Von Abatacept bis Upadacitinib |
Laura Rudolph |
19.01.2024 17:00 Uhr |
Eine rheumatoide Arthritis beginnt meist mit Schmerzen in den Finger- und Zehengelenken sowie einer Morgensteifigkeit. / Foto: Getty Images/Jose Luis Pelaez
Mit einer Prävalenz von rund 1 Prozent ist die rheumatoide Arthritis (RA) die häufigste rheumatisch entzündliche Erkrankung bei Erwachsenen in Deutschland. Komplexe Autoimmunreaktionen führen zu einer Entzündung der Gelenkinnenhäute, die häufig an den Fingermittel-, Fingergrund- und Zehengrundgelenken beginnt. Im Spätstadium sind starke Gelenkverformungen möglich.
Um das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern, kommen sogenannte Disease-modifying anti-rheumatic drugs, kurz DMARD, zum Einsatz. Was bei der Anwendung zu beachten ist, erklärte Professorin Dr. Ulrike Garscha vom Institut für Pharmazie der Universität Greifswald beim Pharmacon in Schladming.
Das Mittel der Wahl ist niedrig dosiertes, orales Methotrexat (MTX), das zu den konventionellen synthetischen DMARD (csDMARD) zählt. MTX greift in den Folsäurestoffwechsel ein und hemmt unter anderem die Proliferation von B- und T-Zellen, die maßgeblich an der Entzündung beteiligt sind. Bei schlechtem Ansprechen auf orales MTX kann dieses durch eine subkutane Formulierung ersetzt werden. Bei der Beratung sei auf den verzögerten Wirkeintritt von mitunter mehreren Monaten hinzuweisen, gab Garscha zu bedenken. Um die Symptome zu lindern, sollen daher in den ersten drei bis sechs Monaten der Therapie zusätzlich Glucocorticoide wie Prednisolon verabreicht werden.
Professorin Dr. Ulrike Garscha / Foto: Alois Müller
Liegen Kontraindikationen gegen MTX vor, kommen unter den csDMARD als zweite Wahl Leflunomid und als dritte Wahl Sulfasalazin in Betracht. »Bei Leflunomid ist die sehr lange Halbwertszeit zu beachten«, betonte Garscha. Demnach sei der Arzneistoff noch bis zu zwei Jahre nach Absetzen im Körper nachweisbar und daher für Frauen mit baldigem Kinderwunsch nicht empfehlenswert. Außerdem besteht das Risiko für eine Hepatotoxizität. Sulfasalazin, das im Körper zu 5-Aminosalicylsäure und Sulfapyridin gespalten wird, darf nicht bei Patienten mit einer Allergie gegen Sulfonamide angewendet werden.
Bei einer hohen Krankheitsaktivität sollen zielgerichtete synthetische DMARD (tsDMARD) oder biologische DMARD (bDMARD) zum Einsatz kommen, möglichst in Kombination mit MTX. Zu den tsDMARD zählen etwa die Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren) Tofacitinib, Upadacitinib, Baricitinib und Filgotinib. »Vorteilhaft an den JAK-Inhibitoren ist, dass diese oral bioverfügbar sind«, so die Referentin.
Seit 2020 ein Rote-Hand-Brief auf ein erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien sowie schwerwiegende Infektionen unter einer Behandlung mit Tofacitinib hinwies, empfiehlt die European League Against Rheumatism (EULAR) JAK-Inhibitoren jedoch nur noch für Nichtraucher, die nicht älter als 65 Jahre alt sind, keine kardiovaskulären Risikofaktoren aufweisen und kein erhöhtes Risiko für Krebs oder thromboembolische Ereignisse haben, wie Garscha erklärte. Stattdessen können bDMARD angewendet werden.
Zu diesen zählen die subkutan oder intravenös zu verabreichenden TNF-α-Antikörper Infliximab, Adalimumab, Golimumab und Certolizumab oder der TNF-α-Antagonist Etanercept. Bei der Behandlung der RA sei TNF-α das »Masterzytokin«, verdeutlicht Garscha. TNF-α aktiviert entzündliche Signalkaskaden und setzt beispielsweise proinflammatotorische Zytokine wie Interleukin-(IL-)1 oder -6 frei, was die adaptive Immunantwort unterhält.
Auch die IL-6-Antikörper Sarilumab und Tocilizumab, der IL-1-Rezeptorantagonist Anakinra sowie Abatacept, ein Hemmer der T-Lymphozyten-Kostimulation, zählen zu den bDMARD. Anakinra werde aufgrund seiner schwächeren Wirkung allerdings nicht mehr empfohlen, so die Referentin.