Selbstmedikation bei Vaginalmykosen |
Carolin Lang |
30.08.2021 07:00 Uhr |
Juckreiz und Brennen sind typische Symptome bei Vaginalmykosen. / Foto: Adobe Stock/mraoraor
Schätzungen zufolge erkranken etwa drei von vier Frauen mindestens einmal in ihrem Leben an einer Vaginalmykose. In der Regel sind Hefepilze vom Typ Candida, in mehr als 80 Prozent der Fälle Candida albicans, für die Infektion verantwortlich. Da meist Vagina (Scheide) und Vulva (äußere primäre Geschlechtsorgane) betroffen sind, ist auch die Bezeichnung Vulvovaginalcandidose (VVC) geläufig. Zwar gehören Hefepilze zur natürlichen Scheidenflora, kommen aber normalerweise nur in geringen Mengen vor.
Auf eine Überbesiedlung reagiert der Körper mit einer Entzündungsreaktion. Diese kann sich durch starken Juckreiz und Brennen im Intimbereich sowie Rötung der inneren und äußeren Schamlippen äußern. Ein typisches Symptom ist zudem ein vermehrter geruchloser Vaginalausfluss, der zunächst dünnflüssig und weißlich ist und im Lauf der Pilzinfektion krümelig wird.
Einige Faktoren können eine Pilzinfektion der Scheide begünstigen. Dazu gehört die Einnahme bestimmter Medikamente wie Antibiotika, Immunsuppressiva oder der kombinierte orale Kontrazeptiva. Auch Diabetes mellitus oder Immunschwäche fördern das Infektionsrisiko. Stress, übertriebene Intimhygiene sowie die Verwendung luftundurchlässiger Slipeinlagen schaffen günstige Bedingungen für die Vermehrung der Hefepilze, die überwiegend aus der eigenen Darmflora »übersiedeln«.
Zudem kann die Frau sich beim Geschlechtsverkehr mit einem Mann, der eine Pilzinfektion der Eichel hat, anstecken. Saunabänke und gechlorte Schwimmbecken gelten ebenfalls als Infektionsquelle. In der Schwangerschaft treten vaginale Pilzinfektionen häufiger auf, da die hormonellen Veränderungen das Wachstum von Hefepilzen inder Scheide begünstigen.
Eine Vaginalmykose spricht häufig gut auf eine lokale Therapie an. Dabei stehen für die Selbstmedikation Antimykotika wie Clotrimazol oder Fenticonazol sowie Nystatin zur Verfügung. Häufig handelt es sich um Kombinationspräparate mit einer vaginal zu applizierenden Arzneiform als Tablette, Creme, Kapsel oder Zäpfchen sowie einer Salbe oder Creme zur äußerlichen Anwendung. Dauer und Häufigkeit der inneren und äußeren Anwendung sind meist unterschiedlich und variieren von Präparat zu Präparat. Daneben werden auch Antiseptika wie Povidon-Jod bei Scheidenpilz angewendet. Präparate mit Povidon-Jod sollten nicht bei Schilddrüsenfunktionsstörungen sowie bis zu zwei Wochen vor einer Radiojodtherapie angewendet werden.
Die vaginal zu applizierende Arzneiform ist meist abends vor dem Zubettgehen einzuführen. Vaginaltherapeutika eignen sich in der Regel nicht zur Anwendung während der Menstruation und können zum Teil die Reißfestigkeit von Latexkondomen auch wenige Tage über die Anwendung hinaus beeinträchtigen. Während der Behandlung sollten keine Tampons verwendet werden. Zur Hilfe beim Einführen sind einigen Präparaten Applikatoren beigelegt. Schwangere sollten diese nicht verwenden. Es besteht die Gefahr, den Applikator zu weit einzuführen und so das Kind zu gefährden. Vaginalzäpfchen mit Nystatin können gelbliche, solche mit Povidon-Jod hingegen braune Verfärbungen der Unterwäsche verursachen.
In einer aktuellen Umfrage der Viatris-Gruppe in Deutschland hielten 40 Prozent der befragten Frauen Intimhygiene für ein Tabuthema; etwa jede vierte Frau habe noch nie mit jemandem über das Thema Intimhygiene gesprochen. Es gilt: nicht übertreiben. Zu intensive Intimhygiene mit stark parfümierten Duschgels und Seifen kann die Mikroflora des Vaginalepithels stören und so Infektionen begünstigen. Zur Reinigung genügen lauwarmes Wasser oder geeignete Intimwaschlotionen.
Intimbereich – genital area | Scheidenpilz – vaginal mycosis | Scheidenflora – vaginal flora | Brennen – burning | Jucken – itching | Vaginalausfluss – vaginal discharge | Geruch – smell | Slipeinlagen – panty liners | Antimykotikum – antimycotic | Probiotika – probiotics | Kapsel – capsule | Zäpfchen – suppository | vaginal applizieren – to apply vaginally | äußerliche Anwendung – external application | applikator – applicator | Milchsäurebakterien – lactic acid bacteria
Die Vaginalflora besteht zu einem großen Teil aus Laktobazillen (Milchsäurebakterien). Diese wandeln Zucker in Milchsäure um und sorgen so für einen pH-Wert zwischen 3,8 und 4,4. Das saure Milieu hindert pathogene Keime daran, sich zu vermehren. Präparate mit Milchsäure zur intravaginalen Anwendung sollen für die Erhaltung und Wiederherstellung des sauren Milieus sorgen. Ferner dienen Probiotika mit Laktobazillen zur vaginalen oder auch zur oralen Anwendung zum Aufbau der Scheidenflora. »Ob das Pilzinfektionen vorbeugen kann, ist jedoch nicht gut untersucht«, so die Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Damit Pharmaziepraktikanten das Thema Vaginalmykosen angepasst an die Produkte ihrer PJ-Apotheke noch einmal aufarbeiten können, steht im Serviceteil der PZ-Ausgabe Nummer 34 ein interaktives Arbeitsblatt zur Verfügung. Es kann auch als Anlass genutzt werden, das Thema mit den Kolleginnen und Kollegen in der Apotheke durchzusprechen. Gerne können Sie auch das PDF zum Download nutzen. Bisherige Themen der Serie waren: Schlafstörungen, Sodbrennen, Hämorrhoidalleiden, Lippenherpes, Obstipation, Heuschnupfen, Fußpilz, Nagelpilz und Sonnenschutz.