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ARZNEISTOFFE

Abatacept|Orencia®|05|2007

STOFFGRUPPE
05 Analgetika/Antirheumatika
WIRKSTOFF
Abatacept
FERTIGARZNEIMITTEL
Orencia®
HERSTELLER

Bristol-Myers Squibb

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2007
DARREICHUNGSFORM

125 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze
250 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
L04AA24
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Orencia ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) zugelassen für Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA), die auf vorangegangene Therapien mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs), einschließlich MTX und TNF-α-Inhibitoren nicht ausreichend angesprochen haben oder diese nicht vertragen.

Wirkmechanismus

Abatacept ist ein rekombinant hergestelltes, lösliches Fusionsprotein, das aus einer extrazellulären Domäne des humanen zytotoxischen T-Lymphozyten-Antigens 4 (CTLA-4) und einem Fragment des Fc-Anteils vom humanem Immunglobulin IgG1 besteht. Abatacept bindet wie CTLA-4 an CD80/86 und moduliert damit selektiv das zweite Signal. Es wirkt stärker auf naive T-Zellen als auf Gedächtniszellen. In Studien sanken dosisabhängig die Spiegel von Entzündungsmarkern sowie Interleukin-2(IL-2)-Rezeptor als Marker für die T-Zellaktivierung.

 

T-Zellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Initiierung und Aufrechterhaltung der pathologischen Immunantwort bei der RA, die im weiteren Verlauf zu Entzündung und Gewebezerstörung führt. Abatacept greift sehr früh in die Aktivierung von T-Zellen ein, indem es ein costimulatorisches Signal unterbricht. Damit soll es die Daueraktivierung des Immunsystems und die Produktion inflammatorischer Zytokine dämpfen. Tatsächlich besserten sich in mehreren Studien die klinischen Symptome, die körperlichen Funktionen und die Lebensqualität der Patienten. Zielparameter waren meist die ACR20-Ansprechraten, das heißt, die Anzahl der Patienten, die eine klinische Besserung um mindestens 20 Prozent gemäß der Kriterien des American College of Rheumatology erlebten.

Anwendungsweise und -hinweise

Abatacept wird intravenös als 30-minütige Infusion oder als subkutane Injektion appliziert. Es hat eine lineare Pharmakokinetik und eine mittlere Halbwertszeit von rund 13 Tagen. Als Infusion wird die wirksame Dosis von etwa 10 mg/kg Körpergewicht an den Tagen 1, 15 und 30 sowie anschließend alle vier Wochen gegeben, als subkutane Injektion eine Dosis von 125 mg mit oder ohne Aufsättigung einmal wöchentlich.

Wichtige Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von Orencia mit TNF-α-Inhibitoren wird nicht empfohlen.
Für eine Wirkungsbeeinflussung von Abatacept durch MTX, NSARs und Corticosteroide gibt es keine Hinweise. Keine größeren Sicherheitsbedenken gibt es für die Kombination mit Sulfasalazin, Hydroxychloroquin oder Leflunomid. Die gleichzeitige Anwendung von immunsuppressiven oder immunmodulierenden Biologika könnte den Einfluss von Orencia auf das Immunsystem verstärken. Lebendimpfstoffe sollten während und drei Monate nach Abschluss der Therapie mit Orencia nicht gegeben werden.

Nebenwirkungen

Häufigste Nebenwirkungen in den Studien zu Orencia waren Kopfschmerzen und Übelkeit. Probleme können ferner daraus entstehen, dass Abatacept die Immunabwehr gegen Infektionen und Malignome schwächt. In den Studien kam es tatsächlich häufiger zu schweren Infektionen, vor allem der Harn- und Atemwege sowie im Gastrointestinaltrakt (bei 2,9 versus 1,7 Prozent der Patienten). Besonders ungünstig war die Kombination mit einem Biologikum, zum Beispiel Etanercept oder Infliximab, die daher nicht empfohlen wird.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Patienten mit schweren und unkontrollierten Infektionen wie Sepsis und opportunistischen Infektionen ist Orencia kontraindiziert.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

In einer Studie erhielten 652 Patienten mit trotz MTX-Therapie aktiver RA entweder Abatacept oder Placebo zusätzlich zu MTX. Nach sechs Monaten hatten mehr als zwei Drittel der Patienten unter Verum eine ACR20 erreicht, aber nur 40 Prozent unter Placebo. Eine 50-prozentige Besserung erreichten 40 versus 17 Prozent, eine ACR70 immerhin 20 Prozent mit Verum gegenüber 6 Prozent mit Placebo. Die Ansprechraten lagen in der Verumgruppe nach einem Jahr noch höher. Die körperlichen Funktionen waren signifikant besser und die Progressionsrate deutlich verlangsamt. Die Nebenwirkungsrate war vergleichbar, die Abatacept-Patienten litten aber häufiger an schweren Infektionen (2,5 versus 0,9 Prozent) und Infusionsreaktionen.

 

Eine weitere Studien zeigte, dass Abatacept auch Patienten hilft, bei denen eine TNF-α-hemmende Therapie, meist mit Etanercept oder Infliximab, nicht genügt hatte. Die Hälfte erreichte nach sechs Monaten eine ACR20, aber nur jeder fünfte in der Placebogruppe. Im direkten Vergleich schnitten Infliximab und Abatacept nach sechs Monaten vergleichbar gut und deutlich besser als Placebo ab (gemessen als mittlere Veränderung der Krankheitsaktivität). Mit Abatacept erreichten die Patienten nach einem Jahr eine weitere Verbesserung. Inzwischen liegen Daten vor, die ein Ansprechen über 18, 24 und 48 Monate zeigen.

Hintergrundinfos

Zwei Signale für die T-Zellaktivierung: Damit die Immunantwort auf ein Antigen nicht aus dem Ruder läuft, ist die Aktivierung von T-Lymphozyten komplex geregelt. Zwei Signale, die von Antigen-präsentierenden Zellen (APC) ausgehen, sind für die volle T-Zellaktivierung nötig. Das erste Signal besteht in der Interaktion des gebundenen Antigens mit einem T-Zellrezeptor. Das zweite, „costimulatorische“ Signal besteht zum Beispiel in der Bindung von CD80- und CD86-Molekülen auf den APC an den CD28-Rezeptor auf T-Zellen. Ohne diese Interaktion bleibt der Lymphozyt regungslos (anerg). Kurz danach schütten die aktivierten T-Zellen ein negatives Costimulationsmolekül aus, das CTLA-4. Dieses ist homolog zu CD28, bindet aber mit höherer Affinität an CD80/86. Damit reduziert die aktivierte T-Zelle selbst die weitere Stimulation und eine überschießende Immunantwort.

Besonderheiten

Orencia ist im Kühlschrank (2–8 °C) zu lagern. Es darf nicht einfrieren.
Orencia ist in der Originalverpackung aufzubewahren, um das Arzneimittel vor Licht zu schützen.
Orencia ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Orencia darf während einer Schwangerschaft nicht angewendet werden. Während und in den 14 Wochen nach Abschluss der Behandlung mit Orencia sollten Frauen im gebärfähigen Alter eine Schwangerschaft zuverlässig verhüten. Während und in den 14 Wochen nach Abschluss der Behandlung mit Orencia sollten Frauen nicht stillen.

Letzte Aktualisierung: 13.11.2015