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ARZNEISTOFFE

Vortioxetin|Brintellix®|71|2015

STOFFGRUPPE
71 Psychopharmaka
WIRKSTOFF
Vortioxetin
FERTIGARZNEIMITTEL
Brintellix®
HERSTELLER

Lundbeck GmbH

MARKTEINFÜHRUNG (D)
05/2015
DARREICHUNGSFORM

außer Vertrieb

ATC-CODE
N06AX26
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Brintellix ist zugelassen zur Behandlung von Episoden einer Major Depression bei Erwachsenen.

Wirkmechanismus

Vortioxetin wird als multimodal wirksames Antidepressivum bezeichnet. Vermutlich hängt der Wirkmechanismus mit der direkten Modulation der serotonergen Rezeptoraktivität und der Hemmung des präsynaptischen Serotonin-(5-HT)-Transporters zusammen.

 

Das Molekül wirkt antagonistisch an 5-HT1D-, 5-HT3- und 5-HT7-Rezeptoren, partialagonistisch an 5-HT1B- sowie agonistisch an 5-HT1A-Rezeptoren. In den klinisch relevanten Dosen soll Vortioxetin alle diese Rezeptoren besetzen. Die Modulation der Neurotransmission betrifft vorrangig das Serotonin-System, wahrscheinlich aber auch das Noradrenalin-, Dopamin-, Histamin-, Acetylcholin- sowie das GABAerge und das glutamaterge System. Die multimodale Aktivität soll für die in Tierstudien beobachteten antidepressiven und Anxiolytika-ähnlichen Effekte und die Verbesserung der kognitiven Funktion, des Lernens und Gedächtnisses verantwortlich sein, heißt es in der Fachinformation.

 

Wichtig für die Verträglichkeit: Der Arzneistoff wirkt nicht anticholinerg oder antihistaminerg und beeinflusst die Reizleitung am Herzen nicht. 

Anwendungsweise und -hinweise

Die Anfangs- und die empfohlene Dosis beträgt bei Erwachsenen unter 65 Jahren 10 mg Vortioxetin einmal täglich. Je nach Ansprechen kann die Tagesdosis auf maximal 20 mg erhöht oder auf 5 mg gesenkt werden. Senioren über 65 Jahren sollten mit 5 mg starten. Der Patient kann die Tabletten/Lösung mit oder ohne Nahrung einnehmen. Die Tropfen können mit Wasser, Saft oder anderen alkoholfreien Getränken gemischt werden. Nach Abklingen der Symptome wird zur Aufrechterhaltung der antidepressiven Wirkung eine Behandlungsdauer von mindestens sechs Monaten empfohlen. 

Wichtige Wechselwirkungen

Da Vortioxetin extensiv über die Leber, primär über CYP2D6 und in geringerem Ausmaß von CYP3A4/5 und CYP2C9, metabolisiert wird, sind zahlreiche Wechselwirkungen möglich. Bei gleichzeitiger Anwendung von starken CYP2D6-Inhibitoren wie Bupropion, Chinidin, Fluoxetin oder Paroxetin kann eine Dosisreduktion von Vortioxetin nötig sein. Bei gleichzeitiger Gabe eines Breitband-CYP-Induktors (Beispiele: Rifampicin, Carbamazepin, Phenytoin) muss der Arzt eventuell die Dosis erhöhen.

 

MAO-B-Hemmer wie Selegilin und Rasagilin sollten mit Vorsicht gemeinsam mit Vortioxetin eingesetzt werden. Auch die gleichzeitige Anwendung von Arzneistoffen mit serotonerger Wirkung wie Tramadol, Sumatriptan und anderen Triptanen kann zu einem Serotonin-Syndrom führen

Nebenwirkungen

Die häufigste Nebenwirkung in Studien zu Vortioxetin war Übelkeit, an der mehr als einer von zehn Patienten litt. Häufig waren Appetitminderung, abnorme Träume, Schwindelgefühl, Magen-Darm-Probleme wie Diarrhö, Obstipation oder Erbrechen sowie generalisierter Juckreiz. Die Nebenwirkungen waren meist leicht oder mittelschwer, traten in den ersten zwei Behandlungswochen auf und führten in der Regel nicht zum Therapieabbruch.

 

Vortioxetin beeinflusste Körpergewicht, Herzfrequenz oder Blutdruck im Vergleich zu Placebo in Kurz- und Langzeitstudien nicht. Ebenso wurden keine klinisch signifikanten Veränderungen an Leber oder Niere oder EKG-Parametern wie der QTc-Zeit beobachtet. 

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms ist die Kombination von Vortioxetin mit Arzneistoffen, die als nicht-selektive oder selektive Monoaminoxidase-A-Hemmer (MAO-Hemmer) wirken, kontraindiziert. Die Fachinformation nennt zum Beispiel Moclobemid und das Antibiotikum Linezolid. 

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Vortioxetin wurde in zwölf doppelblinden Kurzzeitstudien über sechs oder acht Wochen im Vergleich zu Placebo untersucht. An dem Programm nahmen mehr als 6700 Patienten mit Major Depression teil. Hauptindikator war die Veränderung von Standard-Scores für die Symptome der Depression (MADRS und HAM-D24).

 

In Tagesdosen von 5 bis 20 mg konnte Vortioxetin die depressive Stimmung der Patienten deutlich stärker bessern als Placebo und zudem Ängste lindern. Der Effekt aus den einzelnen Studien wurde durch eine Metaanalyse bestätigt und war für die Dosierung 5, 10 und 20 mg/Tag gegenüber Placebo statistisch signifikant. In einer doppelblinden achtwöchigen Studie mit 452 älteren Patienten wirkte Vortioxetin 5 mg/Tag deutlich besser als Placebo.

 

Wie eine Studie zur Rezidivprävention (24 bis 64 Wochen Beobachtungszeit) zeigte, können die Verbesserungen langfristig erhalten werden. Das Risiko für ein Rezidiv war in der Placebogruppe doppelt so hoch wie unter Verum.

 

Ferner wurde Vortioxetin 10 oder 20 mg/Tag über zwölf Wochen mit dem Antidepressivum Agomelatin (25 oder 50 mg/Tag) verglichen. Vortioxetin war statistisch signifikant überlegen.

Besonderheiten

Für die Lagerung von Brintellix sind keine besonderen Bedingungen zu beachten.

Brintellix ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Vortioxetin

Vortioxetin

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

Vortioxetin.wrl

Weitere Hinweise

In Tierstudien wirkte Vortioxetin reproduktionstoxisch. Das Medikament darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, außer wenn der klinische Zustand der Frau dies erfordert. In der Stillzeit ist zu erwägen, ob die Frau das Stillen unterbricht oder auf das Antidepressivum verzichten soll. 

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Letzte Aktualisierung: 31.03.2021