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ARZNEISTOFFE

Pegunigalsidase alfa|Elfabrio®|40|2023

 
STOFFGRUPPE
40 Enzyminhibitoren, Präparate bei Enzymmangel und Transportproteine
WIRKSTOFF
Pegunigalsidase alfa
FERTIGARZNEIMITTEL
Elfabrio®
HERSTELLER

Chiesi

MARKTEINFÜHRUNG (D)
10/2023
DARREICHUNGSFORM

2 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

ATC-CODE
A16AB20
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Elfabrio ist zugelassen zur langfristigen Enzymersatztherapie (EET) bei Erwachsenen mit bestätigter Morbus-Fabry-Diagnose.

Wirkmechanismus

Pegunigalsidase alfa ist eine pegylierte Version des in Pflanzenzellkultur exprimierten Enzyms α-Galactosidase A. Die Aminosäuresequenz der rekombinanten Form ähnelt der des menschlichen Enzyms. In klinischen Studien wurde nach Angaben von Chiesi eine Halbwertszeit im Blutkreislauf von circa 80 Stunden beobachtet.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosis von 1 mg Pegunigalsidase alfa pro kg Körpergewicht (KG) wird alle zwei Wochen intravenös verabreicht. Die Erstinfusion sollte mindestens über drei Stunden laufen. Später hängt die Infusionsdauer von der Verträglichkeit ab, sollte aber mindestens 1,5 Stunden betragen. Der Patient sollte nach der Infusion zwei Stunden lang auf infusionsbedingte Reaktionen (IRR) überwacht werden.

 

Die am häufigsten beobachteten IRR waren Überempfindlichkeit, Ausschlag, Juckreiz, Übelkeit, Schwindelgefühl, Schüttelfrost und Muskelschmerzen. Eine Vorbehandlung mit Antihistaminika und/oder Corticosteroiden kann ratsam sein für Patienten, die bereits einmal Überempfindlichkeitsreaktionen auf Pegunigalsidase alfa oder eine andere EET erlitten haben.

 

Wenn der Patient die Infusionen gut verträgt, kann der Arzt eine Heiminfusion erwägen. Der Patient und/oder die Betreuungsperson müssen zuvor geschult werden. Treten Probleme während der Infusion auf, müssen sie diese sofort abbrechen und einen Arzt konsultieren.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen in Studien zu Pegunigalsidase alfa waren infusionsbedingte Reaktionen (Nebenwirkungen innerhalb von zwei Stunden nach der Infusion, 6,3 Prozent der Patienten), gefolgt von Überempfindlichkeit und Asthenie bei jeweils 5,6 Prozent. In klinischen Studien kam es bei fünf Patienten (3,5 Prozent) zu einer schwerwiegenden Reaktion, davon viermal eine bestätigte IgE-vermittelte Überempfindlichkeitsreaktion bei der Erstinfusion.

 

In klinischen Studien entwickelten 17 von 111 Patienten (16 Prozent), die mit 1 mg Pegunigalsidase alfa pro kg KG alle zwei Wochen behandelt wurden, behandlungsinduzierte Anti-Drug-Antikörper (ADA). Bei diesen Patienten kann das Risiko für IRR erhöht sein und schwere IRR treten mit größerer Wahrscheinlichkeit bei ADA-positiven Patienten auf.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Wirksamkeit und Sicherheit von Pegunigalsidase alfa wurden in einem Studienprogramm bei insgesamt 142 Fabry-Patienten (94 Männer und 48 Frauen) untersucht. 112 von ihnen erhielten Pegunigalsidase alfa 1 mg/kg KG jede zweite Woche. Die Nierenfunktion wurde anhand der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) bewertet; ihre annualisierte Steigung war der primäre Wirksamkeitsendpunkt in zwei Phase-III-Studien bei EET-vorbehandelten Erwachsenen. Die randomisierte doppelblinde Phase-III-Hauptstudie BALANCE ist ein Head-to-Head-Vergleich mit Agalsidase beta bei 77 Patienten, die zuvor mindestens ein Jahr lang Agalsidase beta bekommen hatten (DOI: 10.1016/j.gimo.2023.100015). In die einjährige Phase-III-Studie BRIGHT waren 30 Patienten eingeschlossen, die zuvor mindestens drei Jahre lang eine EET bekommen hatten und dann auf Pegunigalsidase alfa (2 mg/kg KG alle vier Wochen) umstiegen (DOI: 10.1016/j.gim.2022.01.185).

 

Die BALANCE-Studie erfüllte die vorgegebenen Kriterien der Nicht-Unterlegenheit für den primären Endpunkt der Nierenfunktion nach zwei Jahren. Allerdings waren die Daten nach einem Jahr aufgrund des Designs und der Größe der Studie nicht aussagekräftig genug, um Nicht-Unterlegenheit zu beweisen. Jedoch schienen die medianen eGFR-Steigungen von Pegunigalsidase alfa und Agalsidase beta von Studienbeginn bis Monat 24 nahe beieinander zu liegen. Die sekundären Endpunkte inklusive der Spiegel des Globotriaosylceramid-Abbauprodukts Globotriaosylsphingosin (Lyso-Gb3) waren stabil oder ähnlich in beiden Gruppen.

 

In der BRIGHT-Studie waren sowohl die eGFR als auch die Lyso-Gb3-Spiegel stabil. Dies deutet nach Ansicht des Herstellers darauf hin, dass die Fabry-Krankheit während der gesamten Studiendauer auch bei vierwöchentlicher Substitution stabil blieb.

 

Im August 2023 wurde eine Phase-I/II-Langzeitstudie veröffentlicht, bei der 15 EET-naive erwachsene Fabry-Patienten ein Jahr lang Pegunigalsidase alfa bekamen und in eine 60-monatige offene Verlängerungsstudie (1 mg/kg KG Infusion alle zwei Wochen) aufgenommen wurden. (DOI: 10.1016/j.gim.2023.100968). Zehn Patienten hatten eine zweijährige Behandlungszeit hinter sich, zwei bereits 60 Monate. Die Autoren berichteten über einen kontinuierlichen Rückgang der Lyso-Gb3-Konzentration vom Ausgangswert bis Monat 24. Nach 60 Monaten war die eGFR vergleichbar mit der von Patienten unter anderer Langzeit-EET. Die Herzfunktion war stabil.

Hintergrundinfos

Die seltene Erkrankung Morbus Fabry gehört zu den genetisch bedingten lysosomalen Speicherkrankheiten. Sie wird durch einen Mangel an funktionsfähiger α-Galactosidase A verursacht, die für den Abbau von Globotriaosylceramid im Körper verantwortlich ist. Je nach Ausprägung des Mangels reichert sich diese Fettsubstanz in Zellen verschiedener Organe, etwa Niere, Herz und Gehirn, an und kann zu schweren Funktionsstörungen wie Nierenversagen oder Herzproblemen führen. Die Erkrankung kann sich im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter manifestieren.

 

Zur Enzymersatztherapie (EET) stehen seit Langem zwei Präparate zur Verfügung: Agalsidase alfa (Replagal®) und Agalsidase beta (Fabrazyme®). 2016 kam mit Migalastat (Galafold®) der erste oral verfügbare Wirkstoff hinzu, ein Chaperon, das das fehlerhaft gefaltete Enzym in die richtige Konformation verschieben kann.

Besonderheiten

Elfabrio ist bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) zu lagern.

Die zubereitete Infusionslösung sollte möglichst sofort verwendet, jedoch nicht länger als 24 Stunden im Kühlschrank oder acht Stunden bei Temperaturen unter 25 °C gelagert werden.

Elfabrio ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Eine Anwendung von Elfabrio während der Schwangerschaft sollte aus Vorsichtsgründen unterbleiben, es sei denn, diese ist eindeutig erforderlich. Während der Stillzeit muss entschieden werden, ob die Behandlung mit Elfabrio oder das Stillen unterbrochen werden soll.

Vorläufige Bewertung

Analogpräparat

Letzte Aktualisierung: 30.10.2023