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ARZNEISTOFFE

Maraviroc|Celsentri®|83|2007

STOFFGRUPPE
83 Virustatika
WIRKSTOFF
Maraviroc
FERTIGARZNEIMITTEL
Celsentri®
HERSTELLER

Pfizer

MARKTEINFÜHRUNG (D)
10/2007
DARREICHUNGSFORM

150 mg Filmtabletten
300 mg Filmtabletten

ATC-CODE
J05AX09
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Celsentri ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Therapie vorbehandelter HIV-Patienten zugelassen, bei denen ausschließlich CCR5-trope HI-Viren nachgewiesen wurden.

Wirkmechanismus

Maraviroc bindet selektiv an den Chemokin-Rezeptor CCR5 des Menschen. Dadurch können HI-Viren, die diesen Corezeptor benutzen, nicht mehr in ihre Zielzellen eindringen (CCR5-trope HIV). Der Arzneistoff zeigt in vitro keine Aktivität gegen Viren, die nur oder auch CXCR4 benutzen (CXCR4- oder dualtrope Viren). Daher ist Maraviroc nur zugelassen zur Therapie von vorbehandelten HIV-1-positiven Erwachsenen, bei denen in einer frischen Blutprobe ausschließlich CCR5-trope Viren nachgewiesen wurden.

 

Maraviroc besetzt den CCR5-Chemokin-Corezeptor, den viele HI-Viren zum Andocken an die humane Zellmembran brauchen. Der nachfolgende Fusionsschritt kann dann nicht mehr stattfinden. Folglich kann das Virus nicht in die Zelle eindringen.

Anwendungsweise und -hinweise

Wie immer in der antiretroviralen Therapie müssen mehrere Arzneistoffe kombiniert werden. Die empfohlene Dosis liegt bei 150, 300 oder 600 mg Maraviroc zweimal täglich. Dies hängt stark von der jeweiligen Begleittherapie ab, da der Arzneistoff als Substrat von CYP-3A4 mit vielen anderen Wirkstoffen interagiert.

Wichtige Wechselwirkungen

Als Substrat von CYP-3A4 interagiert Maraviroc mit vielen anderen Wirkstoffen. Die gleichzeitige Anwendung von Johanniskraut sollte vermieden werden.

Nebenwirkungen

Die häufigste Nebenwirkung von Maraviroc ist Übelkeit. Häufig klagten die Patienten auch über Durchfall und Kopfschmerzen. Menschen mit einem Leberleiden, einschließlich Hepatitis-B- oder -C-Infektion, haben möglicherweise ein höheres Risiko für Leberschäden. Dies muss sorgfältig beobachtet werden, da die Entwicklung anderer CCR5-Inhibitoren wegen Hepatotoxizität gestoppt wurde.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Maraviroc wurde in zwei großen Studien geprüft (MOTIVATE-1 und -2). Etwa 1000 vorbehandelte Patienten mit CCR5-tropen Viren erhielten entweder Maraviroc (300 mg ein- oder zweimal täglich) oder Placebo, immer zusätzlich zu einer individuell optimierten Basistherapie (OBT). Primärer Zielparameter war die Senkung der HIV-Spiegel im Blut (Viruslast) nach 24 Wochen. Das Verum war deutlich effektiver als Placebo. Je nach Studie hatten 40 bis 48 Prozent der Patienten, die Maraviroc bekamen, Virustiter unterhalb der Nachweisgrenze im Vergleich zu 20 bis 24 Prozent unter Placebo. Ähnliche Ergebnisse wurden beobachtet, wenn man die Patienten über 48 Wochen weiterbehandelte (zweimal täglich 300 mg). Insgesamt führte die ein- oder zweimal tägliche Einnahme von Maraviroc zu ähnlichen Erfolgen. Die höhere Dosierung war etwas wirksamer bei Patienten mit schlechter Prognose. Interessant ist eine exploratorische Studie mit Patienten mit dual- oder CXCR4-tropen HIV-1. Ohne dass negative Effekte auf Viruslast oder CD4-Zellzahlen beobachtet wurden, konnte weder eine Überlegenheit noch eine Nicht-Unterlegenheit von Maraviroc gegenüber OBT alleine gezeigt werden.

Hintergrundinfos

Mehrere Mechanismen müssen zusammentreffen, damit ein HI-Virus in eine humane Zelle eindringen kann. Dies ist für das Virus essenziell, da es sich nur intrazellulär vermehren kann. Der erste Schritt der „Annäherung“ erfolgt zwischen dem Virus-Hüllprotein gp-120 und dem zellulären CD4-Rezeptor („Attachment“). Im nächsten Schritt kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen der V3-Schleife des gp120 und Corezeptoren, die zu den Chemokin-Rezeptoren gehören und in der humanen Zellmembran in der Umgebung von CD4 exprimiert werden. Eine Schlüsselfunktion für HIV haben der CCR5- und der CXCR4-Corezeptor. Abschließend erfolgt die Fusion der beiden Zellmembranen.

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Celsentry müssen keine besonderen Bedingungen eingehalten werden.
Celsentry ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Maraviroc

Maraviroc

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

maraviroc.wrl

Links

Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR):

www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/000811/WC500022191.pdf

 

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels:

www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Product_Information/human/000811/WC500022190.pdf

 

HIV-Prävention:

www.gatesfoundation.org

 

HIV/Aids-Programme:

www.who.int/hiv

 

Aids-Forum:

www.iasociety.org

 

Informationen rund um das Thema HIV:

www.leben-mit-hiv.de

 

Welt-Aids-Tag:

www.welt-aids-tag.de

Weitere Hinweise

Während einer Schwangerschaft darf Maraviroc nur angewendet werden, wenn der zu erwartende Nutzen mögliche Risiken überwiegt. Mütter mit HIV sollten keinesfalls stillen, um eine Übertragung des Virus auf den Säugling zu vermeiden.

Letzte Aktualisierung: 20.11.2015

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