Pharmazeutische Zeitung online
ARZNEISTOFFE

Netarsudil|Roclanda®|67|2022

STOFFGRUPPE
67 Ophthalmika
WIRKSTOFF
Netarsudil
FERTIGARZNEIMITTEL
Roclanda®
HERSTELLER

Santen Oy

MARKTEINFÜHRUNG (D)
12/2022
DARREICHUNGSFORM

50 µg/ml+200 µg/ml Augentropfen

ATC-CODE
S01EE51
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Roclanda enthält die Wirkstoffe Netarsudil und Latanoprost.

Roclanda ist zugelassen zur Senkung eines erhöhten Augeninnendrucks (IOP, Intraocular Pressure) bei erwachsenen Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom oder okulärer Hypertension, bei denen eine Monotherapie mit einem Prostaglandin oder Netarsudil eine unzureichende Augeninnendrucksenkung bewirkt.

Wirkmechanismus

Beide Wirkstoffe senken den Augeninnendruck, indem sie den Abfluss von Kammerwasser erhöhen, sie wirken aber auf unterschiedliche Weise.

 

Latanoprost ist ein Prodrug und wird in der Hornhaut in seinen aktiven Metaboliten Latanoprostsäure umgewandelt. Diese wirkt als Agonist am Prostaglandin-F-Rezeptor. Wie Prostaglandin F2α, der natürliche Ligand an diesem Rezeptor, bewirkt Latanoprostsäure dadurch eine Steigerung des Kammerwasserabflusses.

 

Netarsudil hemmt das Enzym Rho-Kinase. Rho-Kinasen spielen als Signalüberträger bei vielen physiologischen Prozessen eine Rolle, etwa bei der Kontraktion glatter Muskelzellen. Am Auge angewendet steigert Netarsudil zum einen den Abfluss des Kammerwassers über das trabekuläre Maschenwerk, das siebartige Geflecht im Kammerwinkel des Auges. Zum anderen führt die Kinasehemmung dazu, dass der episklerale Venendruck, der auch zum Augeninnendruck beiträgt, gesenkt wird.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Dosierung ist ein Tropfen Roclanda in das betroffene Auge einmal täglich abends. Patienten sollten pro Tag nicht mehr als einen Tropfen eintropfen. Wie bei allen Augentropfen wird empfohlen, nach dem Eintropfen den Tränensack unter dem inneren Augenwinkel für eine Minute zu komprimieren (punktueller Verschluss), um eine potenzielle systemische Reduktion zu vermeiden.

 

Roclanda enthält Benzalkoniumchlorid. Das Konservierungsmittel kann Reizungen am Auge und trockene Augen hervorrufen und den Tränenfilm und die Hornhautoberfläche beeinträchtigen. Zudem kann Benzalkoniumchlorid von weichen Kontaktlinsen aufgenommen werden und dort zur Verfärbungen führen. Träger von Kontaktlinsen sollten die Linsen daher vor dem Eintropfen herausnehmen und erst nach 15 Minuten wieder einsetzen.

 

Wird eine Anwendung versäumt, sollte die Behandlung mit der nächsten Dosis am Abend fortgesetzt werden.

 

Bei gleichzeitiger Anwendung von Roclanda mit anderen topischen Augenarzneimitteln, sind die jeweiligen Arzneimittel in einem Abstand von mindestens fünf Minuten anzuwenden. Dabei sollte Roclanda wegen der gefäßerweiternden Eigenschaften von Netarsudil nach anderen Augentropfen appliziert werden. Augensalben sind zum Schluss anzuwenden.

 

Latanoprost kann durch Steigerung des Anteils an braunem Pigment in der Iris die Augenfarbe allmählich und potenziell dauerhaft verändern. Eine einseitige Behandlung kann zu einer bleibenden Heterochromie führen. Die Patienten sollten vor Behandlungsbeginn darüber informiert werden. Zudem können sich durch Latanoprost allmählich die Wimpern und Flaumhaare am behandelten Auge und in dessen Umgebung verändern. Es kann zu längeren, dickeren oder mehr Wimpern oder Haaren sowie einer erhöhten Pigmentierung dieser Haare kommen und das Wachstum der Wimpern kann fehlgerichtet sein. Derartige Veränderungen an den Wimpern sind nach Absetzen der Behandlung reversibel.

Wichtige Wechselwirkungen

Es gibt Berichte über paradoxe Erhöhungen des Augeninnendrucks nach gleichzeitiger Anwendung von zwei Prostaglandin-Analoga am Auge. Daher wird die Anwendung von zwei oder mehr Prostaglandinen, Prostaglandin-Analoga oder Prostaglandin-Derivaten nicht empfohlen.

Nebenwirkungen

Die in Studien zu Roclanda am häufigsten beobachtete okuläre Nebenwirkung ist Bindehauthyperämie (»rote Augen«), die bei 46 Prozent der Patienten auftrat. Sie war auch der häufigste Grund für einen Therapieabbruch. Andere okuläre Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Stelle des Eintropfens, Vortexkeratopathie (wirbelartige Ablagerungen im Hornhautepithel der Augen und Augenjucken.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung von Roclanda basiert auf den Phase-III-Studien MERCURY 1 und MERCURY 2, an denen insgesamt 1468 Erwachsene mit Glaukom oder okulärer Hypertension teilnahmen. In den Studien wurde die Wirksamkeit von Roclanda auf den Augeninnendruck mit der der jeweiligen Einzelkomponenten verglichen. Die Patienten tropften einmal täglich abends entweder Roclanda, Netarsudil 0,02 Prozent oder Latanoprost 0,005 Prozent. Die Behandlungsdauer von MERCURY 1 betrug zwölf Monate, die von MERCURY 2 drei Monate. Der Hauptindikator für die Wirksamkeit war der Kleinste-Quadrate (LS)-Mittelwert des Augeninnendrucks an neun Zeitpunkten. Gemessen wurde jeweils um 8:00 Uhr, 10:00 Uhr und 16:00 Uhr an den Tagen 15, 43 und 90.

Roclanda senkte den Augendruck wirksamer als die jeweiligen Einzelkomponenten. Dabei war die durchschnittliche Wirkung des Kombinationspräparates über drei Monate hinweg um 1 bis 3 mmHg größer. Die gepoolten Daten lagen bei den mit Roclanda behandelten Patienten zwischen 15,03 und 16,38 mmHg, verglichen mit 17,35 bis 19,39 mmHg (Netarsudil) beziehungsweise 16,93 bis 17,96 mmHg (Latanoprost). Die Unterschiede waren bis einschließlich Monat 3 klinisch relevant und statistisch signifikant (p < 0,0001).

Besonderheiten

Roclanda ist bei Temperaturen von 2–8 °C (Kühlschrank) sowie vor Licht geschützt (Originalverpackung) zu lagern.

Roclanda ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Netarsudil

Netarsudil

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

netarsudil.wrl

Weitere Hinweise

Roclanda darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. In der Stillzeit ist abzuwägen, ob das Stillen unterbrochen oder auf die Behandlung mit Roclanda verzichtet werden soll.

Vorläufige Bewertung

Sprunginnovation

Letzte Aktualisierung: 04.01.2023