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ARZNEISTOFFE

Tenofovirdisoproxil|Viread®|83|2002

STOFFGRUPPE
83 Virustatika
WIRKSTOFF
Tenofovirdisoproxil
FERTIGARZNEIMITTEL
Viread®
HERSTELLER

Gilead Sciences

MARKTEINFÜHRUNG (D)
02/2002
DARREICHUNGSFORM

123 mg Filmtabletten

163 mg Filmtabletten

204 mg Filmtabletten

245 mg Filmtabletten

33 mg/g Granulat

ATC-CODE
J05AF07
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Viread in Kombination mit anderen antiretroviralen Wirkstoffen ist zugelassen zur Behandlung von HIV-1-Infektionen sowie der chronischen Hepatitis B.

 

Vor der Behandlung einer HIV-1-Infektion mit Viread wird die Durchführung eines Resistenztests empfohlen und/oder die Berücksichtigung der Behandlungshistorie des Patienten.

Wirkmechanismus

Tenofovirdisoproxil, ein nukleotidanaloger Hemmstoff der Reversen Transkriptase (NtRTI), ist ein Prodrug und liegt im Fertigarzneimittel als Fumarat vor (daher der Name Tenofovir DF). Die Substanz wird in vivo in Tenofovir, ein Nukleosidmonophosphat- beziehungsweise Nukleotid-Analogon, umgewandelt. Nach zweimaliger Phosphorylierung entsteht daraus der aktive Metabolit Tenofovirdiphosphat, der die HIV-1-Reverse-Transkriptase hemmt. Wichtig: Die Substanz wird sowohl in ruhenden als auch in aktivierten T-Zellen umgewandelt. Die Halbwertszeit des Diphosphats ist mit 50 Stunden in ruhenden Monozyten fünfmal so lang wie in aktivierten Zellen. Daher reicht die einmal tägliche Gabe.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosis zur Behandlung von HIV oder chronischer Hepatitis B bei Erwachsenen beträgt einmal täglich 245 mg Tenofovirdisoproxil. Das Arzneimittel wird zu einer Mahlzeit eingenommen. Für Kinder und Jugendliche gelten andere Dosis-Empfehlungen.

 

Versäumt der Patient die Einnahme, sollte er sie nachholen, sofern ein Zeitraum von zwölf Stunden gegenüber der gewohnten Einnahme noch nicht verstrichen ist. Nach diesem Zeitraum sollte er die Einnahme nicht mehr nachholen, sondern im gewohnten Einnahmerhythmus fortfahren.

 

Erbricht der Patient die Tablette innerhalb einer Stunde nach der Einnahme, sollte er eine weitere Tablette einnehmen. Liegt die Einnahme bereits länger zurück, ist dies nicht nötig.

Wichtige Wechselwirkungen

Das Potenzial für Wechselwirkungen von Tenovofir und anderen Arzneimitteln über CYP-Enzyme ist gering.

 

Viread darf jedoch nicht gleichzeitig mit anderen Arzneimitteln angewendet werden, die Tenofovirdisoproxil, Tenofoviralafenamid oder Adefovirdipivoxil enthalten. Die gleichzeitige Anwendung mit Didanosin wird ebenfalls nicht empfohlen.Da Tenofovir hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, kann die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die die Nierenfunktion beeinträchtigen oder um die aktive tubuläre Sekretion über die Transportproteine hOAT 1, hOAT 3 oder MRP 4 (zum Beispiel Cidofovir) konkurrieren, die Serumkonzentration von Tenofovir und/oder dem gleichzeitig angewendeten Arzneimittel erhöhen.

 

Da Tacrolimus die Nierenfunktion beeinträchtigen kann, sollte diese engmaschig überwacht werden, wenn Tacrolimus gleichzeitig mit Tenofovirdisoproxil angewendet wird. Bei gleichzeitiger oder vor kurzem erfolgter Behandlung mit nephrotoxischen Arzneimitteln sollte die Anwendung von Tenofovirdisoproxil vermieden werden. Zu diesen gehören unter anderem Aminoglycoside, Amphotericin B, Foscarnet, Ganciclovir, Pentamidin, Vancomycin, Cidofovir oder Interleukin-2.

 

Über weitere Wechselwirkungen informiert ausführlich eine Tabelle in der Fachinformation.

Nebenwirkungen

Häufigste Nebenwirkungen in Studien zu Tenofovirdisoproxil waren Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö. Ein gering- bis mittelgradiger Abfall des Serumphosphat-Werts wurde bei 15 Prozent der Patienten nach 58 Wochen (Langzeitdaten) beobachtet, jedoch keine Knochenbrüche oder Osteoporose.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

In zwei Studien war Tenofovir DF wirksam bei 186 beziehungsweise 550 mehrjährig intensiv vorbehandelten Patienten, die aufgrund von Mutationen gegen verschiedene Medikamente bereits resistent waren. Sie erhielten zusätzlich zur bestehenden Therapie entweder den NtRTI oder Placebo. Die Viruslast, gemessen als Anzahl der RNA-Kopien pro ml Plasma, blieb unter Placebo nahezu unverändert und sank unter Verum um 0,6 bis 0,7 log10-Stufen. Dieser virologische Effekt blieb über 24 und 48 Wochen erhalten. Die Zahl der CD4-Zellen blieb unverändert oder stieg leicht, aber signifikant an (immunologischer Effekt).

 

Unter der Therapie trat bei einigen Patienten eine K65R-Mutation neu auf, die auch bei Didanosin, Zalcitabin und Abacavir selektiert werden kann. Daraus leitet sich die Empfehlung ab, bei antiretroviral vorbehandelten Patienten vor der Gabe von Tenofovir DF einen Resistenztest zu machen.

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Viread sind keine besonderen Bedingungen einzuhalten.

Viread ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Tenofovirdisoproxil

Tenofovirdisoproxil

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

tenofovir.wrl

Weitere Hinweise

Falls erforderlich, kann eine Therapie mit Viread während der Schwangerschaft in Erwägung gezogen werden. In der Stillzeit sollte Viread hingegen nicht angewendet werden. Grundsätzlich wird HIV- und Hepatitis-B-infizierten Frauen geraten, nicht zu stillen, um eine Übertragung der Infektion auf das Kind zu vermeiden.

Letzte Aktualisierung: 23.03.2017

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