Ocriplasmin|Jetrea®|67|2013 |
Alcon Pharma
0,5 mg/0,2 ml Konzentrat zur Herstellung einer Injektionslösung
Jetrea ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit vitreomakulärer Traktion (VMT).
Ocriplasmin ist eine verkürzte Form des humanen Plasmins, die mittels DNA-Rekombinationstechnik von Hefezellen produziert wird. Der Arzneistoff wirkt proteolytisch auf Proteinbestandteile des Glaskörpers und der vitreoretinalen Grenzschicht. Dadurch soll die vitreomakuläre Adhäsion reduziert werden.
Die empfohlene Dosis von Jetrea beträgt 0,125 mg, die einmalig in das betroffene Auge (intravitreal) injiziert wird. Die Injektion in das zweite, möglicherweise ebenfalls betroffene Auge wird zum gleichen Zeitpunkt oder innerhalb von sieben Tagen nach der ersten Injektion nicht empfohlen, um den Verlauf nach der Injektion inklusive der Möglichkeit einer Sehverschlechterung am behandelten Auge beobachten zu können. Zudem wird eine wiederholte Anwendung im selben Auge nicht empfohlen. Die Injektion beim Augenarzt muss unter aseptischen Bedingungen erfolgen. Nach Ermessen des Arztes können präoperativ antibiotikahaltige Augentropfen gegeben werden.
Systemische Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Ocriplasmin nicht zu erwarten. Der Wirkstoff besitzt jedoch Serinprotease-Aktivität und ist nach der intravitrealen Injektion noch einige Tage im Auge nachweisbar. Die Verabreichung anderer Arzneimittel in dasselbe Auge mit geringem zeitlichen Abstand kann die Aktivität beider Arzneimittel beeinflussen und wird daher nicht empfohlen.
Im Anschluss an die Injektion von Ocriplasmin müssen die Patienten auf Nebenwirkungen, zum Beispiel intraokulare Entzündungen und Infektionen oder eine Zunahme des Augeninnendrucks, überwacht werden. Sie sollten mögliche Symptome einer Entzündung oder Infektion im Auge sowie Sehbeschwerden dem Arzt unverzüglich mitteilen, damit er gegebenenfalls rechtzeitig reagieren kann.
Alle im Rahmen der Zulassungsstudien zu Jetrea berichteten Nebenwirkungen waren okularer Natur. Sehr häufig sind Glaskörpertrübungen (fliegende Mücken, mouches volantes), Augenschmerzen, Photopsie sowie durch das Injektionsverfahren ausgelöste Bindehautblutungen. Ein Expertengremium der europäischen Arzneimittelagentur EMA kommt im Hinblick auf die Sicherheit von Ocriplasmin zu dem Schluss, dass die häufigsten Nebenwirkungen von kurzer Dauer sind und als handhabbar betrachtet werden können. Das Risiko schwerwiegenderer Nebenwirkungen, wie eine nicht wiederherstellbare verminderte Sehfähigkeit oder sonstige Veränderungen der Netzhautfunktion, sei gering.
Kontraindiziert ist Ocriplasmin bei bestehender okularer oder periokularer Infektion oder wenn ein Verdacht darauf besteht. Bei bestimmten Patientengruppen ist der Wirkstoff nicht untersucht worden und wird daher nicht empfohlen. Dazu zählen Patienten mit großen Makulalöchern (Durchmesser > 400 µm), mit starker Myopie (sphärische Korrektur größer als acht Dioptrien oder axiale Länge größer als 28 mm) oder kürzlich durchgeführter Augenoperation beziehungsweise Laserbehandlung.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Wirksamkeit und Sicherheit von Ocriplasmin wurden in zwei sechsmonatigen placebokontrollierten und randomisierten Doppelblindstudien bei etwa 650 Patienten mit vitreomakulärer Traktion (VMT) und verminderter Sehfähigkeit untersucht. Sie erhielten entweder 0,125 mg Ocriplasmin als einmalige intravitreale Injektion oder eine Placebo-Injektion. Primärer Endpunkt war in beiden Studien der Anteil an Patienten, bei denen bis zum Tag 28 nach der Injektion eine Auflösung der vitreomakulären Adhäsion erzielt werden konnte. Dieser Anteil war in beiden Studien in der Verumgruppe signifikant höher. Während sich die Adhäsionen bei 25 beziehungsweise 28 Prozent der Patienten in der Verumgruppe aufgelöst hatten, war dies unter Placebo nur bei 13 beziehungsweise 6 Prozent der Patienten der Fall. In beiden Studien war diese Differenz auch nach sechs Monaten noch statistisch signifikant. Etwa 150 Patienten hatten zu Studienbeginn bereits ein Makulaloch. Der Großteil wurde mit Ocriplasmin behandelt. Bei etwa 40 Prozent dieser Patienten hatten sich am Tag 28 die Makulalöcher wieder geschlossen. Bei Patienten mit Makulalöchern, die Placebo erhalten hatten, gelang dies nur in rund 10 Prozent der Fälle.
Der Glaskörper ist eine gallertartige Substanz im Auge, die dafür sorgt, dass das Auge seine runde Form behält. Mit dem Alter verflüssigt sich der Glaskörper und löst sich von der Retina (Netzhaut), der lichtempfindlichen Schicht, die den Augenhintergrund auskleidet. Diese hintere Glaskörperabhebung ist Teil des natürlichen Alterungsprozesses und bei Menschen über 50 Jahren häufig. In einigen Fällen löst sich der Glaskörper jedoch nicht vollständig ab, sondern bleibt an der Retina – und vor allem an der Makula, also dem Teil der Netzhaut, der für das schärfste Sehen verantwortlich ist – haften. Dies bezeichnen Mediziner als vitreomakuläre Adhäsion. Sie kann einen Zug auf die Makula ausüben und zu verzerrtem Sehen führen. Dies bezeichnet man als vitreomakuläre Traktion (VMT). In Deutschland leiden schätzungsweise 30 000 bis 40 000 Menschen an dieser Erkrankung. In der Folge kann auch ein Loch in der Makula entstehen.
Im Anschluss an die Diagnose durchlaufen die Patienten meist zuerst eine Phase der »aktiven Beobachtung«, bevor im Spätstadium der Erkrankung ein chirurgischer Eingriff erforderlich werden kann. In rund 10 Prozent der Fälle heilen VMT und Makulalöcher im Frühstadium von selbst aus. Während der Phase der »aktiven Beobachtung« setzt man daher auf die Hoffnung, dass die VMT von selbst ausheilt und kein chirurgischer Eingriff erforderlich wird. Eine längere Beobachtung des Patienten bis zur Verschlechterung des Sehvermögens geht jedoch auch mit der Gefahr des Fortschreitens der Krankheit und des Auftretens von Komplikationen sowie in einzelnen Fällen von schweren irreversiblen Schäden einher.
Jetreo muss im Gefrierschrank bei -20 °C (plus/minus 5 Grad Celsius) gelagert werden. Vor der Anwendung muss es aufgetaut und verdünnt werden. Das ungeöffnete Produkt ist bei Temperaturen unter 25 °C noch acht Stunden chemisch und physikalisch stabil, sofern es im Umkarton (Lichtschutz) gelagert wird. Wenn Jetrea einmal aufgetaut war, darf man es nicht wieder einfrieren.
Jetrea ist verschreibungspflichtig.
Zur Anwendung von Ocriplasmin in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine Daten vor. Zwar ist unwahrscheinlich, dass der Wirkstoff in nennenswerten Mengen systemisch verfügbar ist. Jetrea sollte dennoch nur unter Abwägung von potenziellem Nutzen für die Mutter und Risiken für das Kind angewendet werden.
Letzte Aktualisierung: 12.10.2016