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ARZNEISTOFFE

Anifrolumab|Saphnelo®|51|2022

STOFFGRUPPE
51 Immunmodulatoren
WIRKSTOFF
Anifrolumab
FERTIGARZNEIMITTEL
Saphnelo®
HERSTELLER

Astra-Zeneca

MARKTEINFÜHRUNG (D)
04/2022
DARREICHUNGSFORM

300 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
L04AA51
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Saphnelo ist zugelassen als Add-on-Behandlung von erwachsenen Patienten mit moderatem bis schwerem, aktivem Autoantikörper-positivem systemischem Lupus erythematodes (SLE), die bereits eine Standardtherapie erhalten.

Wirkmechanismus

Binden Typ-1-Interferone (Typ-1-IFN) an den IFN-α-Rezeptor (IFNAR), wird eine entzündungsfördernde Signalkaskade ausgelöst. Schätzungsweise bis zu 75 Prozent der erwachsenen SLE-Patienten weisen eine erhöhte Expression von Typ-1-IFN-regulierten Genen auf. Bei SLE befeuern die hochregulierten Typ-1-IFN den zugrundeliegenden Autoimmunprozess immer weiter und bewirken dadurch eine chronische Entzündung und Gewebeschädigung.

 

Anifrolumab bindet mit hoher Spezifität und Affinität an die Untereinheit 1 des IFNAR. Das hemmt die Typ-1-IFN-Signaltransduktion und blockiert damit die biologische Aktivität von Typ-1-IFN. Ferner induziert Anifrolumab die Internalisierung der Untereinheit 1 des IFNAR und reduziert so die IFNAR1-Anzahl auf der Zelloberfläche, die für die Rezeptorbindung zur Verfügung steht. So werden insgesamt die nachgelagerten entzündlichen und immunologischen Prozesse inhibiert.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosis beträgt 300 mg Anifrolumab. Sie wird alle vier Wochen als intravenöse Infusion über eine Dauer von 30 Minuten gegeben. Wenn eine geplante Infusion verpasst wurde, soll diese so bald wie möglich nachgeholt werden. Ein Mindestabstand von 14 Tagen soll zwischen den Dosen aber eingehalten werden. Die Behandlung ist unter Umständen zu unterbrechen oder zu beenden, wenn der Patient Reaktionen im Zusammenhang mit der Infusion entwickelt. Bei Patienten mit infusionsbedingten Reaktionen in der Anamnese kann vor der Infusion von Anifrolumab eine Prämedikation gegeben werden, etwa ein Antihistaminikum. Die Anwendung von Anifrolumab in Kombination mit anderen Biologika wird nicht empfohlen.

 

Vor Beginn der Behandlung sollte darauf geachtet werden, dass alle notwendigen Schutzimpfungen abgeschlossen sind. Patienten, die mit Anifrolumab behandelt werden, sollen nicht mit Lebendimpfstoffen oder attenuierten Lebendimpfstoffen geimpft werden.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen in Studien zu Anifrolumab waren Infektionen der oberen Atemwege (34 Prozent) und Bronchitis (11 Prozent). Häufig kam es zum Beispiel zu Herpes zoster (6 Prozent). Eine Therapie mit Anifrolumab sollte daher bei Patienten mit einer klinisch signifikanten aktiven Infektion nicht begonnen werden, bevor nicht die Infektion abgeheilt ist oder adäquat behandelt wird.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Anifrolumab wurden in den beiden randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Studien TULIP-1 und -2 untersucht. Die Patienten hatten eine mittelschwere bis schwere SLE-Erkrankung und erhielten alle eine Standardtherapie, etwa orale Corticosteroide, Antimalariamittel und/oder Immunsuppressiva.

 

In TULIP-1 mit 457 SLE-Patienten, die alle vier Wochen 150 oder 300 mg Anifrolumab oder Placebo bekamen, wurde der primäre Endpunkt (SLE-Responder-Index 4) nicht erreicht. Selbst in der Dosisgruppe mit 300 mg alle vier Wochen war der Anteil der Patienten in Woche 52 mit einem SRI-4-Ansprechen vergleichbar mit Placebo (47 versus 43 Prozent). Immerhin deuteten aber mehrere sekundäre Endpunkte, etwa eine anhaltende Reduktion der oralen Corticoiddosis, auf einen klinischen Nutzen von Anifrolumab im Vergleich zu Placebo hin.

 

Erfolgreicher verlief die TULIP-2-Studie mit 362 Patienten. Der primäre Endpunkt dieser Studie war das Ansprechen in Woche 52, gemessen anhand der BICLA-Skala (BILAG-Based Composite Lupus Assessment). Das Verum (300 mg Anifrolumab intravenös alle vier Wochen) reduzierte die Krankheitsaktivität: 48 Prozent der Patienten unter Anifrolumab erreichten eine BICLA-Response im Vergleich zu 32 Prozent in der Placebogruppe. Auch in dieser Studie konnte mithilfe des Antikörpers bei vielen Patienten die orale Corticoiddosis reduziert werden.

Hintergrundinfos

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine seltene Autoimmunerkrankung aus dem Formenkreis der Kollagenosen. Die Prävalenz in Deutschland wird auf 30 bis 40 pro 100.000 Einwohner geschätzt. Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer. In vielen Fällen liegt der Krankheitsbeginn zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Der Krankheitsverlauf des SLE ist durch Schübe und Remissionen gekennzeichnet. Der klinische Verlauf ist sehr variabel und weist ein breites Spektrum von Organmanifestationen auf. Häufig betroffen sind die Gelenke, das Herz, die Lunge sowie das zentrale Nervensystem. Bei etwa 50 Prozent der Patienten tritt eine Nierenentzündung auf, die sogenannte Lupusnephritis. Zudem weisen im Verlauf der Erkrankung etwa 75 Prozent der Patienten Hautveränderungen auf. Bei vielen SLE-Patienten ist auch das Muskel- und Skelettsystem betroffen.

 

Viele Betroffene erhalten eine Behandlung mit Hydroxychloroquin oder Chloroquin. Zur lokalen Behandlung von Hautveränderungen sind topische Glucocorticoide erste Wahl. Bei der systemischen Gabe von Corticoiden sollte in der Langzeitanwendung eine tägliche Dosis von ≤ 7,5 mg/d Prednisolonäquivalent angestrebt werden, um das Risiko für Nebenwirkungen möglichst gering zu halten. Falls dies nicht möglich ist, kann auch der Einsatz von Immunsuppressiva wie Azathioprin, Methotrexat oder Mycophenolat-Mofetil erwogen werden. Auch Biologika haben in die Behandlung des SLE Einzug gehalten. So können Ärzte seit einigen Jahren in bestimmten Fällen den Antikörper Belimumab einsetzen.

Besonderheiten

Saphnelo ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern.

Saphnelo ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Die Anwendung von Saphnelo während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen, es sei denn der mögliche Nutzen rechtfertigt das potenzielle Risiko. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob das Stillen unterbrochen oder auf die Behandlung mit dem Antikörper verzichtet wird.

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Vorläufige Bewertung

Sprunginnovation

Letzte Aktualisierung: 02.05.2022

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