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Rheumatoide Arthritis

Entzündung im Griff, aber Schmerzen noch da

Viele Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) leiden unter Schmerzen nicht nur in den Gelenken, sondern auch in den umliegenden Weichteilen und entfernteren Regionen, die selbst nach erfolgreicher Rheuma-Therapie trotz Remission und niedriger Krankheitsaktivität bestehen bleiben. Hier kann eine ergänzende Schmerztherapie notwendig werden.
Christiane Berg
01.12.2020  09:00 Uhr

»Anhaltende inakzeptable Schmerzen trotz erfolgreicher Therapie der rheumatischen Grunderkrankung müssen ernst genommen und gegebenenfalls in interdisziplinärer Kooperation mit einem Schmerztherapeuten behandelt werden«: Das hebt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) mit Verweis auf eine Studie der Lund-Universität, Schweden, hervor, deren Ergebnisse jetzt auf der Jahrestagung des American College of Rheumatology vorgestellt wurden.

Im Rahmen dieser Studie nahmen von insgesamt 263 Patienten mit früher RA 183 an einer entsprechenden Nachsorge teil. Von anhaltenden Schmerzen trotz niedriger Entzündungswerte berichteten nach zwölf Monaten 32 Prozent der Patienten. »Die inakzeptablen Schmerzen ein Jahr nach der RA-Diagnose hängen also nicht mit der aktuellen Krankheitsaktivität zusammen«, betont Professor Dr. Christoph Baerwald vom Uniklinikum Leipzig in einer aktuellen Mitteilung der DGRh.

Möglicherweise gingen die der RA zugrunde liegenden inflammatorischen Prozesse bei Patienten mit persistierenden Schmerzen mit einer verstärkten Sensibilisierung auch der schmerzweiterleitenden Neurone einher, die dann auf leichtere Reize hin weiter mit Schmerzen reagieren. »Die alleinige Betrachtung der Gelenke greift auf jeden Fall zu kurz«, unterstreicht der DGRh-Präsident Professor Dr. Hendrik Schulze-Koops.

Erfahrungsgemäß führe eine Dosissteigerung der Rheumamedikation bei niedriger Krankheitsaktivität zu keiner weiteren Analgesie. Hier könne – wie beim neuropathischen Schmerz – der Einsatz von Ko-Analgetika notwendig werden, zu denen auch Antidepressiva zählen.

Gelenkschäden frühzeitig vorbeugen

Geringere radiologische Progression, gestärkte Funktionalität der Gelenke bei größerer Beschwerdefreiheit, Senkung der Gesamtmortalität: Aktuelle Therapiestrategien mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten haben das Krankheitsbild der RA stark verändert. Baerwald betont, dass eine frühzeitige Behandlung der Synovitis RA-Patienten generell vor dauerhaften Gelenkschäden bewahren kann. »Mit modernen Medikamenten gelingt dies heute in den meisten Fällen«, hebt er hervor.

Zur Therapie der rheumatoiden Arthritis werden heute leitliniengemäß neben Glucocorticoiden DMARDs (Disease-Modifying Antirheumatic Drug), also krankheitsmodifizierende und progressionsverlangsamende Antirheumatika und hier zunächst konventionelle synthetische DMARDs (csDMARD) wie Methotrexat, Sulfasalazin und Leflunomid eingesetzt.

Bei nicht ausreichender Therapieansprache und je nach Schwere der Erkrankung stehen weitere (Kombinations)Therapieoptionen mit bDMARD und tsDMARD zur Verfügung. Unter bDMARD versteht man Biologika wie Adalimumab, Etanercept , Golimumab, Infliximab, Abatacept, Rituximab, Tocilizumab oder Anakinra. tsDMARDs sind auf spezifische Molekularstrukturen abzielende Targeted Synthetic DMARD wie Tofacitinib.

Unter einer RA als einer autoimmun bedingten chronisch-inflammatorischen Leiterkrankung des rheumatischen Formenkreises leiden in Deutschland insgesamt circa 550.000 Menschen betroffen; Frauen dreimal häufiger betroffen als Männer. Die Patienten leiden unbehandelt unter Schwellungen und (Morgen)Steifigkeit sowie Fehlstellungen, fortschreitender Zerstörung und Funktionsausfällen der meist symmetrischen, überwiegend körperstammfernen Gelenke aufgrund Entzündungen des Bindegewebes und hier insbesondere der Gelenkinnenhaut. Jährlich werden 20 bis 40 RA-Neuerkrankungen pro 100.000 Personen registriert.

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