Endlich wieder durchschlafen |
In der Apotheke fragen Kunden immer wieder nach Schlafmitteln ohne Rezept. Das Apothekenteam sollte sie vor der Abgabe gut beraten. / Foto: Adobe Stock/dusanpetkovic1
Immer mehr Kunden in der Apotheke fragen gezielt nach Mundsprays oder Tabletten mit Melatonin. Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das zum großen Teil in der Epiphyse (Zirbeldrüse) des Zwischenhirns aus Serotonin gebildet wird. Licht unterdrückt die Melatonin-Synthese, Dunkelheit regt sie hingegen an. Das Hormon gilt als wichtiger Taktgeber für den Wach-Schlaf-Rhythmus (20).
Bei den freiverkäuflichen Melatonin-Präparaten handelt es sich nicht um Arzneimittel, für deren Zulassung klinische Studien erforderlich sind, sondern um Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Hier ist die Tageshöchstmenge in der Regel auf 0,5 bis 1 mg begrenzt. Üblicherweise wird empfohlen, die benötigte Dosis 30 bis 60 Minuten vor dem Schlafengehen einzunehmen. Viele Patienten dosieren allerdings höher und auch einige Hersteller fordern zur individuellen Dosisfindung auf.
In Deutschland ist ein verschreibungspflichtiges 2-mg-Retardpräparat als Arzneimittel zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren zugelassen (Circadin®). Die Anwendung ist auf drei Monate begrenzt (9).
Autoren eines Reviews untersuchten die Wirkung von Melatonin zur generellen Behandlung von Schlafstörungen. Es gebe zwar Hinweise, dass Melatonin bei älteren Personen die Einschlafzeit verkürzen und die Schlafqualität verbessern könne, jedoch fehlten große RCT. Die Datenlage erlaube eine vorsichtige Empfehlung, Melatonin einzunehmen, um einem Jetlag vorzubeugen oder diesen zu behandeln. Wie sicher die Mittel bei einer längerdauernden Anwendung sind, sei unklar (21).
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Solriamfetol: Exzessive Tagesschläfrigkeit (Excessive Daytime Sleepiness, EDS) im Zusammenhang mit Narkolepsie oder obstruktiver Schlafapnoe ist für die Betroffenen eine immense Belastung. Seit Januar 2020 ist mit Sunosi® (Solriamfetol) eine weitere Therapieoption (nach Modafinil und Pitolisant) in der Europäischen Union zugelassen und seit Ende Juni 2021 grundsätzlich zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig.
Der Arzneistoff wird morgens direkt nach dem Aufwachen eingenommen und verbessert die Wachheit bei Erwachsenen mit EDS. Der genaue Wirkmechanismus ist unbekannt. Man nimmt an, dass Solriamfetol die Wiederaufnahme von zwei wachheitsfördernden Neurotransmittern, Dopamin und Noradrenalin, aus dem synaptischen Spalt der Neuronen selektiv hemmt (dualer Noradrenalin Dopamin Reuptake Inhibitor).
Pitolisant: Zur Therapie der obstruktiven Schlafapnoe mit starker Tagesmüdigkeit liegt auch eine CHMP-Zulassungsempfehlung für Ozawade® (Pitolisant) vor. Die finale »marketing authorisation« (Genehmigung für das Inverkehrbringen) steht aber noch aus. Der Hersteller strebt die Vermarktung des Medikaments für das vierte Quartal 2021 an. Es handelt sich um eine Indikationserweiterung, da der Wirkstoff in Wakix® zur Behandlung der Narkolepsie mit oder ohne Kataplexie bereits seit 2016 verfügbar ist.
Pitolisant ist ein Histamin-H3-Rezeptorantagonist/inverser Agonist, der durch die Blockade von Histamin-Autorezeptoren die Aktivität der histaminergen Neuronen im Gehirn steigert. Ein stimulierender Effekt ist die Folge, der sich positiv auf Wachheit und Aufmerksamkeit auswirkt. Pitolisant erhöht zudem die Freisetzung von Acetylcholin, Noradrenalin und Dopamin.
Literatur: 28
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.