »Lungenfunktion«) nach 72 Wochen in Prozent des Sollwertes im Vergleich zum Ausgangswert.
In der Analyse der gepoolten Daten verschlechterte sich nach 72 Wochen die FVC unter Pirfenidon nur um 8,5 Prozent im Vergleich zu 11 Prozent unter Placebo. Die Daten zeigen auch, dass eine Änderung der FVC um 10 Prozent oder mehr unter Pirfenidon nur bei 21 Prozent der Patienten auftrat, hingegen bei 31 Prozent der Patienten der Placebogruppe. In der Analyse war nach 72 Wochen auch die Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest (6MWT) in der Verumgruppe um mehr als 31 Prozent länger als unter Placebo.
Die idiopathische Lungenfibrose (idiopathic pulmonary fibrosis, IPF) ist eine tödlich verlaufende Lungenerkrankung mit einer geschätzten mittleren Überlebenszeit von zwei bis fünf Jahren nach Diagnosestellung. Zu den typischen Symptomen gehören zunehmende Luftnot und unproduktiver Husten. Eine medikamentöse Behandlung sollte möglichst früh einsetzen. Bislang erhielten Patienten zum Beispiel Corticoide, N-Acetylcystein und das Immunsuppressivum Azathioprin.
Esbriet ist bei Temperaturen nicht über 30 °C zu lagern.
Esbriet ist verschreibungspflichtig.
Pirfenidon
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR):
www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/002154/WC500102979.pdf
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels:
www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Product_Information/human/002154/WC500103049.pdf
Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG):
www.iqwig.de/pirfenidon-ausmass-des-zusatznutzens-bewertet.1391.html
Pirfenidon: BPI kritisiert IQWiG-Urteil, Meldung vom 04.01.2012
Pirfenidon: Weiter Ärger um erste Orphan-Drug-Bewertung, Meldung vom 20.01.2012
Eine Anwendung von Esbriet während der Schwangerschaft sollte sicherheitshalber unterbleiben. Im Tierexperiment zeigte sich, dass der Wirkstoff beziehungsweise seine Metaboliten im Fruchtwasser kumulieren können. Ob der Wirkstoff auch in die Muttermilch übergeht, ist nicht bekannt. Da ein Risiko für den Säugling nicht ausgeschlossen werden, sollte abgewogen werden, ob das Stillen oder die Behandlung mit Pirfenidon unterbrochen werden soll.
Letzte Aktualisierung: 20.02.2017