Tapentadol|Palexia®|05|2010 |
Grünenthal
50 mg Filmtabletten
50 mg Retardtabletten
100 mg Retardtabletten
150 mg Retardtabletten
200 mg Retardtabletten
250 mg Retardtabletten
20 mg/ml Lösung zum Einnehmen
4 mg/ml Lösung zum Einnehmen
Palexia ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit chronischen starken Schmerzen, die nur mit Opioidanalgetika angemessen gelindert werden können.
Für die Behandlung mäßig starker bis starker, akuter Schmerzen bei Kindern ab 2 Jahren und bei Erwachsenen, die nur mit Opioidanalgetika angemessen behandelt werden können, steht Palexia 4 mg/ml Lösung zum Einnehmen zur Verfügung.
Tapentadol ist ein Vertreter der Substanzklasse der MOR-NRI. Das Kürzel kennzeichnet einen dualen Wirkmechanismus. Tapentadol greift agonistisch an µ-Opioidrezeptoren (MOR) an und hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt (Noradrenalin Reuptake-Inhibitor, NRI). Darin ähnelt es dem schwach wirksamen Opioid (WHO Stufe 2) Tramadol: Dieses ist ebenfalls ein Agonist an MOR und hemmt die Wiederaufnahme von Monoaminen wie Serotonin und Noradrenalin (NA) aus dem synaptischen Spalt. Für den NA-Reuptake ist vor allem das (-)-Tramadol verantwortlich. Tapentadol ist nicht als Racemat, sondern als (-)-Enantiomer im Handel. Sein Effekt auf Serotonin ist gering. Sowohl der Angriff an µ-Opioidrezeptoren als auch die NA-Wiederaufnahmehemmung tragen zum analgetischen Effekt bei und wirken synergistisch. Die Affinität von Tapentadol zum µ-Rezeptor ist etwa 50-fach geringer als die von Morphin. Trotzdem war seine analgetische Potenz beim Akutschmerz in präklinischen Versuchen nur um den Faktor 3 schwächer. Dies zeigt die Bedeutung der noradrenergen Wirkkomponente, die vor allem bei neuropathischen Schmerzen wichtig ist.
Laut Fachinformation wird Tapentadol als stark wirksames Analgetikum eingestuft, das in präklinischen Modellen bei nozizeptiven, neuropathischen, viszeralen und entzündlichen Schmerzen wirksam war. In klinischen Studien half es Patienten mit nozizeptiven, neuropathischen und gemischten Schmerzen; die Behandlungsdauer betrug bis zu einem Jahr.
Man beginnt die Therapie bei Opioid-naiven Patienten mit zweimal täglich 50 mg Tapentadol und steigert die Dosis langsam, bis eine gute Schmerzkontrolle erreicht ist. Die Gesamttagesdosis sollte 500 mg nicht überschreiten. Der Apotheker sollte bei der Abgabe der Retard-Tabletten darauf hinweisen, dass diese ungeteilt mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen sind. Der Patient sollte die Medikation keinesfalls plötzlich absetzen, da Entzugserscheinungen auftreten könnten. Es wird empfohlen, die Medikation bei Bedarf auszuschleichen. Bei Patienten mit mäßig eingeschränkter Leberfunktion ist vorsichtig zu dosieren. Bei stark eingeschränkter Leberfunktion soll das neue Analgetikum nicht gegeben werden.
Nach oraler Aufnahme von Tapentadol (nüchtern) liegt die durchschnittliche Bioverfügbarkeit bei rund 30 Prozent. Tapentadol wird überwiegend durch Konjugation mit Glucuronsäure zu Glucuroniden (Phase-2-Reaktion) metabolisiert: Nur ein kleinerer Teil wird über CYP-Enzyme demethyliert oder hydroxyliert und dann erst konjugiert. Dadurch sind in der Praxis kaum Wechselwirkungen mit CYP-Modulatoren zu befürchten. Interaktionen beim Phase-2-Metabolismus sind unwahrscheinlich. Der Wirkstoff und seine (nicht analgetisch wirksamen) Metaboliten werden fast ausschließlich renal ausgeschieden.
In den Studien war Tapentadol besser verträglich als Oxycodon, vor allem hinsichtlich Erbrechen, Übelkeit, Obstipation und Juckreiz. Die Abbruchquote lag unter Tapentadol um die Hälfte niedriger als unter Oxycodon. Gleichwohl zählen Schwindel, Benommenheit, Kopfschmerzen, Übelkeit und Verstopfung laut Fachinformation zu den sehr häufigen Nebenwirkungen.
Als zentral wirksamer µ-Agonist hat auch Tapentadol ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Bei Überdosierung setzt man reine Opioidrezeptor-Antagonisten wie Naloxon als spezifisches Antidot ein, vor allem um die opioidbedingte Atemdepression zu lindern.
Bei Patienten mit ausgeprägter Atemdepression, akutem oder starkem Brochialasthma oder Hyperkapnie, bei Patienten mit Verdacht auf einen paralytischen Ileus sowie bei Patienten mit akuter Intoxikation durch Alkohol, Hypnotika, zentral wirksame Analgetika oder psychotrope Substanzen ist Tapentadol kontraindiziert.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Das Studienprogramm umfasste mehr als 7200 Schmerzpatienten; die Hälfte erhielt in Phase-II- und -III-Studien die retardierte Arzneiform, die anderen eine schnell freisetzende Zubereitung. Bei Patienten mit Arthrose und chronischen Rückenschmerzen war retardiertes Tapentadol ähnlich wirksam wie ein starkes Opioid (Oxycodon); beide waren einem Placebo signifikant überlegen. Die mittlere Tagesdosis von Tapentadol, mit der man eine vergleichbare Analgesie erreicht, ist etwa fünfmal höher als die von Oxycodon. Als Beispiel: In einer Phase-III-Studie erhielten 980 Rückenschmerz-Patienten zweimal täglich 100 bis 250 mg Tapentadol oder zweimal 20 bis 50 mg Oxycodon oder Placebo, um eine ausreichende Schmerzlinderung zu erfahren. In einer Studie zur schmerzhaften diabetischen peripheren Neuropathie war Tapentadol besser wirksam als Placebo. Zur Behandlung von Tumorschmerzen gibt es keine ausreichenden Daten.
Tapentadol ist außerdem unter dem Fertigarzneimittelnamen Yantil® auf dem Markt.
Bei der Lagerung von Palexia sind keine speziellen Bedingungen einzuhalten.
Palexia unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz.
Tapentadol
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Während der Schwangerschaft sollte Palexia nur angewendet werden, wenn der zu erwartende Nutzen das mögliche Risiko überwiegt. Eine Anwendung während der Stillzeit wird nicht empfohlen.
Letzte Aktualisierung: 29.10.2019