Pharmazeutische Zeitung online
ARZNEISTOFFE

Berotralstat|Orladeyo®|40|2021

STOFFGRUPPE
40 Enzyminhibitoren, Präparate bei Enzymmangel und Transportproteine
WIRKSTOFF
Berotralstat
FERTIGARZNEIMITTEL
Orladeyo®
HERSTELLER

BioCryst Ireland

MARKTEINFÜHRUNG (D)
06/2021
DARREICHUNGSFORM

150 mg Hartkapseln

ATC-CODE
B06AC06
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Orladeyo ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen und jugendlichen Patienten ab 12 Jahren zur routinemäßigen Prävention wiederkehrender Attacken des hereditären Angioödems (HAE). Es ist nicht zur Behandlung akuter HAE-Attacken vorgesehen.

Wirkmechanismus

Berotralstat ist ein Hemmstoff von Plasma-Kallikrein. Durch die Blockade dieser Serinprotease wird weniger Bradykinin freigesetzt und das Entstehen der Ödemattacken verhindert.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosis beträgt 150 mg Berotralstat einmal täglich. Die Hartkapseln sollten mit dem Essen eingenommen werden, um die Wahrscheinlichkeit unerwünschter gastrointestinaler Ereignisse zu reduzieren.

 

Für Patienten mit einem Körpergewicht unter 40 kg wird Berotralstat nicht empfohlen. Das gilt auch für Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung sowie mittelschwerer oder schwerer Leberfunktionsstörung, da diese das Risiko für eine QT-Zeit-Verlängerung erhöhen können. Auch bei Patienten mit anderen Risikofaktoren für eine Verlängerung der QT-Zeit, etwa hohes Alter oder die Einnahme weiterer Medikamente mit Einfluss auf die QT-Zeit, sollte Berotralstat vermieden werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Berotralstat ist ein Substrat von PGP und BCRP. Induktoren von PGP können zu einem verminderten Wirkspiegel und damit verminderter Wirksamkeit von Berotralstat führen. Sie sollten deshalb nicht gleichzeitig angewendet werden.

 

Berotralstat selbst ist ein moderater Inhibitor von CYP3A4 und CYP2D6. Das kann in der Begleitmedikation mit CYP3A4- beziehungsweise CYP2D6-Substraten notwendige Dosisanpassungen erforderlich machen.

 

Nur schwach inhibiert Berotralstat das Enzym CYP2C9. Dennoch kann es die Wirksamkeit oraler hormoneller Kontrazeptiva wie Desogestrel verringern, die CYP2C9 für die Umwandlung des Prodrug in den aktiven Metaboliten benötigen. Daher sollten Frauen, die zur Verhütung ausschließlich Desogestrel anwenden, zu einer alternativen zuverlässigen Verhütungsmethode wechseln.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen in Studien zu Berotralstat sind Kopf- und Abdominalschmerz sowie Durchfall. Häufig beobachtet wurden Erbrechen, gastroösophagealer Reflux, Flatulenz, Ausschlag und Leberenzym-Erhöhungen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Berotralstat wurde in einer placebokontrollierten und randomisierten Doppelblindstudie mit 120 Patienten untersucht. Die mediane Attackenrate während der Einleitungsphase betrug 2,9 pro Monat. Berotralstat in einer täglichen Dosis von 150 mg führte gegenüber Placebo im Hinblick auf den primären Endpunkt über einen Zeitraum von 24 Monaten zu einer statistisch signifikanten und klinisch bedeutsamen Reduktion der Rate an HAE-Attacken (Rate pro 28 Tage: 1,31 versus 2,35 Attacken). Es reduzierte zudem die Rate der HAE-Attacken, die eine Standardbehandlung für akute Attacken erforderten (Rate pro 28 Tage: 1,04 versus 2,05 Attacken). Auch eine Befragung der Patienten zur Lebensqualität verzeichnete eine Verbesserung zugunsten der Behandlung mit Berotralstat.

Hintergrundinfos

Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine seltene genetische Erkrankung. Sie führt zu wiederholten Ödemattacken in verschiedenen Körperregionen. Diese können, wenn sie zum Beispiel im Magen-Darm-Trakt oder den Genitalien auftreten, sehr schmerzhaft sein. Ödeme in den Atemwegen sind lebensbedrohlich. Die Schwellungen entwickeln sich meistens langsam über einen Zeitraum von 12 bis 36 Stunden und klingen danach über zwei bis fünf Tage wieder ab.

 

Ursache des HAE ist ein angeborener Mangel oder eine Funktionsstörung des C1-Inhibitors (C1-INH), eines wichtigen Regulators des Kallikrein-Kinin-Systems des Körpers. Folge davon ist eine fehlende Kontrolle dieses Systems, was zu einer permanenten vermehrten Bildung des Peptidhormons Bradykinin führt. Dieses vermittelt durch Vasodilatation und erhöhte Kapillarpermeabilität die Ödembildung.

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Orladeyo sind keine besonderen Bedingungen einzuhalten.

Orladeyo ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Berotralstat

Berotralstat

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

berotralstat.wrl

Weitere Hinweise

Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung mit Berotralstat und mindestens einen Monat nach der letzten Dosis eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Berotralstat wird bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Verhütung anwenden, nicht empfohlen.

 

Die Anwendung von Berotralstat während der Schwangerschaft wird nicht empfohlen. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob das Stillen oder die Behandlung mit Berotralstat unterbrochen werden soll.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 22.06.2021