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ARZNEISTOFFE

Siponimod|Mayzent®|51|2020

STOFFGRUPPE
51 Immunmodulatoren
WIRKSTOFF
Siponimod
FERTIGARZNEIMITTEL
Mayzent®
HERSTELLER

Novartis

MARKTEINFÜHRUNG (D)
02/2020
DARREICHUNGSFORM

0,25 mg Filmtabletten

2 mg Filmtabletten

ATC-CODE
L04AA42
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Mayzent ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit sekundär progredienter Multipler Sklerose (SPMS) mit Krankheitsaktivität, nachgewiesen durch Schübe oder Bildgebung der entzündlichen Aktivität. Es handelt sich um das erste peroral einsetzbare Arzneimittel für dieses Anwendungsgebiet.

Wirkmechanismus

Siponimod ist ein Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptor-Modulator, bindet aber selektiv an zwei der fünf G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, nämlich an den Subtyp 1 und 5. Es wirkt als funktioneller Antagonist auf den S1P-Rezeptor 1 der Lymphozyten und verhindert so deren Migration aus den Lymphknoten. Dies vermindert die Rezirkulation von T-Zellen in das Zentralnervensystem, um die zerebrale Entzündung zu begrenzen.

Anwendungsweise und -hinweise

Siponimod wird vor allem über das CYP2C9 metabolisiert. Vor Therapiebeginn ist eine Genotypisierung vorgeschrieben, um den individuellen CYP2C9-Metabolisierungsstatus zu bestimmen.

 

Zu Beginn der Behandlung muss die Dosis über fünf Tage auftitriert werden. Ab Tag 6 nimmt der Patient die verordnete Erhaltungsdosis. Die Tabletten werden unabhängig von einer Mahlzeit, im Ganzen und mit Wasser geschluckt. In der Erhaltungsphase erfolgt die Dosierung individualisiert: Schnelle Metabolisierer erhalten einmal täglich 2 mg, langsame Metabolisierer die Hälfte (vier Tabletten zu 0,25 mg).

 

Zu den Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung gehört ein kardiales Monitoring. Patienten mit bestehenden Herzerkrankungen müssen nach der ersten Anwendung für sechs Stunden mittels EKG überwacht werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Bei der gleichzeitigen Anwendung von antineoplastischen, immunmodulatorischen oder immunsuppressiven Therapien ist Vorsicht geboten, da diese wie Siponimod auf das Immunsystem einwirken.

 

Aufgrund der potenziell additiven Effekte auf die Herzfrequenz sollten die Patienten während der Startphase der Therapie mit Siponimod nicht gleichzeitig Antiarrhythmika der Klasse Ia oder III, das QT-Intervall verlängernde Arzneistoffe, Calciumkanal-Blocker wie Verapamil oder Diltiazem oder andere Wirkstoffe, die die Herzfrequenz senken können, bekommen. Ebenso ist Vorsicht geboten, wenn bei Patienten unter Betablocker-Therapie Siponimod neu angesetzt wird. Unter einer Siponimod-Dauertherapie können Betablocker jedoch angesetzt werden.

 

Aufgrund einer signifikanten Zunahme der Siponimod-Exposition wird die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die eine mäßige CYP2C9- sowie eine mäßige oder starke CYP3A4-Inhibition verursachen, nicht empfohlen. Siponimod kann aber mit den meisten CYP2C9- und CYP3A4-Induktoren kombiniert werden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Siponimod waren Kopfschmerzen, Hypertonie und erhöhte Leberwerte, vor allem der Lebertransaminasen (ALT/AST) und γ-GT. Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen auch Lymphopenie, Schwindel, Krampfanfälle und Tremor, Makulaödeme, Bradykardie und verzögerte atrioventrikuläre Überleitung (vor allem zu Therapiebeginn), Übelkeit, Diarrhö und Schmerzen in den Extremitäten. Die Gesamtrate an Infektionen war in den Gruppen vergleichbar, allerdings wurde unter Siponimod über eine erhöhte Rate an Herpes-Zoster-Infektionen berichtet (2,5 versus 0,7 Prozent).

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei sehr schwachen Metabolisierern (CYP2C9*3*3-Genotyp; 0,3 bis 0,4 Prozent der Bevölkerung) ist Siponimod kontraindiziert, da bei ihnen die Plasmaspiegel deutlich erhöht wären.

 

Auch bei Patienten mit Immundefizienzsyndrom, progressiver multifokaler Leukenzephalopathie oder Kryptokokken-Meningitis in der Vorgeschichte, aktiven malignen Erkrankungen, schwerer Leberfunktionsstörung sowie Patienten mit schweren Herzerkrankungen darf Siponimod nicht angewendet werden.

 

Siponimod ist in der Schwangerschaft sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht zuverlässig verhüten, kontraindiziert.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

In der Phase-III-Studie EXPAND wurde Siponimod mit Placebo bei 1651 SPMS-Patienten verglichen, bei denen in den letzten beiden Jahren eine Krankheitsprogression dokumentiert wurde, ohne dass Schübe auftraten oder die Progression mit einem Schub in Zusammenhang stand. Mehr als die Hälfte hatte eine schwere Erkrankung (EDSS-Score zwischen 6 und 6,5). Die Patienten wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten entweder 2 mg Siponimod oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zur nach drei Monaten bestätigten Behinderungsprogression, ermittelt als Anstieg des EDSS-Werts um mindestens einen Punkt (0,5 Punkte bei Patienten mit einem EDSS ab 5,5) gegenüber dem Ausgangswert, die über drei Monate bestehen blieb.

 

In der Verumgruppe war die Zeit bis zum Auftreten einer nach drei und sechs Monaten bestätigten Behinderungsprogression signifikant verzögert (relative Risikoreduktion im Vergleich zu Placebo um 21 sowie 26 Prozent). Ebenso gab es günstige Effekte auf die Hirnatrophie, Kognition und Gehfähigkeit sowie einen signifikanten Rückgang der entzündlichen Aktivität im Gehirn, nachgewiesen per MRT.

Hintergrundinfos

Viele Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (MS) entwickeln im Lauf ihrer Erkrankung eine sekundär progrediente Form. Treten anfangs noch Schübe auf, fehlen diese bei fortschreitender Erkrankung meist. Bislang sind die Therapieoptionen bei progredienten Formen begrenzt. Gemäß dem aktuellen Stufenschema stehen für Patienten mit SPMS und aufgesetzten Schüben β-Interferone oder Mitoxantron, bei Patienten ohne Schübe nur Mitoxantron zur Verfügung.

Besonderheiten

Mayzent ist bei Temperaturen nicht über 25 °C zu lagern.

Mayzent ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Siponimod

Siponimod

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

siponimod.wrl

Weitere Hinweise

Siponimod ist in der Schwangerschaft kontraindiziert; Frauen müssen während der Therapie sorgfältig verhüten. Planen sie eine Schwangerschaft, sollen sie das Medikament mindestens zehn Tage vor einer möglichen Konzeption absetzen. In der Stillzeit sollte Siponimod nicht angewendet werden.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 10.03.2020

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