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ARZNEISTOFFE

Sepiapterin|SephienceTM|40|2025

 
STOFFGRUPPE
40 Enzyminhibitoren, Präparate bei Enzymmangel und Transportproteine
WIRKSTOFF
Sepiapterin
FERTIGARZNEIMITTEL
Sephience®
HERSTELLER

PTC Therapeutics International

MARKTEINFÜHRUNG (D)
07/2025
DARREICHUNGSFORM

250 mg Pulver zum Einnehmen im Beutel 
1000 mg Pulver zum Einnehmen im Beutel

ATC-CODE
A16AX28
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Sephience ist zugelassen zur Behandlung der Hyperphenylalaninämie bei Erwachsenen und Kindern mit Phenylketonurie (PKU).

Wirkmechanismus

Sepiapterin aus der Klasse der Pteridine ist eine Vorläuferverbindung von Tetrahydrobiopterin (BH4), die rasch absorbiert und intrazellulär in BH4 umgewandelt wird. BH4 ist ein wichtiger Kofaktor für das Enzym Phenylalanin-Hydroxylase (PAH). Zudem wirkt Sepiapterin als pharmakologisches Chaperon, das die Stabilität und Aktivität der defekten PAH verbessert. Sepiapterin wirkt also auf zwei Wegen: Es verbessert die Konformationsstabilität von fehlgefalteter PAH und erhöht die intrazellulären Konzentrationen von BH4. In der Folge sinken die Phenylalanin-(Phe-)Spiegel im Blut deutlich.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Sepiapterin-Tagesdosis hängt vom Alter und vom Körpergewicht ab und beträgt bei Patienten ab zwei Jahren 60 mg/kg/Tag. Dies ist zugleich die empfohlene Höchstdosis.

 

Sephience sollte einmal täglich zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Dazu wird das Pulver mit Wasser, Apfelsaft oder einer kleinen Menge weicher Nahrung wie Apfelmus oder Marmelade vermischt und gut durchgerührt. Kleinen Kindern kann man die Flüssigkeit mit einer Dosierspritze geben. Das Pulver kann nach dem Vermischen mit Wasser auch über eine enterale Ernährungssonde verabreicht werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitigen Anwendung von Sepiapterin mit Arzneistoffen, die über eine Beeinflussung des Stoffwechsels oder der Wirkung von Stickstoffmonoxid (NO) vasodilatierend wirken. Dazu gehören klassische NO-Donatoren ebenso wie Phosphodiesterase-(PDE-)5-Hemmer. Bei gleichzeitiger Therapie mit Levodopa muss man vorsichtig vorgehen, um neurologische Störungen wie Verschlimmerung von Krämpfen, erhöhte Erregbarkeit und Reizbarkeit sowie Krampfanfälle zu vermeiden.

Nebenwirkungen

Nach gepoolten Daten aus zwei Studien zu Sepiapterin traten Infektionen der oberen Atemwege, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Probleme (Durchfall, Bauchschmerzen) sehr häufig auf; Hypophenylalaninämie und Stuhlverfärbungen waren häufig.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Sephience wurde in mehreren Studien getestet. Im offenen Teil der doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie APHENTIY mit rund 150 Patienten sprachen 73 Prozent der Patienten auf den Wirkstoff an. Bei ihnen fiel der Phe-Spiegel im Blut um mehr als 15 Prozent gegenüber dem Ausgangswert ab. Im zweiten Studienteil erhielten 98 Responder sechs Wochen lang entweder Placebo oder Verum mit einer Dosissteigerung alle zwei Wochen (20, 40 und 60 mg/kg täglich). Nach sechs Wochen Sepiapterin (n = 49) war die Phe-Konzentration im Blut signifikant abgefallen (–63 Prozent versus –1 Prozent unter Placebo).

 

In einer randomisierten, offenen Zweifach-Crossover-Studie der Phase II wurde Sepiapterin verglichen mit Sapropterin bei 24 PKU-Patienten, die in sechs Gruppen mit je vier Patienten aufgeteilt waren. Jede Gruppe erhielt sieben Tage lang Sepiapterin 20 oder 60 mg/kg/Tag oder Sapropterin 20 mg/kg/Tag, jeweils gefolgt von einer siebentägigen Auswaschphase. Die Behandlung mit Sepiapterin reduzierte die Phe-Konzentrationen im Blut gegenüber Baseline statistisch signifikant und es kam unabhängig von der Dosis bei einem größeren Teil der Patienten zu Plasmaspiegel-Reduktionen von mindestens 10, 20 und 30 Prozent als unter Sapropterin. Zudem erreichten mehr Patienten mit Sepiapterin 60 mg/kg/Tag normale Phe-Konzentrationen im Plasma (< 120 µmol/l) und Konzentrationen im Zielbereich (≤ 360 µmol/l).

 

In einer laufenden Phase-III-Studie werden Sicherheit und Phe-Toleranz in der Langzeitbehandlung bei 169 Patienten geprüft. Nach vorläufigen Daten können die Patienten täglich mehr von der Aminosäure aufnehmen und die Phe-Spiegel bleiben dennoch im Zielbereich. Dies deutet darauf hin, dass Patienten unter Sepiapterin ihre sehr restriktive Ernährungsweise lockern könnten.

Hintergrundinfos

Phenylketonurie (PKU) ist eine seltene angeborene Erkrankung des Aminosäurestoffwechsels, bei der die essenzielle Aminosäure Phenylalanin aufgrund eines Mangels an Phenylalanin-Hydroxylase nicht zu Tyrosin verstoffwechselt werden kann. In der Folge kommt es zu einer neurotoxischen Ansammlung von Phenylalanin, die zu schweren und irreversiblen Symptomen wie geistige Behinderung, Krampfanfälle, Entwicklungsverzögerungen, Gedächtnisverlust sowie Verhaltens- und Emotionsstörungen führt. Die Diagnose wird in der Regel beim Neugeborenen-Screening gestellt. Weltweit leben schätzungsweise 58.000 Menschen mit PKU.

 

Die Patienten müssen meist lebenslang eine streng eiweißarme Diät einhalten. Seit 2009 ist Sapropterin (Kuvan®), ein synthetisch hergestelltes Tetrahydrobiopterin zugelassen, das aber nicht die Diät ersetzt. Im Jahr 2019 kam die pegylierte, rekombinante Form des Enzyms Phenylalanin-Ammoniaklyase, Pegvaliase (Palynziq®), als erste Enzymersatztherapie für Patienten ab 16 Jahren auf den Markt.

Besonderheiten

Bezüglich der Temperaturen sind bei der Lagerung von Sephience keine besonderen Bedingungen einzuhalten. Es ist jedoch vor Licht geschützt (Originalverpackung) aufzubewahren.

 

Sephience ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Weitere Hinweise

Aus Vorsichtsgründen soll das Sephience in der Schwangerschaft vermieden werden. Bei stillenden Frauen ist eine sorgsame Nutzen-Risiko-Abwägung nötig.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 08.08.2025