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ARZNEISTOFFE

Relebactam|Recarbrio®|10|2021

STOFFGRUPPE
10 Antibiotika
WIRKSTOFF
Relebactam
FERTIGARZNEIMITTEL
Recarbrio®
HERSTELLER

MSD

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2021
DARREICHUNGSFORM

500 mg/500 mg/250 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
J01DH56
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Recarbrio enthält eine Kombination aus 500 mg Imipenem, 500 mg Cilastin und 250 mg Relebactam. Es ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit im Krankenhaus erworbener Pneumonie (HAP) einschließlich beatmungsassoziierter Pneumonie (VAP). Zudem ist es indiziert bei Erwachsenen mit Bakteriämie, für die ein Zusammenhang mit HAP oder VAP besteht oder vermutet wird. Darüber hinaus wird es angewendet zur Behandlung von Infektionen mit aeroben gramnegativen Erregern bei Erwachsenen mit begrenzten Therapieoptionen. In diesem Fall sollte die Behandlung nur nach Beratung durch einen Infektiologen erfolgen.

Wirkmechanismus

Relebactam ist ein β-Lactamase-Hemmer ohne β-Lactamstruktur. Es ist wirksam gegen β-Lactamasen der Ambler-Klassen A und C inklusive KPC, ESBL, AmpC und PDC. Gegen Klasse-B-Enzyme (Metallo-β-Lactamasen) oder Klasse-D-Carbapenemasen ist Relebactam unwirksam. In der Kombination mit Cilastin und Imipenem soll Relebactam die antibiotische Wirkung von Imipenem durch Hemmung der abbauenden Enzyme aufrechterhalten. Cilastatin verzögert als Dehydropeptidase-I-Inhibitor den renalen Metabolismus des Antibiotikums und wirkt damit als Booster.

Anwendungsweise und -hinweise

Recarbrio wird intravenös als Infusion über eine Dauer von 30 Minuten gegeben. Die jeweilige Dosis hängt von der Kreatinin-Clearance, der Anwendungshäufigkeit und Behandlungsdauer je nach Indikationsgebiet ab.

 

Unter der Therapie mit β-Lactam-Antibiotika sind schwerwiegende und mitunter tödlich verlaufende (anaphylaktische) Überempfindlichkeitsreaktionen beschrieben worden. Vor Therapiebeginn mit Recarbrio sind daher frühere Überempfindlichkeitsreaktionen auf Carbapeneme, Penicilline, Cephalosporine, andere β-Lactam-Antibiotika und andere Allergene sorgfältig abzufragen. Bei Auftreten einer allergischen Reaktion muss die Behandlung mit Recarbrio sofort abgebrochen werden. Bei schwerwiegenden anaphylaktischen Reaktionen müssen sofort geeignete Notfallmaßnahmen ergriffen werden.

 

Die Leberfunktion sollte während der Behandlung aufgrund des Risikos einer Lebertoxizität engmaschig überwacht werden. Bei Patienten mit vorbestehender Lebererkrankung sollte während der Behandlung mit Recarbrio die Leberfunktion überwacht werden. Eine Dosisanpassung ist nicht erforderlich.

 

Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance < 90 ml/min ist eine Dosisreduktion von Recarbrio erforderlich.

Wichtige Wechselwirkungen

Recarbrio sollte nicht gleichzeitig mit Ganciclovir angewendet werden, es sei denn, der potenzielle Nutzen überwiegt die damit verbundenen Risiken. Auch die gleichzeitige Anwendung mit Valproinsäure/Divalproex-Natrium wird nicht empfohlen. Bei gleichzeitiger Anwendung von Antibiotika mit Warfarin kann dessen blutgerinnungshemmende Wirkung verstärkt werden. Es wird empfohlen, den INR-Wert während und kurz nach der gemeinsamen Anwendung von Antibiotika mit oralen Antikoagulanzien entsprechend zu überwachen.

Nebenwirkungen

Häufigste Nebenwirkungen unter Recarbrio waren Durchfall sowie erhöhte Alanin-Aminotransferase- und Aspartat-Aminotransferase-Werte.

 

Unter der Behandlung mit Recarbrio kam es in Studien zu Clostridioides-difficile-assoziierter Diarrhö (CDAD). Der Schweregrad der CDAD kann von einer leichten Diarrhö bis zu einer tödlich verlaufenden Kolitis reichen. Eine CDAD ist bei allen Patienten in Betracht zu ziehen, wenn bei ihnen Diarrhö während oder nach der Anwendung von Recarbrio auftritt. Eine sorgfältige Anamnese ist erforderlich, da ein Auftreten der CDAD mehr als zwei Monate nach der Anwendung von Antibiotika berichtet wurde. Bei einer vermuteten oder bestätigten CDAD ist das Absetzen der Behandlung mit Recarbrio und die Anwendung einer spezifischen Behandlung gegen C. difficile in Betracht zu ziehen. Arzneimittel zur Hemmung der Peristaltik sollten nicht angewendet werden.

 

Recarbrio hat einen mäßigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Daher ist Vorsicht geboten beim Fahren oder Bedienen von Maschinen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Kontraindiziert ist Recarbrio bei Überempfindlichkeit gegen Carbapenem-Antibiotika sowie bei schwerer Überempfindlichkeit wie anaphylaktische Reaktionen und schwere Hautreaktionen gegen jegliche andere β-Lactam-Antibiotika (zum Beispiel Penicilline, Cephalosporine oder Monobactame).

 

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung von Recarbrio basiert auf den Phase-III-Studien RESTORE-IMI 1 und RESTORE-IMI 2. RESTORE-IMI 1 verglich Recarbrio mit der Kombination Colistin/Imipenem/Cilastatin an 47 Patienten, die an Infektionen durch Imipenem-unempfindliche bakterielle Erreger litten. Patienten mit HAP oder VAP, komplizierten intraabdominalen Infektionen oder komplizierten Harnwegsinfektionen erhielten randomisiert Recarbrio oder die Vergleichskombination. Die Therapie dauerte bei Pneumonien 7 bis 21 Tage, bei intraabdominalen oder Harnwegsinfektionen 5 bis 21 Tage. Primärer Endpunkt war das klinische Gesamtansprechen, definiert anhand relevanter Endpunkte für jeden Infektionstyp in der mikrobiologisch modifizierten Intention-to-Treat-Population (mMITT). Dies waren Patienten, bei denen ein für den Studieneinschluss relevanter Erreger nachweisbar war und die mindestens eine Dosis der Studientherapie erhalten hatten. Von den 47 Patienten erfüllten 31 die mMITT-Kriterien. Den primären Endpunkt erreichten 71,4 Prozent der Recarbrio-Gruppe und 70,0 Prozent der Kontrollgruppe.

 

RESTORE-IMI 2 verglich die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Recarbrio in fester Dosiskombination mit Piperacillin/Tazobactam an Patienten mit HAP oder VAP. Die Studie war auf den Nachweis der Nichtunterlegenheit angelegt. 537 Patienten erhielten randomisiert entweder Recarbrio oder Piperacillin 4000 mg/Tazobactam 500 mg jeweils intravenös alle sechs Stunden über 7 bis 14 Tage. Bis zum Nachweis, dass in der Baseline-Kultur keine Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) waren, wurden Patienten in beiden Gruppen zusätzlich mit Linezolid (600 mg) behandelt. Primärer Endpunkt war die 28-Tage-Gesamtsterblichkeit. Diesen erreichten 15,9 Prozent der Patienten in der Recarbrio-Gruppe und 21,3 Prozent der Patienten in der Vergleichsgruppe. Die Nichtunterlegenheit war somit gegeben.

Besonderheiten

Recarbrio ist vor Licht geschützt (Umkarton) zu lagern.

Recarbrio ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Relebactam

Relebactam

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

relebactam.wrl

Weitere Hinweise

Recarbrio sollte während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der potenzielle Nutzen das mögliche Risiko für den Fötus rechtfertigt.

 

Ein Risiko für das gestillte Neugeborene/Kind kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss daher eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen oder die Behandlung mit Recarbrio zu unterbrechen ist.

Vorläufige Bewertung

Analogpräparat

Letzte Aktualisierung: 29.06.2021