Telaprevir|Incivo®|83|2011 |
Janssen-Cilag
375 mg Filmtabletten
Incivo ist in Kombination mit Peginterferon-α und Ribavirin zur Behandlung der chronischen Hepatitis C vom Genotyp 1 bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung, einschließlich Zirrhose, indiziert. Dies gilt für Patienten, die bislang keine spezifische Behandlung erhalten haben (therapienaiv) oder die auf die Standardmedikation mit Interferon-α und Ribavirin nicht oder nicht dauerhaft angesprochen haben.
Wie Boceprevir gehört auch Telaprevir zur Stoffklasse der direkt wirksamen antiviralen Arzneistoffe (DAA: directly acting antivirals). Beide blockieren eine HCV-spezifische Serinprotease und in der Folge die Replikation des Hepatitis-C-Virus.
Anders als bei Boceprevir beginnen die Patienten bei Telaprevir gleich mit der Dreifachtherapie. Sie nehmen in den ersten zwölf Therapiewochen alle acht Stunden 750 mg Telaprevir (zwei Tabletten) mit einer Mahlzeit ein, da dies die Bioverfügbarkeit deutlich erhöht. Zusätzlich schlucken sie zweimal täglich Ribavirin peroral in einer gewichtsabhängigen Dosierung und injizieren einmal wöchentlich Peginterferon-α subkutan. Ab Woche 13 setzen sie die Therapie ohne Telaprevir fort; je nach virologischem Ansprechen und/oder Vorbehandlung für weitere 12 oder 36 Wochen.
Im Detail: Ist bei therapienaiven Patienten und solchen, die trotz Vortherapie einen Rückfall (Relapse) erlitten haben, in Woche 4 und 12 unter der Triple-Therapie keine HCV-RNA mehr nachweisbar, wird die Zweifachtherapie 12 Wochen lang fortgesetzt. Andernfalls dauert die Therapie noch 36 Wochen. Die gesamte Behandlung dauert somit 24 oder 48 Wochen. Patienten, die auf eine frühere Behandlung nur teilweise oder gar nicht angesprochen haben oder die an einer Zirrhose leiden, erhalten immer eine 48-wöchige Behandlung. Bei einem Boceprevir-haltigen Therapieregime wird erst nach 24 Wochen entschieden, ob die Therapiephase von 48 auf 28 Wochen verkürzt werden kann.
Telaprevir wird in der Leber durch CYP3A metabolisiert und ist ein Substrat von P-Glykoprotein (P-GP). Daraus resultieren zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen, die CYP3A und/oder P-GP induzieren oder hemmen.
Die häufigsten Nebenwirkungen in den Studien zu Telaprevir waren Anämie, Thrombo- und Lymphozytopenie, Hautausschlag (Rash), Pruritus, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö.
Die Apotheke sollte dem Patienten raten, genau auf Hautveränderungen zu achten, denn während der Telaprevir-Einnahme wurden Hautausschläge bei mehr als der Hälfte der Patienten beobachtet. Die Ausschläge sind meist leicht, können in Einzelfällen aber schwer bis lebensbedrohlich verlaufen.
Die gleichzeitige Anwendung von Wirkstoffen, deren Ausscheidung erheblich von CYP3A4 abhängig ist und bei denen eine Erhöhung der Plasmaspiegel zu schweren oder lebensbedrohlichen Ereignissen führen können, ist kontraindiziert. Zu diesen gehören unter anderem Amiodaron, Cisaprid und Simvastatin.
Die gleichzeitige Anwendung von starken CYP3A4-Induktoren kann die Wirkung von Telaprevir erheblich reduzieren und ist daher ebenfalls kontraindiziert. Dazu gehört auch Johanniskraut.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Basis für die Telaprevir-Zulassung waren drei große Phase-III-Studien, die therapienaive und vorbehandelte Patienten einschlossen. In der »Advance-Studie« mit 1088 therapienaiven Patienten erreichten 79 Prozent mit der Dreifachtherapie ein anhaltendes virologisches Ansprechen (SVR: sustained virological response) gegenüber 46 Prozent im Kontrollarm, der eine Zweifachtherapie plus Placebo erhielt. Ein SVR gilt als Heilung. Bei mehr als der Hälfte der Patienten wurde die Therapie auf 24 Wochen verkürzt.
In der »Realize-Studie« waren 662 Patienten eingeschlossen, die auf eine Therapie gar nicht oder nur teilweise angesprochen oder einen Rückfall erlitten hatten. Vier von fünf der Relapse-Patienten und fast jeder dritte frühere Nonresponder erreichte mit dem Telaprevir-Schema ein SVR. In der Kontrollgruppe waren es nur 24 und 5 Prozent. Telaprevir hat als einziger gegen HCV gerichteter Proteasehemmer die Zulassung, die Gesamtbehandlungszeit auch bei Relapse-Patienten auf 24 Wochen zu verkürzen.
Die unverblindete »Illuminate-Studie« mit 540 therapienaiven Patienten ergab, dass eine Behandlung über 24 Wochen der 48-Wochen-Therapie nicht unterlegen ist, wenn in Woche 4 und 12 keine Virus-RNA mehr im Blut nachweisbar war. Dieses Ziel erreichten zwei Drittel der Patienten im Telaprevir-basierten Therapiearm. Gemäß einer dreijährigen Langzeitbeobachtung blieb der Therapieerfolg (SVR) bei 99 Prozent der Patienten erhalten.
Das Behältnis ist stets gut verschlossen zu lagern, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen. Das enthaltene Trockenmittel sollte keinesfalls entfernt werden.
Incivo ist verschreibungspflichtig.
Telaprevir
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR):
www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/002313/WC500115507.pdf
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels:
www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Product_Information/human/002313/WC500115529.pdf
Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG):
www.iqwig.de/telaprevir-zusatznutzen-fuer-bestimmte-patienten.1410.html
Nutzenbewertungen für drei neue Arzneistoffe, Meldung vom 16.01.2012
Das pharmazeutische Personal sollte bei der Abgabe darauf hinweisen, dass Frauen während und nach der antiviralen Therapie sorgfältig verhüten müssen. Dies gilt nicht nur für Patientinnen, sondern auch für die Partnerin eines Patienten. Da hormonelle Kontrazeptiva möglicherweise nicht zuverlässig wirken, werden zwei nicht-hormonelle Verhütungsmethoden empfohlen.
Letzte Aktualisierung: 21.02.2017