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PhiP im HV
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Selbstmedikation bei Kopfschmerzen

»Ich brauche etwas gegen Kopfschmerzen.« Dieser Satz ist ein Klassiker im Apothekenalltag. Welche OTC-Therapieoption ist für wen geeignet und was gilt es bei der pharmazeutischen Beratung zu beachten?
AutorKontaktLaura Rudolph
Datum 01.06.2023  13:00 Uhr

In neun von zehn Fällen leiden Menschen mit Kopfschmerzen entweder an Kopfschmerzen vom Spannungstyp oder an Migräne, die beide zu den primären Kopfschmerzen gehören. Eine Selbstmedikation kommt dann – unter Berücksichtigung ihrer Grenzen – infrage. Spannungskopfschmerzen machen sich beidseitig, dumpfdrückend oder ziehend bemerkbar und sind von mäßiger Intensität. Sie bessern sich bei Bewegung. Migräne hingegen tritt meist halbseitig, pulsierend, pochend oder stechend auf und kann mit Licht- und Lärmempfindlichkeit sowie mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen. Die Kopfschmerzen verschlimmern sich bei Bewegung. (Lesen Sie dazu »PhiP im HV: Selbstmedikation bei Migräne«.) Bei sekundären Kopfschmerzen, die als Symptom einer anderen Erkrankung auftreten, ist ein Arztbesuch ratsam. Die Liste der möglichen Primärerkrankungen ist lang. Einige Beispiele sind:

  • Zervikogener Kopfschmerz: Dieser streng einseitig vom Nacken über den Kopf ziehende Schmerz tritt konstant mit überlagerten Attacken auf. Ihm liegt eine mechanische Belastung der Halswirbelsäule (HWS) zugrunde.
  • Trigeminus-Neuralgie-induzierter Kopfschmerz: Dieser tritt attackenartig im Gebiet des Trigeminus-Nervs auf und kann etwa mit Zuckungen, Gesichtsrötung oder Tränenfluss einhergehen.
  • Cluster-Kopfschmerz: Dieser ist sehr stark und tritt streng einseitig, meist über einem Auge auf. Die Ursache ist unbekannt.

Selbstmedikation von Spannungskopfschmerzen

Laut der S3-Leitlinie »Selbstmedikation bei Migräne und beim Kopfschmerz vom Spannungstyp« aus dem Jahr 2009 sind die Mittel der Wahl zur Behandlung von Spannungskopfschmerzen bei Erwachsenen:

  • die Monotherapie mit Acetylsalicylsäure (1000mg), Ibuprofen (400mg) oder Diclofenac (12,5 – 25mg) sowie die
  • die Kombinationstherapie aus Paracetamol/Koffein (500mg/65mg) oder Acetylsalicylsäure (ASS)/Paracetamol/Koffein (250 – 265mg/ 200 – 265mg/ 50 – 65mg).

Als Mittel der zweiten Wahl gilt demnach die Monotherapie mit Paracetamol (1000mg). Eine weitere Therapieoption ist etwa Naproxen (200 – 400mg). Generell gilt: Kopfschmerzmittel sollten in der Selbstmedikation nicht länger als drei Tage hintereinander und an maximal zehn Tagen im Monat eingenommen werden, um einen Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz zu vermeiden. Auf präparatespezifische Altersbeschränkungen und Maximaldosierungen ist stets zu achten.

Grenzen der Selbstmedikation

In folgenden Fällen oder bei den folgenden Begleitsymptomen von Kopfschmerzen ist ein Arztbesuch indiziert:

  • sehr starke oder anfallsartige Kopfschmerzen
  • Dauer > 24 Stunden
  • Häufigkeit ≥ 10 Tage/Monat
  • nach Kopfverletzungen
  • Fieber ≥ 39°C
  • Nackensteifigkeit, Lähmungen
  • Gefühls-, Seh- und Sprechstörungen
  • Benommenheit und Gedächtnisprobleme
  • therapieresistente Beschwerden
  • Verdacht auf Arzneimittelnebenwirkung
  • Verdacht auf Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz

Wichtige Fragen im Beratungsgespräch

  • Wo sind die Kopfschmerzen lokalisiert und wie äußern sie sich? Eine Selbstmedikation kommt in der Regel nur bei Spannungskopfschmerzen und diagnostizierter Migräne infrage. 
  • Seit wann bestehen die Beschwerden? Bei langanhaltenden oder häufig wiederkehrenden Beschwerden ist ein Arztbesuch ratsam. Gleiches gilt, wenn der Kopfschmerz nach einer Kopfverletzung auftritt.
  • Nehmen sie regelmäßig Schmerzmittel gegen Kopfschmerzen ein? Die zu häufige Einnahme von Kopfschmerzmitteln kann zu einem Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz führen. 
  • Liegen Begleitsymptome vor? Bei Begleitsymptomen wie neurologische Ausfallerscheinungen, Nackensteifigkeit oder hohes Fieber sind Grenzen der Selbstmedikation erreicht.
  • Nehmen Sie weitere Medikamente ein? Arzneimittelinteraktionen gilt es zu identifizieren. Bestimmte Medikamente wie Nitrate können zudem Kopfschmerzen auslösen. Bei Verdacht auf Kopfschmerzen als Arzneimittelnebenwirkung ist ein Arztbesuch ratsam.
  • Besteht eine Begleiterkrankung? Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) möglichst gemieden werden. Ist dies nicht möglich, ist Naproxen zu bevorzugen. Patienten mit gastrointestinalen Blutungen in der Anamnese sollten auf NSAR verzichten.
  • Sind Sie schwanger oder stillen? Die Einnahmebeschränkungen von NSAR sind zu berücksichtigen. 

Nicht medikamentöse Tipps

  • Pfefferminzöl auf Stirn und Schläfen auftragen (ab sechs Jahren)
  • ein feuchtes Tuch auf die Stirn legen 
  • bekannte Kopfschmerz-Auslöser vermeiden
  • ausreichend schlafen und trinken
  • Stress reduzieren, Entspannungsübungen durchführen
  • moderaten Ausdauersport betreiben
  • Rücken- und Nackenmuskeln trainieren, um die HWS zu entlasten
  • Kopfschmerztagebuch führen

 

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