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ARZNEISTOFFE

Pegcetacoplan|Aspaveli®|51|2022

STOFFGRUPPE
51 Immunmodulatoren
WIRKSTOFF
Pegcetacoplan
FERTIGARZNEIMITTEL
Aspaveli®
HERSTELLER

Sobi

MARKTEINFÜHRUNG (D)
04/2022
DARREICHUNGSFORM

1080 mg Infusionslösung

ATC-CODE
L04AA54
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Aspaveli ist zugelassen zu Behandlung von erwachsenen Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH), die bereits mindestens drei Monate lang einen C5-Inhibitor erhalten haben und dennoch anämisch sind.

Wirkmechanismus

Pegcetacoplan hemmt den Komplementfaktor C3. Es setzt sich zusammen aus zwei identischen Pentadekapeptiden und einem linearen PEG-Molekül, an dessen Enden die beiden Peptide kovalent gebunden sind. Mit den Peptiden bindet es an den Komplementfaktor C3, der PEG-Anteil sorgt für eine verbesserte Löslichkeit und verlängert die Halbwertszeit. Im Gegensatz zu den C5-Inhibitoren, die bei Patienten mit PNH vor allem die intravasale Hämolyse verhindern, kann mit Pegcetacoplan durch die Hemmung von C3 auch die extravasale Hämolyse gestoppt werden.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosis beträgt jeweils 1080 mg Pegcetacoplan an den Tagen 1 und 4 jeder Woche, die als subkutane Infusion im Bereich des Abdomens, der Oberschenkel, der Hüfte oder der Oberarme gegeben werden. Liegt der Spiegel der Laktatdehydrogenase (LDH) bei einem Patienten mehr als doppelt so hoch wie normal, kann die Dosis auf 1080 mg alle drei Tage erhöht werden. Bei der Umstellung von einem C5-Inhibitor soll dieser zunächst über vier Wochen parallel zu Pegcetacoplan weitergegeben werden, bevor er dann abgesetzt und Pegcetacoplan als Monotherapie fortgesetzt wird.

 

Die Infusion soll mithilfe einer Spritzeninfusionspumpe über 30 Minuten (bei gleichzeitiger Gabe an zwei Stellen) beziehungsweise 60 Minuten (bei Gabe an nur einer Stelle) verabreicht werden. Wenn ein Patient die ersten Infusionen in einer Arztpraxis/Klinik vertragen hat und von medizinischem Personal geschult wurde, kann er sich Aspaveli zu Hause selbst infundieren. Unabhängig davon sind alle Patienten unter Pegcetacoplan regelmäßig unter anderem durch Bestimmung des LDH-Spiegels auf Anzeichen einer Hämolyse zu überwachen. Auch eine regelmäßige Prüfung der Nierenfunktion wird empfohlen.

 

Die C3-Hemmung schwächt die Abwehrkräfte des Patienten gegen bekapselte Bakterien, zu denen etwa die Erreger Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae zählen. Mit Pegcetacoplan behandelte Patienten müssen daher gegen diese geimpft sein beziehungsweise werden. Besteht zu Beginn der Therapie noch kein Impfschutz, muss bis zwei Wochen nach der Impfung eine Antibiotikaprophylaxe erfolgen.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Pegcetacoplan waren Reaktionen an der Injektionsstelle, Infektionen der oberen Atemwege, Bauchschmerzen, Durchfall, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Fieber. Als schwerwiegende Nebenwirkungen traten am häufigsten Hämolyse und Thrombozytopenie auf.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Aspaveli ist kontraindiziert bei Patienten mit nicht ausgeheilter Infektion mit bekapselten Bakterien wie Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae sowie bei Patienten ohne aktuellen Impfschutz gegen Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae, es sei denn, sie erhalten eine geeignete Antibiotikaprophylaxe bis zwei Wochen nach der Impfung.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Zulassungsrelevante Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Pegcetacoplan stammen aus der offenen Phase-III-Studie APL2-302, an der 80 Patienten mit PNH teilnahmen, die trotz einer Therapie mit Eculizumab Hämoglobinspiegel von <10,5 mg/dl aufwiesen. Alle Probanden erhielten während einer vierwöchigen Vorlaufphase zusätzlich zu ihrer aktuellen Eculizumab-Dosis zweimal wöchentlich 1080 mg Pegcetacoplan. In der anschließenden randomisierten, kontrollierten Phase (RCP) wurden 41 Patienten über 16 Wochen mit Pegcetacoplan weiterbehandelt und 39 mit Eculizumab. In der Pegcetacoplan-Gruppe schlossen 38 Patienten die RCP ab und in der Eculizumab-Gruppe alle 39.

 

Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Veränderung des Hämoglobinspiegels vom Ausgangswert bis Woche 16. Diese betrug in der Pegcetacoplan-Gruppe +2,4 mg/dl und in der Eculizumab-Gruppe -1,5 mg/dl – ein statistisch signifikanter Vorteil für Pegcetacoplan. Von den damit behandelten Patienten erreichte jeder dritte (34 Prozent) eine Normalisierung des Hämoglobinwerts, von den Patienten unter fortgesetzter Eculizumab-Therapie keiner. In den sekundären Endpunkten Transfusionsvermeidung und Veränderung der absoluten Retikulozytenzahl konnte die Nichtunterlegenheit von Pegcetacoplan gezeigt werden. Dagegen wurde bei der Veränderung des LDH-Werts die Nichtunterlegenheit verfehlt.

Hintergrundinfos

Das Komplementsystem ist ein Teil des angeborenen Immunsystems, das ähnlich wie die Blutgerinnung kaskadenartig aktiviert wird. Bei Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) sind die Erythrozyten aufgrund eines Gendefekts unzureichend vor einem Angriff und anschließenden Abbau durch das Komplementsystem geschützt. Infolge der chronischen Hämolyse leiden betroffene Patienten an Anämie, zudem sind venöse Thromboembolien an atypischen Stellen und eine Zytopenie Teil der Krankheitsbilds.

Besonderheiten

Aspaveli ist in der Originalverpackung bei 2-8 °C (Kühlschrank) zu lagern.

Aspaveli ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Die Anwendung von Pegcetacoplan bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Gleiches gilt für das Stillen, das unter der Therapie eingestellt werden sollte.

Vorläufige Bewertung

Sprunginnovation

Letzte Aktualisierung: 02.05.2022

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