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ARZNEISTOFFE

Deutivacaftor|Alyftrek®|28|2025

 
STOFFGRUPPE
28 Bronchospasmolytika/Antiasthmatika und andere Mittel für den Respirationstrakt
WIRKSTOFF
Deutivacaftor
FERTIGARZNEIMITTEL
Alyftrek®
HERSTELLER

Vertex Pharmaceuticals

ZIELSTRUKTUR
CFTR-Modulatoren
MARKTEINFÜHRUNG (D)
08/2025
DARREICHUNGSFORM

50 mg/20 mg/4 mg Filmtabletten
125 mg/50 mg/10 mg Filmtabletten

ATC-CODE
R07AX33
ORPHAN DRUG
Ja

Indikationen

Alyftrek ist zugelassen zur Behandlung der cystischen Fibrose (CF) bei Patienten ab sechs Jahren mit mindestens einer Nicht-Klasse-I-Mutation im CFTR-Gen.

 

Die Filmtabletten enthalten den Potentiator Deutivacaftor (D-IVA) sowie die beiden Korrektoren Tezacaftor (TEZ) und Vanzacaftor (VNZ).

Wirkmechanismus

Deutivacaftor (D-IVA) ist ein deuteriertes Isotopolog von Ivacaftor (IVA). Durch die Deuterierung hat D-IVA eine längere Halbwertszeit als IVA und kann einmal täglich eingenommen werden, während Letzteres alle zwölf Stunden geschluckt werden muss.

 

Tezacaftor (TEZ) und Vanzacaftor (VNZ) binden an verschiedene Stellen des CFTR-Proteins und wirken dadurch additiv.

Anwendungsweise und -hinweise

Die Einnahme erfolgt einmal täglich zusammen mit einer fetthaltigen Mahlzeit. Patienten, die weniger als 40 kg wiegen, nehmen auf einmal drei Filmtabletten mit 50 mg D-IVA/20 mg TEZ/4 mg VNZ ein, schwerere Patienten zwei Filmtabletten mit 125 mg D-IVA/50 mg TEZ/10 mg VNZ.

 

Eine versäumte Dosis soll innerhalb von höchstens sechs Stunden nachgeholt und danach ausgelassen werden.

 

Die Behandlung belastet die Leber. Die Leberwerte sollen deshalb vor Therapiestart, im ersten Behandlungsjahr alle drei Monate und danach jährlich kontrolliert werden. Bei mäßig eingeschränkter Leberfunktion wird die Anwendung nicht empfohlen, kann aber bei positiver Nutzen-Risiko-Abwägung ohne Dosisanpassung erfolgen, wenn die Leberwerte engmaschig überwacht werden. Bei stark eingeschränkter Leberfunktion sollte das Alyftrek nicht angewendet werden.

Wichtige Wechselwirkungen

Alle drei Wirkstoffe sind Substrate von CYP3A; VNZ und D-IVA sind sensitive Substrate von CYP3A. Es besteht daher ein Interaktionspotenzial mit CYP3A-Induktoren und -Inhibitoren. Die gleichzeitige Anwendung mit mäßigen oder starken CYP3A-Induktoren, zum Beispiel Rifampicin, Carbamazepin oder Johanniskraut, wird nicht empfohlen. Auf Speisen oder Getränke, die Grapefruit enthalten, ist während der Behandlung zu verzichten. Bei gleichzeitiger Anwendung mit mäßigen oder starken CYP3A-Inhibitoren, zum Beispiel Erythromycin, Verapamil, Ketoconazol oder Clarithromycin, muss die Alyftrek-Dosis gemäß den Angaben in der Fachinformation reduziert werden.

 

D-IVA kann CYP2C9 hemmen, weshalb bei gleichzeitiger Anwendung mit Substraten dieses Enzyms mit enger therapeutischer Breite Vorsicht geboten ist. Dazu gehören unter anderem Glimepirid und Glipizid.

 

CYP3A wird von Alyftrek dagegen kaum induziert oder gehemmt, weshalb kein Wirksamkeitsverlust von oralen Kontrazeptiva zu befürchten ist.

 

Außerdem kann Alyftrek die Bioverfügbarkeit von Arzneistoffen, die sensitive Substrate von P-gp sind, erhöhen. Dadurch können deren therapeutische Wirkung und Nebenwirkungen verstärkt oder länger anhaltend auftreten. Bei gleichzeitiger Anwendung mit Digoxin oder anderen P-gp-Substraten mit einer geringen therapeutischen Breite ist daher Vorsicht geboten. Zu diesen gehören unter anderem Ciclosporin, Everolimus, Sirolimus und Tacrolimus.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen in Studien zu Alyftrek waren unter anderem Kopfschmerzen, Durchfall, Infektionen der oberen Atemwege, Schwindel und Transaminasenanstiege. Letztere waren auch die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen.

 

In Studien war außerdem das Risiko für Hautausschläge bei Frauen höher als bei Männern, insbesondere bei Frauen, die die Antibabypille anwendeten. Möglicherweise spielen hormonelle Kontrazeptiva eine Rolle beim Auftreten dieser Nebenwirkung.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Ausschlaggebend für die Zulassung von Alyftrek waren die Ergebnisse der beiden Phase-III-Studien SKYLINE 102 und 103. Beide waren randomisierte, doppelblinde direkte Vergleichsstudien mit IVA/TEZ/ELX (Kaftrio®) plus IVA (Kalydeco™) über 52 Wochen. Die Patientenkollektive unterschieden sich hinsichtlich der CFTR-Mutationen, die erlaubt waren. Die Patienten im Alter von mindestens zwölf Jahren erhielten zunächst vier Wochen lang IVA/TEZ/ELX; dann wurden in der SKYLINE-102-Studie 196 Patienten auf D-IVA/TEZ/VNZ umgestellt (SKYLINE 103: 284 Patienten), während 202 Patienten weiter IVA/TEZ/ELX einnahmen (SKYLINE 103: 289 Patienten). Der primäre Endpunkt war die Nicht-Unterlegenheit gegenüber Kaftrio/Kalydeco, gemessen anhand der Veränderung im prozentualen vorhergesagten forcierten Ausatmungsvolumen (ppFEV1) von Baseline bis Woche 24. Dieser wurde in beiden Studien erreicht.

 

Der wichtigste sekundäre Endpunkt war eine Überlegenheit gegenüber der Vergleichstherapie bei der Veränderung des Schweißchlorids (SwCl). Dieses ist ein Surrogatmarker für die CFTR-Funktion, der sich laut Hersteller nutzen lässt, »um zwischen hochwirksamen Therapien zu unterscheiden, wenn die maximale Verbesserung der Lungenfunktion bereits erreicht wurde«. Tatsächlich sanken die SwCl-Werte unter Alyftrek stärker als unter Kaftrio/Kalydeco: In SKYLINE 102 waren es –7,5 versus +0,9 mmol/l, in SKYLINE 103 waren es –5,1 versus –2,3 mmol/l.

 

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Alyftrek bei Patienten zwischen sechs und elf Jahren wurden in der offenen Studie RIDGELINE 105 überprüft. Nach 24 Wochen war bei den 78 Probanden der ppFEV1-Wert von 99,7 gleich geblieben und die SwCl-Konzentration hatte um –8,6 mmol/l abgenommen.

Hintergrundinfos

Die zystische Fibrose (CF, Mukoviszidose) ist eine autosomal-rezessiv vererbte genetische Erkrankung, von der in Deutschland schätzungsweise 6500 Patienten betroffen sind. Bei ihnen kommt es zur Bildung eines zähen Schleims, der unter anderem die Lunge verstopft und einen Nährboden für bakterielle Infektionen bietet. Krankheitsursache sind Mutationen im CFTR-Gen (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator). Genprodukt des CFTR-Gens ist das CFTR-Protein, ein Membranprotein auf der Oberfläche von Epithelzellen der Lunge, des Verdauungstrakts, der Schweißdrüsen und anderer Organe, das als Chloridkanal fungiert und den Ein- und Ausstrom von Salz und Wasser in die Zelle reguliert.

 

Die verschiedenen CFTR-Mutationen werden in Klassen unterteilt, je nachdem ob sie ein komplettes Fehlen des CFTR-Kanals (Klasse-I-Mutationen) oder diverse Defekte des Proteins (Mutationen der Klassen II bis VI) nach sich ziehen. Die häufigste Mutation, F508del, ist eine Klasse-II-Mutation: Bei ihr ist der Reifeprozess in der Zelle gestört, sodass das CFTR-Protein schnell wieder abgebaut wird.

 

Bei den Wirkstoffen zur Therapie der CF unterscheidet man CFTR-Potentiatoren und CFTR-Korrektoren. Potentiatoren wie Ivacaftor erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass der CFTR-Kanal geöffnet ist. Korrektoren wie Lumacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor erleichtern die Verarbeitung und den Transport des CFTR-Proteins an die Zelloberfläche, sodass dort schließlich mehr CFTR-Kanäle zu finden sind. In der Regel werden beide Therapieansätze miteinander kombiniert.

Besonderheiten

Bei der Lagerung von Alyftrek sind keine besonderen Bedingungen zu berücksichtigen. Alyftrek ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Während der Schwangerschaft soll Alyftrek aus Vorsichtsgründen nicht angewendet werden. In der Stillzeit ist eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Stillen unterbrochen oder auf die Therapie mit Alyftrek verzichtet werden soll.

Vorläufige Bewertung

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Letzte Aktualisierung: 12.09.2025