Ravulizumab|Ultomiris®|51|2019 |
Alexion
300 mg/3 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
300 mg/30 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
1100 mg/11 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Ultomiris ist zugelassen zur Behandlung der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH). Es darf bei erwachsenen PNH-Patienten mit Hämolyse und klinischen Symptomen, die auf eine hohe Krankheitsaktivität hinweisen, sowie bei Patienten, die klinisch stabil sind, nachdem sie mindestens während der vergangenen sechs Monate mit Eculizumab behandelt wurden, eingesetzt werden.
Ultomiris ist außerdem zugelassen zur Behandlung von Patienten mit einem Körpergewicht ab 10 kg mit atypischem Hämolytisch-Urämischen Syndrom (aHUS), die zuvor nicht mit Komplementinhibitoren behandelt worden waren oder die mindestens drei Monate lang Eculizumab erhalten und darauf nachweislich angesprochen haben.
Ultomiris ist außerdem zugelassen als Zusatztherapie zu einer Standardbehandlung bei erwachsenen Patienten mit generalisierter Myasthenia gravis, die Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper-positiv sind.
Ravulizumab bindet wie das Standardtherapeutikum in dieser Indikation, der monoklonale Antikörper Eculizumab (Soliris®), mit hoher Affinität an den Komplementfaktor C5. Es hat jedoch eine drei- bis viermal längere Halbwertszeit. Daher muss Ravulizumab nur alle acht Wochen gegeben werden, während Eculizumab alle zwei Wochen appliziert wird. Für die Patienten sinkt damit die Zahl der Infusionen von 26 auf 6 pro Jahr.
Zur Behandlung der PNH wird Ravulizumab nach dem Körpergewicht dosiert und intravenös verabreicht. Das empfohlene Dosierungsschema besteht aus einer Initialdosis, gefolgt von Erhaltungsdosen. Letztere müssen jeweils im Abstand von acht Wochen verabreicht werden, beginnend zwei Wochen nach der Initialdosis. Außer bei der ersten Erhaltungsdosis darf das Schema in Einzelfällen um plus/minus sieben Tage abweichen. Bei Patienten, die von Eculizumab auf Ravulizumab umgestellt werden, sollte die Initialdosis zwei Wochen nach der letzten Eculizumab-Infusion verabreicht werden. Anschließend wird alle acht Wochen eine Erhaltungsdosis verabreicht, beginnend zwei Wochen nach der Initialdosis. Da die PNH eine chronische Erkrankung ist, wird eine lebenslange Behandlung empfohlen.
Die Behandlung des aHUS mit Ravulizumab sollte über mindestetens sechs Monate durchgeführt werden, um Manifestationen der thrombotischen Mikroangiopathie (TMA) zu beseitigen. Danach muss die Therapiedauer individuell festgelegt werden. Bei einem erhöhten Risiko für ein TMA-Rezidiv kann eine Langzeitbehandlung erforderlich sein.
Aufgrund ihres Wirkmechanismus erhöhen C5-Inhibitoren die Anfälligkeit des Patienten für eine Infektion mit Neisseria meningitidis. Zur Verringerung des Infektionsrisikos müssen alle Patienten mindestens zwei Wochen vor Behandlungsbeginn gegen Meningokokken geimpft werden. Patienten, bei denen die Impfung zu Beginn der Behandlung mit Ravulizumab weniger als zwei Wochen zurückliegt, müssen bis zwei Wochen nach der Impfung eine geeignete Antibiotikaprophylaxe erhalten. Wichtig ist zudem, dass die Patienten gemäß den geltenden Impfrichtlinien nachgeimpft werden.
Eine Dauerbehandlung mit intravenösem humanem Immunglobulin kann den Recycling-Mechanismus des endosomalen neonatalen Fc-Rezeptors von monoklonalen Antikörpern wie Ravulizumab beeinträchtigen und dadurch die Ravulizumab-Konzentration im Serum verringern.
Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Ravulizumab (mit der Häufigkeitsangabe sehr häufig) sind Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Nasopharyngitis und Kopfschmerz. Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen bei Patienten in klinischen Studien sind Meningokokkeninfektion und Meningokokken-Sepsis. Zu den häufig genannten Nebenwirkungen gehören Schwindelgefühl, abdominelle Schmerzen, Ausschlag und Pruritus sowie Rückenschmerzen und Muskelspasmen.
Bei Patienten ohne aktuellen Impfschutz gegen Neisseria meningitidis beziehungsweise mit einer nicht ausgeheilten Meningokokken-Infektion ist Ultomiris kontraindiziert.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Ravulizumab wurden in zwei offenen, randomisierten Phase-III-Studien untersucht, in denen Ravulizumab mit Eculizumab verglichen wurde. An der Studie 301 nahmen PNH-Patienten teil, die zuvor nicht mit Komplement-Inhibitoren behandelt worden waren. Die koprimären Endpunkte waren Transfusionsvermeidung und Hämolyse, gemessen an der Normalisierung des Lactatdehydrogenase(LDH)-Wertes. In beiden Endpunkten war Ravulizumab ebenso wirksam wie Eculizumab. Bei 73,6 Prozent der Ravulizumab-Patienten und bei 66,1 Prozent der Eculizumab-Patienten konnte eine Transfusion vermieden werden. Zudem normalisierte sich der LDH-Wert bei 53,6 Prozent der Patienten, die mit Ravulizumab behandelt wurden, versus 49,4 Prozent der Patienten aus der Eculizumab-Gruppe.
In die Studie 302 waren PNH-Patienten eingeschlossen, die nach mindestens sechs Monaten Behandlung mit Eculizumab klinisch stabil waren. Der primäre Endpunkt war Hämolyse, gemessen an der prozentualen Veränderung der LDH-Werte gegenüber der Baseline. Bei den Patienten, die mit Ravulizumab behandelt wurden, konnte ein Rückgang um 0,82 Prozent des LDH-Werts gezeigt werden. In der Eculizumab-Gruppe stieg der Wert um 8,39 Prozent. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war statistisch nicht signifikant.
Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine sehr seltene, teilweise äußerst schwer verlaufende Blutkrankheit, von der überwiegend jüngere Menschen betroffen sind. Der Name beruht auf der klinischen Erscheinung der Erkrankung: Bei einigen Patienten tritt unvermittelt (paroxysmal) nächtlich oder früh morgens eine Rot- beziehungsweise Dunkelfärbung des Urins auf (Hämoglobinurie). Ursache ist eine erworbene somatische Mutation im Phosphatidyl-Inositol-Glykan-A (PIG-A)-Gen in den multipotenten hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks. In der Folge hat die Zellmembran keinen Schutzfaktor mehr gegen den Komplementfaktor C5 und wird intravasal lysiert. Es treten hämolytische Anämie, Thrombophilie und Zytopenie auf. Ohne eine spezifische Behandlung sterben 20 bis 35 Prozent der PNH-Patienten trotz bestmöglicher supportiver Therapie (einschließlich Bluttransfusionen und Gabe von Antikoagulanzien) innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnose.
Ultomiris muss im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C gelagert werden und darf nicht einfrieren. Das Arzneimittel ist außerdem in der Originalverpackung aufzubewahren, um es vor Licht zu schützen.
Ultomiris ist verschreibungspflichtig.
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels
Nutzenbewertung des IQWiG vom 30.10.2019 (paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie)
Nutzenbewertung des IQWiG vom 29.10.2020 (atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom)
Nutzenbewertung des IQWiG vom 21.12.2021 (paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie, pädiatrische Patientinnen und Patienten)
Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.04.2023 (generalisierte Myasthenia gravis)
Gebärfähige Frauen sollten während und bis zu acht Monate nach der Behandlung mit Ravulizumab zuverlässig verhüten.
Bei Schwangeren kann die Anwendung nach einer Nutzen-Risiko-Analyse in Betracht gezogen werden.
Das Stillen sollte während und bis zu achte Monate nach der Behandlung unterbrochen werden.
Letzte Aktualisierung: 20.04.2023