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ARZNEISTOFFE

Remdesivir|Veklury®|83|2021

STOFFGRUPPE
83 Virustatika
WIRKSTOFF
Remdesivir
FERTIGARZNEIMITTEL
Veklury®
HERSTELLER

Gilead

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2021
DARREICHUNGSFORM

100 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
J05AB16
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Veklury ist zugelassen zu Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen und pädiatrischen Patienten (ab einem Alter von 4 Wochen und einem Körpergewicht ab 3 kg) mit einer Pneumonie, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert (Low- oder High-Flow Sauerstofftherapie oder eine andere nicht-invasive Beatmung zu Therapiebeginn).


Veklury ist außerdem zugelassen zu Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen und pädiatrischen Patienten (mit einem Körpergewicht ab 40 kg), die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln.

Wirkmechanismus

Remdesivir ist ein Prodrug, das in Wirtszellen in die Wirkform Remdesivir-Triphosphat überführt wird. Letzteres wirkt als Analogon des Nukleotids Adenosin-Triphosphat (ATP), das unter anderem Viren wie SARS-CoV-2 für ihre Replikation benötigen. Wird Remdesivir-Triphosphat statt ATP in die entstehende Virus-RNA eingebaut, kommt es zum Kettenabbruch und die Virusvermehrung wird gestoppt. Eine Behandlung mit Remdesivir ist daher vor allem in der Frühphase der SARS-CoV-2-Infektion sinnvoll.

Anwendungsweise und -hinweise

Jugendliche und erwachsene Patienten mit Pneumonie und zusätzlicher Sauerstoffzufuhr erhalten an Tag 1 der Behandlung 200 mg Remdesivir und danach für mindestens vier und maximal neun Tage 100 mg Remdesivir täglich als intravenöse Infusion. Bei pädiatrischen Patienten rischtet sich die Dosis nach dem Körpergewicht.

 

Bei erwachsenen Patienten ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf, aber mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf sollte die Therapie mit Remdesivir sobald als möglich nach der Diagnose und innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn begonnen werden. Die gesamte Behandlungsdauer sollte drei Tage betragen.

 

Remdesivir sollte bei Patienten mit schlechter Nierenfunktion (eGFR unter 30 ml/min) nicht angewendet werden. Vor Beginn der Therapie und währenddessen sollte die Leberfunktion überwacht werden. Beträgt der Wert des Leberenzyms Alanin-Aminotransferase (ALT) das Fünffache der normalen Obergrenze oder mehr, soll Remdesivir nicht gegeben werden.

 

Bei der Infusion kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen, auf die das Behandlerteam vorbereitet sein und schnell reagieren können sollte.

Wichtige Wechselwirkungen

Laut In-vitro-Daten hat Remdesivir das Potenzial für verschiedene pharmakokinetische Interaktionen, da es ein Substrat für verschiedene CYP-Enzyme und zelluläre Transportsysteme ist. Dies wird jedoch vor dem Hintergrund der kurzen Behandlungsdauer überwiegend als klinisch nicht relevant angesehen. Nicht empfohlen wird die gleichzeitige Gabe von starken PGP-Induktoren wie Rifampicin, da dies die Plasmakonzentration von Remdesivir senken kann. Für Dexamethason, das als mittelstarker CYP3A4- und PGP-Induktor beschrieben wurde, gilt dies jedoch ausdrücklich nicht.

Nebenwirkungen

Unter Remdesivir kommt es sehr häufig zu einem Anstieg der Transaminasen und häufig zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Hautausschlag. Außerdem kann es zu einer Bradykardie kommen (Häufigkeit unbekannt).

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

In der US-amerikanischen ACTT-1-Studie konnte gezeigt werden, dass die Therapie mit Remdesivir bei bestimmten Patienten krankheitsverkürzend wirkt: In der Gesamtpopulation von 1063 hospitalisierten Patienten betrug die mediane Zeit bis zur Besserung der Erkrankung 11 Tage statt 15 Tage unter Placebo. Besserung war hier definiert als Entlassung aus dem Krankenhaus oder fortbestehende Hospitalisierung ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf. Ein Vorteil war dabei ausschließlich in der Gruppe der 943 schwer erkrankten Patienten zu sehen: Bei ihnen betrug die Zeit bis zur Besserung 12 Tage in der Remdesivir-Gruppe versus 18 Tage in der Placebogruppe. Bei leicht bis mittelschwer erkrankten Probanden gab es keinen Unterschied zwischen den Gruppen (jeweils fünf Tage bis zur Besserung).

 

Den harten Endpunkt Senkung der Sterblichkeit verfehlte Remdesivir allerdings in der ACTT-1-Studie: Die 29-Tage-Mortalität betrug in der Gesamtpopulation 11,6 Prozent unter Verum und 15,4 Prozent unter Placebo – ein statistisch nicht signifikanter Unterschied. Laut Daten des Lean European Open Survey on SARS-CoV-2 infected patients (LEOSS) zeigte sich ein Mortalitätsvorteil für Patienten, die sich in der kritischen Phase von Covid-19 befanden (definiert hauptsächlich durch den Bedarf an zusätzlichem Sauerstoff). Laut der Analyse, für die 459 mit Remdesivir behandelte Patienten und 918 gematchte Kontrollen berücksichtigt wurden, starben in der Remdesivir-Gruppe 38 von 459 Patienten (8,3 Prozent) und in der Kontrollgruppe 149 von 913 Patienten (16,3 Prozent).

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Veklury sind keine besonderen Bedingungen zu berücksichtigen.

Veklury ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Remdesivir

Remdesivir

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

remdesivir.wrl

Links

Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)

 

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 29.06.2021 (COVID-19)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.01.2022 (COVID-19, mit zusätzlicher Sauerstoffzufuhr, ≥ 4 Wochen bis < 12 Jahre)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 11.04.2022 (COVID-19, ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr, erhöhtes Risiko für schweren Verlauf)

 

Nutzenbewertung des IQWiG vom 12.01.2023 (COVID-19, ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr, erhöhtes Risiko für schweren Verlauf, < 18 Jahre) 

Weitere Hinweise

Während der Schwangerschaft darf Remdesivir nicht angewendet werden, es sei denn, der klinische Zustand der Frau erfordert dies. In der Stillzeit ist eine Entscheidung zu treffen, ob das Stillen oder die Behandlung mit Remdesivir zu unterbrechen ist.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 12.04.2023

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