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ARZNEISTOFFE

Turoctocog alfa|NovoEight®|16|2014

STOFFGRUPPE
16 Antihämorrhagika (Antifibrinolytika und andere Hämostatika)
WIRKSTOFF
Turoctocog alfa
FERTIGARZNEIMITTEL
NovoEight®
HERSTELLER

Novo Nordisk

MARKTEINFÜHRUNG (D)
01/2014
DARREICHUNGSFORM

250 I. E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

500 I. E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

1000 I. E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

1500 I. E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

2000 I. E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

3000 I. E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

ATC-CODE
B02BD16
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

NovoEight ist zugelassen zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten aller Altersgruppen mit Hämophilie A.

Wirkmechanismus

Turoctocog alfa ist ein gereinigtes Protein mit 1445 Aminosäuren und einem Molekulargewicht von etwa 166 kDA. Es wird unter Verwendung rekombinanter DNA-Technologie in einer Ovarial-Zelllinie des chinesischen Hamsters produziert. Verglichen mit dem natürlichen Faktor VIII hat Turoctocog alfa eine verkürzte B-Domäne. Auf die Wirkung hat diese Modifikation keinen Einfluss.

Anwendungsweise und -hinweise

Zur Langzeitprophylaxe von Blutungen bei Patienten mit schwerer Hämophilie A betragen die üblichen Dosen 20 bis 40 I. E. Faktor VIII pro kg Körpergewicht alle zwei Tage oder 20 bis 50 I. E. Faktor VIII pro kg Körpergewicht drei Mal pro Woche. In einigen Fällen, insbesondere bei jüngeren Patienten, können kürzere Dosierungsintervalle oder höhere Dosen erforderlich sein.

 

Eine Bedarfsbehandlung mit Turoctocog alfa kann bei akuten Blutungen oder vor (geplanten) Operationen erfolgen. Die Berechnung der benötigten Dosis beruht auf dem Erfahrungswert, dass 1 Internationale Einheit (I. E.) von Faktor VIII pro kg Körpergewicht die Faktor-VIII-Aktivität im Plasma um 2 I. E./dl erhöht. Dabei wird nur bei lebensbedrohlichen Blutungen und vor größeren chirurgischen Eingriffen eine Faktor-VIII-Aktivität angestrebt, die 100 Prozent des Normbereichs beträgt. Bei kleineren Eingriffen, zu denen beispielsweise auch Zahnextraktionen zählen, reicht eine Faktor-VIII-Aktivität von 30 bis 60 Prozent des Normbereichs.

 

Für Turoctocog alfa gilt ebenso wie für andere Blutgerinnungsfaktoren, dass die Therapie unter Aufsicht eines in der Behandlung der Hämophilie erfahrenen Arztes begonnen werden sollte. Während der Dosisfindung und bis der Patient selbst beziehungsweise seine Eltern die Injektionstechnik erlernt haben, erfolgt die Therapie in der Arztpraxis/Hämophilieambulanz.

Wichtige Wechselwirkungen

Mit Turoctocog alfa wurden keine Studien zu Wechselwirkungen durchgeführt.

Nebenwirkungen

Häufig, also bei bis zu 10 Prozent der Behandelten, kam es in Studien zu Turoctocog alfa zu Reaktionen an der Injektionsstelle und erhöhten Leberenzymwerten. Gelegentlich auftretende Nebenwirkungen (in 1 bis 0,1 Prozent der Fälle) waren unter anderem Ausschläge, Fieber und Muskelschmerzen. Wie bei allen Fremdproteinen muss auch bei Turoctocog alfa mit Überempfindlichkeitsreaktionen und allergischen Reaktionen gerechnet werden. Insgesamt schätzt die europäische Arzneimittelbehörde EMA das Sicherheitsprofil von NovoEight als vergleichbar mit anderen Faktor-VIII-Präparaten ein.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bekannte allergische Reaktion gegen Hamsterprotein.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Für die Zulassung von NovoEight ausschlaggebend waren drei offene, nicht kontrollierte multizentrische Studien des Studienprogramms Guardian, an denen insgesamt 213 Patienten mit schwerer Hämophilie A teilnahmen. 63 davon waren Kinder unter zwölf Jahren. Turoctocog alfa erwies sich als wirksam und sicher: Während einer akkumulierten Exposition an mehr als 54 000 Tagen (entsprechend 342 Patientenjahren) entwickelte kein Teilnehmer sogenannte Hemmkörper, also gegen Faktor VIII gerichtete neutralisierende Antikörper. Diese Komplikation tritt üblicherweise in etwa einem Drittel der Fälle ein.

 

Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Faktor VIII lassen sich Blutungen bei Patienten mit schwerer Hämophilie A mit einer Substitution des Gerinnungsfaktors alle zwei bis drei Tage nicht gänzlich verhindern. So erlitten auch die Teilnehmer der Zulassungsstudien Blutungsepisoden, und zwar Jugendliche ab zwölf Jahren durchschnittlich 5,55 jährlich, Erwachsene 6,68 jährlich und Kinder unter zwölf Jahren 5,33 jährlich. Wurde Turoctocog alfa zur Stillung spontaner Blutungen eingesetzt, war die Behandlung in 90,3 Prozent der Fälle mit ein bis zwei Infusionen erfolgreich. Die Hämostase bei Operationen gelang in allen 14 Fällen.

Hintergrundinfos

Patienten mit Hämophie A bilden von Geburt an keinen oder nur wenig Faktor VIII. Dadurch ist die Gerinnungskaskade unterbrochen, und es kommt bei den Patienten spontan oder infolge von Verletzungen zu starken Blutungen in Gelenken, Muskeln und inneren Organen. Turoctocog alfa gleicht diesen Mangel vorübergehend aus und senkt die Blutungsneigung. Aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit muss der Faktor jedoch alle zwei bis drei Tage intravenös gespritzt werden.

 

Hämophilie A ist eine X-chromosomal-rezessiv vererbte Erkrankung. Deshalb sind nahezu ausschließlich Männer betroffen. In Deutschland leiden etwa 3000 Patienten an der schwersten Form der Hämophilie A, bei der Faktor VIII im Blut fast gänzlich fehlt. Unbehandelt erleiden diese Patienten früh schmerzhafte Gelenkblutungen und haben eine gegenüber Gesunden deutlich verkürzte Lebenserwartung. Die lebenslange Substitution des fehlenden Faktors ist daher die Standardtherapie. Sie wird in der Regel schon im Alter von zwölf Monaten begonnen, da die Blutungsgefahr mit zunehmender Mobilität des Kleinkinds steigt.

Besonderheiten

Die Lagerung von NovoEight muss bei 2–8 °C (Kühlschrank) erfolgen. Vor der Rekonstitution kann das Arzneimittel, das eigentlich im Kühlschrank aufzubewahren ist, innerhalb der Haltbarkeitsfrist einmalig für bis zu neun Monate bei Raumtemperatur gelagert werden.

 

Vor der Anwendung muss NovoEight rekonstituiert werden. Die Packung enthält dazu neben der Durchstechflasche mit dem Pulver auch einen Adapter sowie eine Fertigspritze mit dem Lösungsmittel. Die fertige Lösung ist zur unmittelbaren Anwendung bestimmt; sie kann bei Raumtemperatur (< 30 °C) maximal vier Stunden beziehungsweise im Kühlschrank (2–8 °C) für höchstens 24 Stunden aufbewahrt werden.

 

NovoEight ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Faktor XIII sollte nur nach strenger Indikationsstellung während Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden. Da Frauen nur sehr selten an Hämophilie A erkranken, liegen kaum Erfahrungen zur Anwendung vor. Auch Tierversuche wurden hierzu nicht durchgeführt.

Packshot

Letzte Aktualisierung: 30.09.2021