Selbstmedikation bei Regelschmerzen |
Laura Rudolph |
06.12.2022 07:00 Uhr |
Etwa 50 bis 75 Prozent der Mädchen und jungen Frauen leiden an einer schmerzhaften Regelblutung. / Foto: Adobe Stock/leszekglasner
Der Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Periode und lässt sich grob in drei Phasen einteilen:
Der weibliche Zyklus entsteht durch ein Wechselspiel von Hormonen. / Foto: PZ / Spitzer
Die erste Monatsblutung (Menarche) setzt durchschnittlich im Alter von zwölf bis 13Jahren ein. Tritt sie vor dem neunten Lebensjahr auf, spricht man von verfrühter Pubertät. Lässt sie hingegen bis zum vollendeten 15.Lebensjahr auf sich warten, von primärer Amenorrhö. Bei den meisten Mädchen reguliert sich die Zyklusdauer binnen eines Jahres nach der Menarche. Allerdings sind unregelmäßige und/oder anovulatorische Zyklen in den ersten zwei bis drei Jahren nicht ungewöhnlich, da sich die Hypothalamus-Hypophysen-Ovarachse erst einpendeln muss.
Danach dauert ein durchschnittlicher Zyklus 28Tage, wobei die Zyklusdauer nur selten diesem »Standardmuster« entspricht; Zyklen zwischen 21 und 35 Tagen gelten als normal. Die letzte Menstruation (Menopause) tritt durchschnittlich im Alter von 51 bis 52 Jahren auf.
Typische Menstruationsbeschwerden sind starke Schmerzen während der Periode (Dysmenorrhö) oder lange Blutungen (Menorrhagie) mit starkem Blutverlust. Mit einer Prävalenz von 50 bis 75Prozent ist die Dysmenorrhö das häufigste Menstruationsleiden junger Frauen. Tendenziell nehmen die Beschwerden mit zunehmendem Alter ab, können sich jedoch im Einzelfall bis zur Menopause durchziehen. Die krampfartigen Schmerzen werden vermutlich durch eine Prostaglandin- und Leukotrien-bedingte Ischämie der Gebärmutterschleimhaut verursacht. Sie können bis in den Rücken ausstrahlen und Übelkeit oder Erbrechen nach sich ziehen.
Unregelmäßige Zyklen in den ersten Jahren nach der Menarche sind nicht ungewöhnlich. / Foto: Adobe Stock/natus111
Von Menorrhagie spricht man, wenn die Periode länger als sieben Tage dauert und mehr als 80ml Blut abgehen. Auch dieses Leiden trifft häufiger junge Frauen. Da Mädchen in den ersten Jahren nach der Menarche häufig noch Zyklen ohne Eisprung haben, entfällt dann auch die Bildung des Gelbkörpers und damit dessen Progesteron-Synthese. Der Progesteron-Mangel verschiebt das Prostaglandin-Gleichgewicht in der Gebärmutterschleimhaut zugunsten des gefäßerweiternden Prostaglandins E2 (PGE2). Durch die resultierende Vasodilatation bluten die Mädchen stärker. Bei Menorrhagie kommen meist ärztlich verordnete Therapien zum Einsatz. Gegen Dysmenorrhö bietet auch die Selbstmedikation einige Therapieoptionen.
Die nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) Naproxen, Ibuprofen und Diclofenac gelten als Mittel der Wahl bei Regelschmerzen. In Studien waren sie Paracetamol überlegen. Butylscopolamin lindert Krämpfe. Es ist auch als Kombinationspräparat mit Paracetamol verfügbar. Die Altersbeschränkungen und Tagesmaximaldosen in der Selbstmedikation sind stets zu beachten. Es gibt Hinweise darauf, dass Magnesium (300mg pro Tag) und Vitamin B1 (100mg pro Tag) bei krampfartigen Regelschmerzen wirksam sind, allerdings liegt dazu bislang keine ausreichende Evidenz vor. Bei milderen Beschwerden oder unterstützend kann eine Wärmeanwendung, zum Beispiel mit Wärmepflastern, Krämpfe im Unterleib lindern.
Menstruationsszyklus– menstrual cycle| Eisprung – ovulation| Regelschmerzen– menstrual pain| Krämpfe– cramps| Schmerzmittel– pain killers| Wärmepflaster– hot patch| Blutverlust– blood loss| therapieresistent– therapy-resistant| Prämenstruelles Syndrom– premenstrual syndrome| Mönchspfeffer– chasteberry
Bei folgenden Beschwerden sollte ein Arzt beziehungsweise eine Ärztin aufgesucht werden:
Etwa 20 bis 40 Prozent der Mädchen und Frauen leiden am prämenstruellen Syndrom (PMS), das in der zweiten Zyklushälfte auftritt und mit dem Beginn der Menstruation endet. Es umfasst körperliche und psychische Symptome wie Brustspannen, Wassereinlagerungen oder Stimmungsschwankungen. Das PMS wird vermutlich durch eine Estrogen-Progesteron-Dysbalance verursacht. Es gibt Hinweise darauf, dass Magnesium (200 bis 400mg pro Tag) und Calcium (1200 mg pro Tag) die Beschwerden bessern. Selbiges gilt für Vitamin B6 und Mönchspfeffer. Bis erste Effekte spürbar sind, müssen die Präparate jedoch über zwei bis drei Zyklen eingenommen werden.
Das Prämenstruelle Symptom (PMS) kann körperliche Beschwerden wie Wassereinlagerungen sowie psychische Symptome wie depressive Verstimmungen verursachen. / Foto: Getty Images/Charday Penn
Extrakte aus den Früchten des Mönchspfeffers, Vitex agnus-castus, sollen auf die Hypothalamus-Hypophysen-Achse einwirken und unregelmäßige Zyklen regulieren. Die rezeptfrei erhältlichen Präparate sind für pubertierende Mädchen jedoch ungeeignet, da ihr Körper sehr empfindlich auf hormonelle Veränderungen reagiert. Kontraindiziert sind sie auch für Schwangere, Stillende oder Frauen mit bestimmten Krebsarten wie Hypophysentumoren oder Mammakarzinom. Frauen, die Dopaminagonisten oder -antagonisten, Estrogene oder Antiestrogene einnehmen, sollten Mönchspfefferpräparate nur nach ärztlicher Rücksprache anwenden.
Damit Pharmaziepraktikanten das Thema Regelbeschwerden angepasst an die Produkte ihrer PJ-Apotheke noch einmal aufarbeiten können, steht im Serviceteil der PZ-Ausgabe Nummer 49 ein interaktives Arbeitsblatt zur Verfügung. Es kann auch als Anlass genutzt werden, das Thema mit den Kolleginnen und Kollegen in der Apotheke durchzusprechen. Gerne können Sie auch das PDF zum Download nutzen. Bisherige Themen der Serie waren: Schlafstörungen, Sodbrennen, Hämorrhoidalleiden, Lippenherpes, Obstipation, Heuschnupfen, Fußpilz, Nagelpilz, Sonnenschutz, Vaginalmykosen, Durchfall, Selbstmedikation im Alter, Husten, Blasenentzündung, Kopfläuse, Rauchentwöhnung, pharmazeutische Reiseberatung und Migräne. Eine Übersicht ist auf der entsprechenden Themenseite zu finden.