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ARZNEISTOFFE

Rilpivirin|Edurant®|83|2012

STOFFGRUPPE
83 Virustatika
WIRKSTOFF
Rilpivirin
FERTIGARZNEIMITTEL
Edurant®
HERSTELLER

Janssen

MARKTEINFÜHRUNG (D)
01/2012
DARREICHUNGSFORM

25 mg Filmtabletten

ATC-CODE
J05AG05
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Edurant ist in Kombinationstherapien für die Behandlung von HIV-1-Infektionen bei antiretroviral nicht vorbehandelten Patienten ab 12 Jahren mit einer Viruslast von maximal 100.000 RNA-Kopien pro Milliliter zugelassen.

Wirkmechanismus

Rilpivirin ist ein Diarylpyrimidin aus der Klasse der nicht nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI). Diese blockieren die Aktivität des viruseigenen Enzyms Reverse Transkriptase, welches für die Vermehrung der Viren in den infizierten Zellen wichtig ist. Rilpivirin bindet wie andere NNRTI an einer Stelle neben dem aktiven Zentrum des Enzyms, sodass die natürlichen Substrate keinen Zugang mehr zum aktiven Zentrum finden. So kann virale RNA nicht mehr in DNA umgeschrieben werden.

Anwendungsweise und -hinweise

Als Standarddosierung nehmen Patienten einmal pro Tag eine 25-mg-Tablette Rilpivirin ein. Apotheker sollten unbedingt darauf hinweisen, dass die Einnahme mit einer Mahlzeit erfolgen muss. Bei der Einnahme auf nüchternen Magen ist die Verfügbarkeit von Rilpivirin im Vergleich zur Einnahme mit einer Mahlzeit mit normalem Kaloriengehalt (544 kcal) oder einer fetthaltigen, kalorienreichen Mahlzeit (928 kcal) um etwa 40 Prozent niedriger. Dies kann zu einer verminderten therapeutischen Wirkung des NNRTI führen.

 

Wenn der Patient die Einnahme einer Rilpivirin-Dosis vergisst und dies innerhalb von zwölf Stunden nach dem üblichen Einnahmezeitpunkt bemerkt, sollte er die Einnahme so schnell wie möglich nachholen. Nach der 12-Stunden-Frist sollte er dies nicht mehr tun und am Folgetag sein gewohntes Dosierungsschema wieder aufnehmen. Erbricht sich der Patient innerhalb von vier Stunden nach der Einnahme, sollte er eine weitere Tablette mit einer Mahlzeit schlucken. Tritt Erbrechen mehr als vier Stunden nach der Einnahme auf, ist dies nicht notwendig.

 

Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung oder terminaler Niereninsuffizienz beziehungsweise mäßiger Leberfunktionsstörung sollte die Anwendung unter Vorsicht erfolgen. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung wird sie nicht empfohlen.

Wichtige Wechselwirkungen

Rilpivirin darf mit einer Reihe von Medikamenten nicht gleichzeitig eingenommen werden. Da es bei CYP3A-Enzyminduktion oder einem erhöhten pH-Wert im Magen zu einer signifikanten Abnahme der Rilpivirin-Konzentration im Plasma mit Abnahme der therapeutischen Wirkung kommen kann, darf der NNRTI nicht gleichzeitig mit den Antiepileptika Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenobarbital und Phenytoin, den Tuberkulostatika Rifampicin und Rifapentin, Protonenpumpenhemmern wie Omeprazol, Esomeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol und Rabeprazol, dem systemischen Glucocorticoid Dexamethason (außer einer Behandlung mit einer Einzeldosis) und mit Johanniskrautpräparaten angewendet werden.

 

Rilpavirin sollte mit Vorsicht angewendet werden, wenn gleichzeitig Arzneimittel mit bekanntem Risiko für Torsade de Pointes eingesetzt werden.

Nebenwirkungen

Die in Studien zu Rilpavirin am häufigsten berichteten Nebenwirkungen mit zumindest mäßiger Intensität waren Depressionen (4,1%), Kopfschmerzen (3,5%), Schlaflosigkeit (3,5%), Hautausschlag (2,3%) und Bauchschmerzen (2,0%).

 

Als behandlungsbedingte klinische Laborwert-Anomalien (Schweregrad 3 oder 4) traten erhöhte Pankreasamylase (3,8 %), erhöhte AST (2,3 %), erhöhte ALT (1,6 %), erhöhtes LDL-Cholesterin (nüchtern, 1,5%), verminderte Zahl der weißen Blutkörperchen (1,2 %), erhöhte Lipase (0,9%), erhöhtes Bilirubin (0,7%), erhöhte Triglyceride (nüchtern, 0,6%), vermindertes Hämoglobin (0,1 %), verminderte Thrombozytenzahl (0,1 %) und erhöhtes Gesamtcholesterin (nüchtern, 0,1 %) auf.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Die gleichzeitige Anwendung mit den unter Wechselwirkungen genannten Wirkstoffen ist kontraindiziert.

 

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Evidenz für die Wirksamkeit basiert auf den 48-Wochen-Daten von zwei randomisierten Doppelblindstudien der Phase III: ECHO (n = 690) und THRIVE (n = 678). Abgesehen vom Basisregime (BR) war das Studiendesign bei ECHO und THRIVE identisch. Nach 48 Wochen wurde die virologische Ansprechrate (nicht nachweisbare Viruslast) bei Patienten, die einmal täglich 25 mg Rilpivirin zusätzlich zu einem BR erhielten, im Vergleich zu Patienten, die einmal täglich 600 mg Efavirenz zusätzlich zu einem BR erhielten, ausgewertet. In beiden Studien ließ sich hinsichtlich der Wirksamkeit eine Nichtunterlegenheit von Rilpivirin im Vergleich zu Efavirenz nachweisen.

 

Die gepoolte Analyse der beiden Studien ergab, dass nach 48 Wochen 84 Prozent der mit Rilpivirin und 82 Prozent der mit Efavirenz behandelten Patienten unter der Nachweisgrenze von 50 Viruskopien/ml lagen. Die mittlere Veränderung der CD4+-Zellzahl im Vergleich zum Studienbeginn war vergleichbar (+192 x 106 Zellen/l im Rilpivirin-Arm und +176 x 106 Zellen/l im Efavirenz-Arm).

 

Hinsichtlich eines virologischen Versagens ergab die Analyse Folgendes: Bei Patienten mit einer Ausgangsviruslast von maximal 100 000 HIV-1-RNA-Kopien/ml trat es bei 3,8 Prozent der Patienten unter Rilpivirin versus 3,3 Prozent im Efavirenz-Arm auf. Bei Patienten mit einer Ausgangsviruslast von mehr als 100.000 HIV-1-RNA-Kopien/ml war der Unterschied größer. Virologisches Versagen wurde bei 15 Prozent der mit Rilpivirin behandelten Patienten und nur bei 6 Prozent der mit Efavirenz behandelten Patienten registriert. Patienten mit einer Viruslast von mindestens 100.000 Kopien/ml wiesen bei virologischem Versagen auch eine höhere Rate behandlungsbedingter Resistenzen gegen NNRTI auf.

 

Dementsprechend gelangte der Ausschuss für Humanarzneimittel der europäischen Zulassungsbehörde EMA zu dem Schluss, dass bei Patienten mit einer niedrigen HIV-1-Viruslast der Nutzen von Rilpivirin gegenüber den Risiken überwiegt, und empfahl nur für diese Patientengruppe, die Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erteilen.

Hintergrundinfos

Rilpivirin ist auch in Eviplera® von Gilead Sciences enthalten. Dieses Kombinationspräparat enthält 200 mg Emtricitabin, 25 mg Rilpivirin und 245 mg Tenofovir. Damit ist es nun auch für therapienaive HIV-Patienten möglich, nur eine Tablette pro Tag einzunehmen. Bisher war Atripla® mit den Wirkstoffen Efavirenz, Emtricitabin und Tenofovir das einzige Präparat in Deutschland, das ein sogenanntes Single-Tablet-Regime möglich gemacht hat. Allerdings ist Atripla, obwohl die Einzelsubstanzen als erste Wahl empfohlen werden, nicht für die ersten Monate nach Therapiestart zugelassen, sondern erst, wenn die Viruslast für drei Monate unter der Nachweisgrenze liegt.

 

Außerdem ist Rilpivirin in Odefsey® (200 mg Emtricitabin, 25 mg Rilpivirin, 25 mg Tenofovir) enthalten, das ebenfalls von Gilead Sciences angeboten wird.

 

Rilpivirin ist auch in Rekambys® (600 mg und 900 mg Depot-Injektionssuspension) von Janssen enthalten.

 

Besonderheiten

Edurant Tabletten sind im Originalkarton aufzubewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.

Edurant unterliegt der Verschreibungspflicht.

Formeln

Rilpivirin

Rilpivirin

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

Rilpivirin.wrl

Weitere Hinweise

Eine Anwendung von Rilpivirin während der Schwangerschaft kann bei Bedarf in Erwägung gezogen werden. Es ist nicht bekannt, ob Rilpivirin in die Muttermilch übergeht. Wegen der Möglichkeit unerwünschter Wirkungen und der Gefahr, die Infektion auf den Säugling zu übertragen, sollten Mütter mit HIV nicht stillen.

Letzte Aktualisierung: 30.06.2022

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