Anakinra|Kineret®|05|2002 |
Swedish Orphan Biovitrum AB (Sobi)
100 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze
Kineret ist zur symptomatischen Therapie der rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten zugelassen, die nicht ausreichend auf Methotrexat ansprechen.
Kineret ist außerdem zugelassen zur Behandlung von Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndromen (CAPS) bei Erwachsenen, Jugendlichen, Kindern und Kleinkindern ab 8 Monaten mit einem Körpergewicht von mindestens 10 kg, einschließlich Neonatal-Onset Multisystem Inflammatory Disease (NOMID)/Chronisches infantiles neuro-kutaneo-artikuläres Syndrom (CINCA), Muckle-Wells-Syndrom (MWS) oder familiärem kälteinduzierten autoinflammatorischen Syndrom (FCAS).
Bei Anakinra handelt es sich um einen rekombinanten humanen Interleukin(IL)-1-Rezeptorantagonisten. Das Protein soll das Gleichgewicht zugunsten des endogenen IL-1-Antagonisten verschieben.
Dem Zytokin IL-1 kommt eine Schlüsselfunktion in der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis zu. Der Entzündungsmediator vermittelt die Rekrutierung neutrophiler Granulozyten im Gelenk, aktiviert Makrophagen und fördert die Differenzierung von T- und B-Lymphozyten. Damit ist IL-1 für die Zerstörung von Knochen und Knorpel sowie Schwellungen und Schmerzen im Gelenk mitverantwortlich. IL-1 bindet an den membranständigen IL-1-Rezeptor vom Typ 1. Beide bilden dann einen heterodimeren Komplex mit dem akzessorischen Protein IL-1RacP, der in der Zelle eine Signalkaskade ausgelöst. Im gesunden Gelenk verhindert ein endogener IL-1-Rezeptorantagonist, dass IL-1 an den Rezeptor bindet. In der Folge kann sich auch IL-1RacP nicht mehr anlagern. Bei der rheumatoiden Arthritis stehen IL-1 und der endogene Rezeptorantagonist jedoch im Ungleichgewicht. Die IL-1-vermittelte Wirkung überwiegt.
Anakinra wird durch rekombinante DNA-Technologie mittels eines Escherichia-coli-Expressionssystems hergestellt und gleicht dem nativen, humanen IL-1-Rezeptorantagonisten mit Ausnahme der zusätzlichen Aminosäure Methionin am N-Terminus und der fehlenden Glykosylierung des Proteins.
Zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis beträgt die empfohlene Dosierung 100 mg Anakinra, die täglich etwa zur selben Zeit subkutan injiziert wird.
In den weiteren Indikationen CAPS, FCAS, MWS und NOMID/CINCA erfolgt die Dosierung anhand des Körpergewichts. Meist beginnt man mit 1–2 mg/kg KG. Bei schweren Erkrankungsformen beträgt die übliche Erhaltungsdosis 3–4 mg/kg KG, die jedoch bis maximal 8 mg/kg KG gesteigert werden kann.
Bislang gibt es keine gezielten klinischen Studien, die die Wechselwirkungen von Anakinra mit anderen Arzneistoffen untersuchten. Wechselwirkungen zwischen Anakinra und nicht steroidalen Antirheumatika, Kortikoiden und Basistherapeutika wurden bislang nicht beobachtet.
In einer klinischen Studie mit RA-Patienten, die eine MTX-Basistherapie erhielten, zeigten Patienten, die Etanercept und Kineret erhielten, eine höhere Inzidenz für schwerwiegende Infektionen und Neutropenien als Patienten, die nur mit Etanercept behandelt wurden. Die gleichzeitige Anwendung von Kineret mit Etanercept oder einem anderen TNF-Antagonisten wird daher nicht empfohlen.
Erhöhte Cytokinspiegel (wie etwa IL-1) im Rahmen einer chronischen Entzündung können die Bildung von Cytochrom-P450-Enzymen unterdrücken. Diese kann sich unter der Behandlung mit einem IL-1-Antagonisten normalisieren. Insbesondere bei einer Therapie mit Wirkstoffen mit enger therapeutischer Breite (zum Beispiel Warfarin und Phenytoin) kann möglicherweise eine Dosisanpassung erforderlich werden.
Unter Anakinra erkrankten die Patienten etwas häufiger an einer schweren Infektionen als unter Placebo (1,8 versus 0,7 Prozent). Der Hersteller empfiehlt daher, die Behandelten sorgfältig zu überwachen. Bei 2,4 Prozent der Studienteilnehmer, die den IL-1-Antagonisten erhielten, diagnostizierten die Mediziner zudem eine Neutropenie (unter Placebo 0,4 Prozent).
Das Medikament ist bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen kontraindiziert.
Bei Patienten mit Neutropenie (ANZ < 1,5 x 109/l) darf keine Behandlung mit Kineret begonnen werden.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die klinische Wirksamkeit von Anakinra wurde in zwei randomisierten placebokontrollierten Doppelblind-Studien an 920 Probanden überprüft. In einer Dosisfindungsstudie erhielten 419 Patienten mit aktivierter rheumatoider Arthritis entweder täglich 0,04 bis 2,0 mg Anakinra pro kg Körpergewicht oder Placebo. Zusätzlich behandelte man die Studienteilnehmer mit Methotrexat. Die Ansprechrate wurde nach 12 beziehungsweise 24 Wochen anhand der ACR-Kriterien bestimmt.
Die Anteile der Patienten, deren ACR-Kriterien sich um mindestens 20 Prozent verbesserten, waren nach 12 Wochen in allen Verumgruppen signifikant höher als unter Methotrexat plus Placebo. In einer zweiten Untersuchung, bei der die Patienten 100 mg Anakinra oder Placebo pro Tag plus Methotrexat erhielten, bestätigten sich die positiven Ansprechraten sowohl nach 12 als auch nach 24 Wochen. Nach 24 Wochen besserten sich die nach dem ACR-Schema definierten Symptome unter Anakinra bei 38 Prozent um mindestens ein Fünftel, bei 17 Prozent um die Hälfte und bei 6 Prozent sogar um knapp zwei Drittel. Unter Placebo waren es 22,8 beziehungsweise 2 Prozent.
In beiden Studien senkte der Anakinra zudem typische Entzündungsparameter. Dieser Effekt hielt während des gesamten Studienzeitraums an. Zudem bewerteten sowohl die Ärzte als auch die Patienten den Therapieerfolg von Anakinra anhand eines Fragebogens signifikant besser als den des Scheinmedikaments.
Kineret ist bei Temperaturen zwischen 2–8 °C sowie unter Lichtschutz (Originalverpackung) zu lagern und darf nicht einfrieren.
Vor der Anwendung darf Kineret maximal 12 Stunden bei höchstens 25 °C aufbewahrt werden; eine Lagerung im Kühlschrank darf danach nicht mehr erfolgen.
Kineret ist verschreibungspflichtig.
Eine Anwendung von Kineret während der Schwangerschaft und bei Frauen, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Das Stillen soll während der Behandlung unterbrochen werden, da ein Risiko für das Neugeborene nicht ausgeschlossen werden kann.
Letzte Aktualisierung: 09.02.2017