Kombitherapie wird der Schlüssel zum Erfolg sein |
»Das lohnendste Feld für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen SARS-CoV-2 liegt im intrazellulären Bereich.« Dazu zählen neben den Protease-Hemmstoffen auch die RNA-Polymerase-Inhibitoren. Das in Japan zur Influenza-Therapie zugelassene Favipiravir (Avigan®) hemmt zwar die Influenza-RNA-Polymerase, überzeugt aber nicht bei Covid-19. »Dieser Arzneistoff ist nicht maßgeschneidert für die RNA-Polymerase von SARS-CoV-2.«
Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz bedauerte, nicht wie geplant im Kurhaus Meran referieren zu können, freute sich aber über das große Interesse am digitalen Ersatzformat. / Foto: PZ/Alois Müller
Viel Aufmerksamkeit zog Remdesivir (Veklury®) auf sich. Doch das Prodrug hat deutliche Schwächen: Die Synthese ist hoch komplex und es muss intravenös appliziert werden. In vivo wird Remdesivir gespalten, bevor es in die Wirtszelle aufgenommen wird, und dann intrazellulär stufenweise in ein Triphosphat umgewandelt, das die virale Polymerase hemmt.
Die Datenlage bezeichnete der Referent als »übersichtlich gut«. Nach ernüchternden Ergebnissen einer großen Studie veröffentlichten das National Institute of Health und die Firma Gilead Daten der Adaptive Covid-19 Treatment-Trial (ACTT) mit 1000 Patienten. Demnach habe Remdesivir den Zustand der Patienten schneller gebessert als Placebo (elf versus 15 Tage), aber keinen signifikanten Vorteil bei der Sterblichkeit gebracht. Auf Basis dieser Daten habe die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA eine Notfallzulassung erteilt, sodass Remdesivir nun auch außerhalb von Studien eingesetzt werden darf.
Für Schubert-Zsilavecz ist das unbefriedigend. »Auch hier brauchen wir maßgeschneiderte Inhibitoren, und tatsächlich gab es echte Durchbrüche: Wir kreisen den Feind jetzt ein!« Inzwischen seien die Struktur der viralen RNA-Polymerase und die Strukturkomplexe vom Remdesivir und RNA am Target sehr genau charakterisiert. »Wir verstehen, wie die Interaktion funktioniert.« Auf dieser Basis könne man exakte Inhibitoren entwickeln. Erste klinische Daten könnten Ende 2020/Anfang 2021 vorliegen.
Fazit: Bekannte Arzneistoffe bringen bei Covid-19 keinen durchschlagenden Erfolg. Notwendig sei die Entwicklung von Wirkstoffen, die sich exakt gegen die Polymerase und die Proteasen von SARS-CoV-2 richten. Schubert-Zsilavecz: »Wir brauchen maßgeschneiderte Arzneistoffe. Wenn das gelingt, bin ich zuversichtlich, dass wir dieses Virus in nicht allzu ferner Zukunft bekämpfen können.«
Der diesjährige Pharmacon Meran vom 7. bis 12. Juni musste aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Als Ersatz bietet die Bundesapotheker fünf kostenlose Live-Vorträge mit begrenzter Teilnehmerzahl an. Das kurz nach Absage der Präsenzveranstaltung entworfene Format pharmacon@home war sehr schnell ausgebucht. Die gute Nachricht: Die Vorträge werden aufgezeichnet und allen Interessierten vom 13. bis 22. Juni 2020 kostenlos auf der Kongress-Website www.pharmacon.de zur Verfügung gestellt. Alle PZ-Berichte zum Pharmacon Meran beziehungsweise pharmacon@home finden Sie dauerhaft hier.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.