Guanfacin|Intuniv®|71|2016 |
Shire Deutschland
1 mg Retardtabletten
2 mg Retardtabletten
3 mg Retardtabletten
4 mg Retardtabletten
Intuniv ist im Rahmen einer umfassenden therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren zugelassen, für die eine Behandlung mit Stimulanzien nicht infrage kommt oder bei denen sich diese als unverträglich oder nicht wirksam erwiesen haben.
Der Wirkmechanismus von Guanfacin bei der Behandlung von ADHS ist nicht vollständig geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass der Wirkstoff anders als zum Beispiel Atomoxetin nicht präsynaptisch ansetzt. Guanfacin ist ein selektiver Agonist an postsynaptischen α2A-Rezeptoren. In der Folge sinkt die lokale cAMP-Konzentration und offene Ionenkanäle werden geschlossen. Hierdurch verbessert sich die Signalübertragung im präfrontalen Cortex.
Für alle Patienten beträgt die empfohlene orale Initialdosis 1 mg Guanfacin einmal täglich. Die Dosis kann in wöchentlichen Abständen in Schritten von maximal 1 mg angepasst werden und ist je nach Ansprechen des Patienten und Verträglichkeit der Behandlung individuell einzustellen. Die empfohlene tägliche Erhaltungsdosis liegt bei 0,05 bis 0,12 mg Guanfacin pro kg Körpergewicht.
Intuniv wird einmal täglich entweder morgens oder abends eingenommen. Die Retardtabletten sind im Ganzen zu schlucken, dürfen nicht zerteilt oder zerkaut werden und sollten nicht zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen werden, da diese die Guanfacin-Exposition erhöht. Wegen des Risikos eines Blutdruck- und Herzfrequenzanstiegs darf die Behandlung nicht abrupt abgesetzt, sondern muss ausgeschlichen werden. Empfohlen werden Reduktionsschritte von nicht mehr als 1 mg alle drei bis sieben Tage. Zudem sollten Blutdruck und Puls bei allen Patienten während der Abtitration und nach dem Absetzen kontrolliert werden.
Vor Beginn der Behandlung ist es notwendig, den Patienten hinsichtlich eines erhöhten Risikos für Somnolenz und Sedierung, Hypotonie und Bradykardie sowie Arrhythmien mit QT-Verlängerung und Gewichtszunahme zu beurteilen. Anschließend ist eine sorgfältige Dosistitration und Überwachung des Patienten erforderlich, da sowohl die Erzielung einer klinischen Besserung als auch die Risiken für das Auftreten bestimmter unerwünschter Reaktionen dosis-und expositionsabhängig sind.
Die Patienten sind darüber aufzuklären, dass es zu Somnolenz und Sedierung kommen kann, insbesondere zu Therapiebeginn und nach einer Dosissteigerung. Wenn Somnolenz und Sedierung als klinisch bedenklich einzustufen sind oder bestehen bleiben, sollte der Arzt eine Dosissenkung oder einen Behandlungsabbruch erwägen.
Bei jeglicher Leberfunktionsstörung kann eine Dosisanpassung erforderlich sein. Diese ist auch bei starker Nierenfunktionsstörung vonnöten. Grundsätzlich wird dazu geraten, dass der Arzt im ersten Behandlungsjahr alle drei Monate und danach mindestens einmal jährlich den Nutzen von Guanfacin neu bewertet. Er sollte behandlungsfreie Zeitabschnitte in Betracht ziehen, um das Verhalten des Patienten ohne medikamentöse Behandlung zu beurteilen.
Bei gleichzeitiger Anwendung von moderaten oder starken CYP3A4/5-Inhibitoren oder starken CYP3A4-Induktoren wird eine Dosisreduktion beziehungsweise -erhöhung von Guanfacin empfohlen.
Angesichts der Wirkung von Guanfacin auf die Herzfrequenz wird auch die gleichzeitige Anwendung mit Arzneimitteln, die zu einer Verlängerung des QT-Intervalls führen, generell nicht empfohlen.
Die gleichzeitige Gabe von Valproinsäure kann zu einem Anstieg der Konzentration des Antiepileptikums führen kann.
Wegen der Hypotoniegefahr ist ferner bei der kombinierten Gabe mit Antihypertensiva Vorsicht geboten. Das gilt wegen der Gefahr einer verstärkten Sedierung und Somnolenz auch für die gleichzeitige Anwendung mit zentral dämpfenden Arzneimitteln.
Die in Studien mit Guanfacin am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen sind Somnolenz, Müdigkeit, Sedierung sowie Kopf- und Bauchschmerzen. Häufig kommt es zum Beispiel zu Hypotonie, Gewichtszunahme und Bradykardie. Gelegentlich kommt es zu Synkopen. Somnolenz und Sedierung traten vorwiegend zu Beginn der Behandlung auf.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
In der Zulassungsstudie SPD503-316 mit 337 Kindern und Jugendlichen, die doppelblind, randomisiert und placebokontrolliert durchgeführt wurde, stand die Veränderung der ADHS-Kernsymptome auf dem Prüfstand. Sie wurden anhand des Gesamtwerts auf der gängigen Ratingskala ADHD-RS-IV im Vergleich von Studienbeginn zu Studienende bestimmt. In der Verumgruppe erhielten Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren einmal täglich 1 bis 4 mg Guanfacin pro Tag, Jugendliche von 13 bis 17 Jahre einmal täglich 1 bis 7 mg. Die Reduktion der ADHS-Symptome betrug unter der Behandlung mit Guanfacin nach 10 bis 13 Wochen 24 Punkte im Vergleich zu einer Reduktion um 15 Punkte unter Placebo. Ein ähnliches Ergebnis zeigte die Studie SPD503-312 mit 312 Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren. In dieser lag die Reduktion der ADHS-Scores unter Guanfacin nach 13 Wochen bei 25 Punkten und unter Placebo bei 19 Punkten.
Ferner wurde Guanfacin auf Grundlage einer Verschlechterung der ADHS-Symptome oder von Behandlungsabbrüchen hinsichtlich Behandlungsversagen bewertet. In einer 41-wöchigen Studie zur Untersuchung der Langzeitwirksamkeit einer Erhaltungstherapie (SPD503-315) mit 301 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren trat ein Behandlungsversagen bei 49 Prozent der Patienten unter Guanfacin ein, während dies bei 65 Prozent der Probanden in der Placebogruppe der Fall war.
Guanfacin ist ein alter Bekannter. In den 1970er-Jahren wurde die Substanz als Alternative zum ähnlich wirkenden Clonidin entwickelt und war einige Jahre als Antihypertensivum auf dem deutschen Markt.
Bei der Lagerung von Intuniv sind keine besonderen Bedingungen einzuhalten.
Intuniv ist verschreibungspflichtig.
Guanfacin
Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).
Die Anwendung von Intuniv während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen.
In der Stillzeit muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Intuniv verzichtet werden soll beziehungsweise die Behandlung zu unterbrechen ist.
Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität und eine Wirkung auf die männliche Fertilität gezeigt.
Letzte Aktualisierung: 25.05.2020