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ARZNEISTOFFE

Miglustat|Zavesca®|40|2003

STOFFGRUPPE
40 Enzyminhibitoren, Präparate bei Enzymmangel und Transportproteine
WIRKSTOFF
Miglustat
FERTIGARZNEIMITTEL
Zavesca®
HERSTELLER

Actelion Pharmaceuticals

MARKTEINFÜHRUNG (D)
04/2003
DARREICHUNGSFORM

100 mg Hartkapseln

ATC-CODE
A16AX06
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Zavesca ist zugelassen für die orale Behandlung der leichten bis mittelschweren Form des Morbus Gaucher des Typ 1 bei erwachsenen Patienten. Es darf nur angewendet werden bei Patienten, für die eine Enzymersatztherapie nicht infrage kommt.

 

Zavesca ist außerdem zugelassen zur Behandlung progressiver neurologischer Manifestationen der Niemann-Pick-Krankheit Typ C bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten.

Wirkmechanismus

Mit Miglustat verfolgt man das Prinzip der Substratverarmung: Miglustat blockiert das an der Synthese der Glucocerebroside beteiligte Enzym Glucosylceramid-Synthase. Somit entstehen weniger Glucocerebroside. Aufgrund des nun geringeren Substrat-Angebots reicht die trotz des genetischen Mangels noch vorhandene Restmenge der körpereigenen Glucocerebrosidase für den Abbau aus.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosierung zur Behandlung erwachsener Patienten mit Morbus Gaucher des Typs 1 beträgt dreimal täglich 200 mg Miglustat. Tritt Durchfall auf, kann die Dosierung vorübergehend auf ein- bis zweimal täglich 100 mg reduziert werden.

 

Die empfohlene Dosierung zur Behandlung von erwachsenen und jugendlichen Patienten ab 12 Jahren mit Niemann-Pick-Krankheit Typ C beträgt ebenfalls dreimal täglich 200 mg Miglustat. Die Ermittlung der Dosis für Patienten unter 12 Jahren erfolgt anhand der Körperoberfläche.

 

Zavesca Kapseln können mit oder ohne Nahrung eingenommen werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Eine gleichzeitige Anwendung von Miglustat mit einer Enzymersatztherapie mit Imiglucerase kann bei Patienten mit Morbus Gaucher zu einer verringerten Plasmakonzentration von Miglustat führen.

Nebenwirkungen

Zu den häufig auftretenden Nebenwirkungen unter einer Therapie mit Miglustat gehören unter anderem Thrombozytopenie, psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen und Schlaflosigkeit, Erkrankungen des Nervensystems wie periphere Neuropathie, Parästhesien, Kopfschmerzen und Schwindel, Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes wie Übelkeit, Erbrechen und Obstipation sowie allgemeine Beschwerden wie Erschöpfung, Schüttelfrost und Unwohlsein.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die als ausschlaggebend angesehene Studie zu Miglustat wurde an Patienten durchgeführt, die sich einer Enzymersatztherapie nicht unterziehen wollten oder konnten. 28 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Gaucher-Krankheit des Typs 1 nahmen an dieser 12-monatigen nicht-komparativen Studie teil. 22 Patienten schlossen die Studie ab. In der Studie wurde eine Tagesgesamtdosis von 300 mg Miglustat, verteilt auf drei Tagesgaben, verabreicht. Nach 12 Monaten zeigte sich eine mittlere Verringerung des Lebervolumens von 12,1 Prozent und eine mittlere Verringerung des Milzvolumens von 19,0 Prozent. Es wurde eine mittlere Zunahme der Hämoglobinkonzentration von 0,26 g/dl sowie eine mittlere Zunahme der Blutplättchenanzahl von 8,29 x 109/l beobachtet. 18 Patienten erhielten im Anschluss daran freiwillig weiterhin Miglustat. Der klinische Nutzen wurde nach 24 und 36 Monaten bei 13 Patienten beurteilt. Nach drei Jahren kontinuierlicher Behandlung mit Zavesca betrug die mittlere Verringerung des Leber- und Milzvolumens 17,5 Prozent beziehungsweise 29,6 Prozent. Es konnte eine mittlere Zunahme der Blutplättchenanzahl von 22,2 x 109/l und eine mittlere Zunahme der Hämoglobinkonzentration von 0,95 g/dl festgestellt werden.

Hintergrundinfos

Die erbliche Fettstoffwechselstörung Morbus Gaucher beruht auf einem genetisch bedingten Mangel oder auf einer verminderten Aktivität des lysosomalen Enzyms Glucocerebrosidase. Aufgrund des Enzymmangels reichern sich die Glucocerebroside insbesondere in Milz, Leber und Knochenmark an, was zu einer krankhaften Vergrößerung dieser Organe und zu Blutbildveränderungen führt.

 

Derzeitiger Therapiestandard für Gaucher-Patienten ist die Enzymersatztherapie. Obwohl keine vergleichende Studie mit Miglustat zur Enzymtherapie durchgeführt wurde, scheint die Zeitdauer bis zum Erreichen einer Wirkung mit Miglustat länger zu sein. Eine höhere Wirksamkeit oder Sicherheit gegenüber der Enzymsubstitution ist nicht nachgewiesen worden. Die amerikanische Zulassungsbehörde (FDA) hat die Zulassung von Miglustat abgelehnt. Hingegen erteilte die europäische Zulassungsbehörde (EMEA) eine eingeschränkte Zulassung erteilt: Miglustat darf nur zur Behandlung des Morbus Gaucher Typ 1 verabreicht werden, wenn eine Enzymersatztherapie nicht angewendet werden kann, und nur von Ärzten, die über eine ausreichende Erfahrung in der Behandlung der Gaucher-Krankheit verfügen.

Besonderheiten

Zavesca ist bei Temperaturen nicht über 30 °C zu lagern.

Zavesca ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Miglustat

Miglustat

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

miglustat.wrl

Weitere Hinweise

Miglustat passiert die Placenta-Schranke und darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Da nicht bekannt ist, ob Miglustat in die Muttermilch übertritt, sollte es während der Stillzeit nicht angewendet werden.

Letzte Aktualisierung: 19.01.2017